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Bestien

Bestien

Titel: Bestien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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BESTIEN
Roman Deutsche Erstausgabe
     
WILHELM HEYNE VERLAG
MÜNCHEN
     
HEYNE ALLGEMEINE REIHE
Nr. 01/8035
    Titel der Originalausgabe
CREATURE
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Walter Brumm
12. Auflage
    Copyright © 1989 by John Saul
Copyright © der deutschen Ausgabe 1990
by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München
Printed in Germany 1998
Umschlagzeichnung: Peter Cnene/Schlück
Umschlaggestaltung: Atelier Ingrid Schütz, München
Gesamtherstellung: Elsnerdruck, Berlin
ISBN 3-453-04162-3
    Für Lynn Henderson,
die all dies durchgestanden hat,
und auch für Michael
1
    MIT LEISEM SCHNURREN LIEF DER WECKER AB , und Mark Tanner
streckte faul den Arm aus, um ihn abzustellen. Er hatte nicht
geschlafen, sondern seit mindestens zehn Minuten wach im
Bett gelegen, zum Fenster hinausgeblickt und die Möwen
beobachtet, die über der Bucht von San Francisco kreisten.
Nun, als der Wecker verstummte, Mark aber noch immer keine
Anstalten machte aufzustehen, streckte sich der große,
goldbraune Apportierhund, der neben dem Bett lag, stand auf,
stieß sanft mit der Schnauze gegen den Hals des Jungen und
leckte ihm die Wange. Endlich schlug Mark die Decke zurück
und saß aufrecht.
    »Schon recht, Chivas«, murmelte er, nahm den großen Kopf
des Hundes zwischen die Hände und kratzte ihn kräftig hinter
den Ohren. »Ich weiß, wie spät es ist, und daß ich aufstehen
und zur Schule muß. Aber daß ich es weiß, bedeutet nicht, daß
es mir gefallen muß.«
    Chivas zog die Lefzen in einem beinahe menschlichen
Grinsen hoch, und sein Schwanz klopfte auf den Boden. Als
Mark aufstand, hörte er schon die Mutter aus dem Korridor
rufen.
    »Frühstück in zehn Minuten. Und keine Bademäntel am
Tisch!«
Mark sah augenrollend zu Chivas, der wieder mit dem
Schwanz wedelte. Dann zog der Junge den Schlafanzug aus,
warf ihn in einen Winkel und zog eine frische Unterhose an. Er
ging an seinen Kleiderschrank, ließ die Sachen unbeachtet, die
seine Mutter ihm erst vor zwei Tagen gekauft hatte, und zog
abgenutzte Jeans aus dem Haufen unsauberer Kleidungsstücke,
die den Schrankboden bedeckten. Er zog sie an und betrachtete
dabei, wie er es fast jeden Morgen tat, verdrießlich sein
Ebenbild im Spiegel an der Innenseite der Schranktür.
Und wie immer sagte er sich, es sei nicht seine Schuld, daß
er soviel kleiner war als alle anderen. Das rheumatische Fieber,
das ihn mit sieben Jahren beinahe zwölf Monate ans Bett
gefesselt hatte, schien sein Wachstum so verlangsamt zu haben,
daß er über eins fünfzig nicht hinauskam.
Sechzehn Jahre und kaum größer als eins fünfzig.
Und nicht nur das, sondern obendrein schmalbrüstig und mit
dünnen Armen.
Drahtig.
So nannte seine Mutter es immer, wenn von seiner Statur
gesprochen wurde, aber er wußte, daß es nicht stimmte – er
war nicht drahtig, er war einfach mager.
Mager und klein.
Seine Mutter sagte ihm immer, darauf komme es nicht an,
aber Mark wußte, daß es darauf ankam – er konnte es in seines
Vaters Augen sehen, wann immer Blake Tanner ihn ansah.
Oder auf ihn herabsah, was nicht nur Marks Empfinden
besser ausdrückte, sondern auch die absolute physikalische
Wahrheit war, denn sein Vater war eins neunzig und hatte
diese Größe schon in Marks Alter erreicht. Für den Fall, daß
sein Vater vergessen sollte, es zu erwähnen – und es schien
Mark, daß er es nie vergaß –, waren die Beweise überall im
Haus zu sehen, vor allem im Arbeitszimmer, wo die Wände mit
Fotos von Blake Tanner in seiner Footballuniform bedeckt
waren – zuerst in der Oberschule, dann am College – und
polierte Pokale in einer Glasvitrine glänzten.
Fünfmal hochverdienter Spielers dreimal in der Schule und
zweimal am College.
Universell einsetzbarer Quarterback im letzten Schuljahr
und wieder am College.
Als Mark ein langärmeliges Drillichhemd anzog und die
Füße in seine Turnschuhe steckte, sah er vor seinem inneren
Auge die in der Vitrine aufgereihten Trophäen und das leere
oberste Bord, das, wie sein Vater zu sagen pflegte, für Marks
eigene Pokale freigehalten wurde. Bloß, und das wußte sein
Vater so gut wie er, würde er keine Silberpokale gewinnen.
Das tiefe Geheimnis – das Geheimnis, das er seinem Vater
nie anvertraut hatte, von dem er aber ahnte, daß seine Mutter es
wußte – war, daß es ihm nichts ausmachte. Obwohl er sein
Bestes getan hatte, sich für Football zu interessieren und sogar
den ganzen vergangenen Sommer pflichtschuldig mit Übungen
im Balltreten verbracht hatte – einer

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