Jette
zurück in die Küche.
»Den soll ich dir geben.«
Okay. Er bringt mir den Schlüssel, damit ich während seiner Abwesenheit, meine restlichen Sachen abholen kann. Auch gut.
»Was sollte das heißen, so wie du jetzt aussiehst? Mir scheint, du hast überhaupt keinen Schimmer, wie schön du bist.«
Malte zieht mich vom Stuhl hinaus in den Flur und stellt mich vor den großen Spiegel. Mein Spiegelbild zeigt mir eine traurige Frau, ungeschminkt, mit feuchten Haaren und schrecklich hässlichen Knien.
»Dir ist nicht mehr zu helfen. Verwandle dich morgen wieder in eine Barbiepuppe und sei wieder zufrieden.«
Ich schenke den letzten Whiskey aus der Flasche aus und sage: »Mir scheint, du hast dich mir schön getrunken. Ich meine, du hast mich dich schön getrunken, nein du hast dir mir schön getrunken....oder wie heißt das?«
»Ach, Jette. Warum nur immer diese Selbstzweifel. Was hat dein verstorbener Dieter nur mit dir gemacht, dass du glaubst, dein wahres Ich hinter einer Fassade von dicker Schminke und Dosen von Haarspray verstecken zu müssen. Du bist auch ohne diese Maske begehrenswert.«
»Du findest mich begehrenswert? Heute kannst du mir alles sagen. Ich bin total betrunken und habe es morgen bestimmt wieder vergessen.«
»Sag du mir lieber mal, wie du mich findest.«
»Dich? Du bist ein Chaot mit sexy Tattoos auf verdammt tollen Oberarmen.«
»Ich hab noch mehr schöne Körperteile.«
Das ist das Letzte woran ich mich erinnern kann.
Unbändiger Durst weckt mich und als ich aufstehen will, um mir ein Wasser aus dem Kühlschrank zu holen, falle ich erst einmal rückwärts zurück aufs Bett. Nicht auf mein Bett. Ich bin bei Malte im Zimmer und er liegt schnarchend neben mir. Ich starre schon minutenlang an die Decke. Wir haben doch nicht etwa? Unmöglich! Ich würde mich doch daran erinnern. Ich fasse mir zwischen die Beine und mir wird schlagartig klar, was es zu bedeuten hat, dass ich komplett nackt im Bett meines Untermieters liege.
Ich löse mir ein Aspirin Plus in kaltem Wasser auf und während sich die Brausetablette langsam, viel zu langsam auflöst, schaue ich auf die Uhr. 10.37. Mirko und die Kinder sitzen bereits seit einer Stunde im Flieger mit Ziel Sardinien. Vor 24 Stunden war meine Welt noch in Ordnung. Jetzt herrscht heilloses Durcheinander. Ich will Maltes Umarmung nicht und stoße ihn von mir weg. Was denkt er sich? Er denkt sich, dass er mich beim Auszug aus der Villa tatkräftig unterstützen wird.
»Komm! In zwei Stunden sind wir damit durch und dann kannst du auch einen Schlussstrich ziehen.«
»Nicht heute. Mir brummt der Schädel.«
Das ist nur die halbe Wahrheit. Zwar brummt mir der Schädel gewaltig, aber selbstverständlich werde ich meine restlichen Sachen heute noch aus der Villa holen. Allerdings nicht mit Malte. Ich frage Tine, ob sie Zeit hat, mit ihrem Hochdachkombi an die Alster zu kommen und mir beim Auszug zu helfen.
Nachdem wir meine Schrottkiste und ihren Doblo beladen haben, fahren wir zu Franka ins Büro.
»Ja, es ist aus. Er ist mit seinen Kindern im Ferienhaus und hat mir gestern noch den Schlüssel für die Villa gebracht, damit ich ausziehen kann. Er glaubt diesem Miststück von Tochter tatsächlich mehr als mir.«
»Schade, Jette. Ich mochte ihn. Aber, dass er sich ohne ein Wort von dir auf ihre Seite gestellt hat, könnte ich auch nicht verzeihen.«
Tine sieht es anders.
»Jette, bitte. Die Kleine war nur eifersüchtig. Versetze dich doch mal in die Rolle eines unschuldigen 13 jährigen Mädchens.«
»Tine, dieses Mädchen ist weit weg von unschuldig. Sie hat es faustdick hinter den Ohren. Ich habe sie selbst kennengelernt.«
»Linda ist zurzeit mein kleineres Problem. Ich habe gewaltigen Mist gebaut. Ihr werdet es nicht glauben, aber ich befürchte, ich habe mit Malte gepennt.«
»Was heißt du befürchtest?«
» Kaffee-Bourbon und danach kompletter Filmriss.«
»Jette, du Luder!«
Endlich
Kollektives Apfelsafttrinken ist an unserem nächsten Weiberplausch – ohne Männer – angesagt. Wir bestaunen Frankas erstes Ultraschallfoto und wissen, dass es ein Junge wird. Es ist nicht zu übersehen. Die werdende Mutter möchte die Welt umarmen, und weil das nicht geht, umarmt sie ständig mich.
Seit der besagten Nacht, gehe ich Malte bewusst aus dem Weg. Mittlerweile sollte ihm klar sein, dass es nur ein One-Night-Stand war. Mirko ist seit zwei Wochen
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