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Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Titel: Jetzt ist gut, Knut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Haskamp
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Eher beförderte mich die Berger zur Redakteurin, als dass Tina über diese Geschichte lachte. Tina fand meine Geschichten nicht komisch, Tina hielt mich ja neuerdings für gestört. Mit einem schnappenden Geräusch klappte der Deckel meines antiquierten Handys zu. Eigentlich peinlich, heutzutage noch mit so einem Telefon herumzulaufen. Ich stopfte es zurück in die Handtasche, zupfte mein Blondhaar zurecht und ging zur U-Bahn.
    Nach dem Gestank zu urteilen, mussten sich im Eingang zur U-Bahn-Station unlängst ganze Horden erleichtert haben. Erst unten am Gleis wurde die Luft besser. Natürlich war die U 1 gerade weg, und die nächste Bahn kam erst in zwanzig Minuten. Ergeben ließ ich mich auf eine kalte Bank sinken.
    »Gestört.« Das Wort ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Wenn ich ehrlich war, klebte das ganze Gespräch mit Tina in einer Ecke meines Hirns und wollte sich partout nicht entfernen lassen. Tina hatte sich aufgeführt, als hätte sie das Gebot ›Du sollst nicht lügen‹ persönlich erfunden. Dabei konnte sie wunderbar schwindeln.
    »Weißt du noch, wie wir damals Roland aus der 3a hochgenommen haben? Der glaubt wahrscheinlich heute noch, dass meine Familie eine sieben Meter lange Boa constrictor als Haustier hält und immer mit in den Urlaub nimmt.« – »Da waren wir acht, Lilli!« – »Okay. Aber wir waren ja wohl beide erwachsen, als du gleichzeitig mit Conny und mit Peter zusammen warst. Hast du denen vielleicht keine Lügen aufgetischt?« – »Mein Gott, auch das ist zwanzig Jahre her, und außerdem kannst du das nun wirklich nicht mit dem vergleichen, was du jetzt machst.« – »Und warum nicht?« – »Weil es krank ist, wildfremden Leuten Geschichten aus einem Leben zu erzählen, das du gar nicht hast! Ich dachte wirklich, so etwas hättest du endgültig hinter dir.« Dabei guckte sie mich genauso düster an wie vor ein paar Jahren mein Gynäkologe, als er mich in Krebsverdacht hatte. »Lilli, vielleicht hast du eine Ich-Störung. Dagegen kann man was tun. Ich kenne in Altona einen Therapeuten …«
    Also bitte! Einem Schriftsteller sagte doch auch keiner, er sollte zum Arzt gehen, wenn er gute Geschichten erzählte. Dem warf niemand vor, er identifiziere sich zu sehr mit seinen Figuren. Dramatische Erzählungen lagen mir besonders. Deshalb war ich auch so gern als Ärztin unterwegs. Wenn ich zum Beispiel von einer Notoperation in Afrika erzählte, dann konnte ich förmlich den Schweiß spüren, der mir im stickigen OP-Zelt von der Stirn tropfte. Und ich erzählte meine Geschichten auch nur Touristen, die ich garantiert nicht wiedersehen würde. »Mensch, Tina, du müsstest mal sehen, wie die Leute an meinen Lippen hängen! Wie Fliegen am Klebestreifen, ehrlich. Die bewundern mich.« – »Aber Lilli, das ist doch totaler Quatsch, die bewundern doch nicht dich. Die bewundern jemanden, den es gar nicht gibt!« – »Na und? An meinem guten Gefühl ändert das gar nichts.«
    Also gut, dachte ich, als ich endlich in der U-Bahn saß. Dann versteht mich Tina eben nicht. Man kann nicht alles haben. Es war ein Fehler gewesen, ihr von meinem Hobby zu erzählen. Punkt. Ich konnte ja nicht ahnen, dass sie inzwischen in die Liga der Lauteren gewechselt war. Schon gar nicht, wenn man bedachte, was sie beruflich tat. Plötzlich musste ich lachen. Ausgerechnet eine PR-Frau hielt mir einen Vortrag über Ehrlichkeit!
    Sonntagnachmittag. Nachdem wir den Vormittag damit verbracht hatten, Thomas und Helen von nebenan beim Auszug zu helfen, entspannte sich Knut bei einer sterbenslangweiligen Dokumentation über die Magie der Mongolei. Eine Weile setzte ich mich zu ihm und dachte beim Anblick strammer Mongolen daran, endlich mehr Sport zu treiben. Garantiert würde ich morgen sogar vom Geschirreinpacken Muskelkater haben, so untrainiert, wie ich war. Ich sollte mich wirklich in einem Fitnessstudio einschreiben. Sofort standen mir statt der Mongolen Madonnas muskulöse Oberschenkel vor Augen. Solche Schenkel hätte ich schon auch gern gehabt. Ich konnte ja mal gucken, was die heutzutage so kosteten. Also die Fitnessstudios.
    Unser hochbetagter Computer stand eingeklemmt zwischen Kleiderschrank und Kommode im Schlafzimmer. Die nächsten zehn Minuten verbrachte ich damit, meinen sparsamen Gatten zu verfluchen und mich davon abzuhalten, mit den Fingern auf der Tastatur herumzuspielen. Meine Güte, war dieses Gerät langsam! Dann war ich endlich im Netz. Zuerst würde ich mal meine E-Mails checken, auch wenn meine

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