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Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer

Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer

Titel: Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer
Autoren: Michael Ende
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Nachricht bis zu den Bonzen hinauf gelangt war.
    Bonzen nennt man in Mandala die Minister. Und der höchst e Minister trägt den Titel »Oberbonze«. Der zu dieser Zeit regierende Oberbonze hieß Herr Pi Pa Po.
    Über Herrn Pi Pa Po ist nun leider einiges zu sagen, was nicht gerade erfreulich ist. Er war schrecklich ehrgeizig und konnte es nicht leiden, wenn jemand anders etwas Hervorragendes leistete. Als er die Nachricht vernahm, da seien zwei Fremde, die die Prinzessin Li Si befreien wollten, stieg sofort eine giftgrüne Eifersucht in seinem Herzen auf.
    »Wenn jemand auf der Welt die Prinzessin zum Weibe bekommen soll«, sagte er zu sich, »dann bin ich der einzig Würdige.«
    Dabei machte er sich in Wirklichkeit nicht die Spur aus der Prinzessin, sondern er war bloß neidisch. Natürlich hatte er viel zu viel Angst, selbst in die Drachenstadt zu ziehen und die Prinzessin zu befreien. Aber wenn er, der Oberbonze Pi Pa Po, diese Kühnheit nicht besaß, sollte sich gefälligst auch kein anderer unterstehen, das ruhmreiche Wagnis zu unternehmen. Dafür wollte er sorgen.
    »Diesen Fremdlingen werde ich ihr Süppchen schon versalzen« , sprach er zu sich. »Ich werde sie als Spione verhaften und in den Kerker werfen lassen. Ich muß nur achtgeben, daß der Kaiser nichts von allem erfährt, sonst könnte es mir übel ergehen.«
    Dann ließ er den Hauptmann der kaiserlichen Palastwache rufen.
    Der Hauptmann erschien, stand stramm und salutierte mit seinem großen, gebogenen Säbel. Er war ein riesiger, starker Kerl mit einem grimmigen, narbenbedeckten Gesicht. Aber so wild er auch aussah, in Wirklichkeit war er doch ein recht einfältiger Mensch. Das einzige, was er konnte, war gehorchen. Wenn ihm ein Bonze einen Befehl gab, dann führte er ihn aus, ohne darüber nachzudenken, ganz gleich, was für ein Befehl es war. Das hatte er nun einmal so gelernt, und dabei blieb es.
    »Herr Hauptmann«, sagte der Oberbonze, »bringen Sie mir die beiden Fremden, die draußen vor dem Palast warten. Aber reden Sie zu niemand darüber, verstanden?«
    »Jawohl!« antwortete der Hauptmann, salutierte wieder und ging hinaus, um die Soldaten der Leibwache zu rufen.

    »Was steht denn da?« wollte Jim wissen.

Zehntes Kapitel
    in dem Lukas und Jim in große Gefahr geraten

    Der Zirkus Lummerland hatte eben wieder eine Vorstellung beendet, und der Beifall der Zuschauer brauste über den Platz.
    »So!« sagte Lukas zu Jim. »Jetzt gehen wir erst mal in Ruhe frühstücken. Jetzt haben wir ja genug Geld.« Und zu den Zuschauern gewandt, verkündete er: »Es folgt jetzt eine kleine Pause!«
    In diesem Augenblick öffneten sich die Ebenholzflügel des Palasttores, und die Treppe herunter marschierten dreißig uniformierte Männer. Sie hatten gezackte Helme auf dem Kopf und große gebogene Säbel zur Seite. Die Menge verstummte und machte ängstlich Platz. Die dreißig Soldaten marschierten auf Jim und Lukas zu. Sie stellten sich im Kreis um die beiden Freunde auf, und der Hauptmann trat auf Lukas zu.
    »Ich bitte die sehr ehrenwerten Fremdlinge, mir ohne Zögern in den Palast zu folgen, wenn es angenehm ist«, befahl er mit rauher, bellender Stimme.
    Lukas musterte den Hauptmann von Kopf bis Fuß. Dann nahm er seine Pfeife aus der Tasche, stopfte sie sorgfältig und zündete sie an. Als sie richtig brannte, wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Hauptmann zu und sagte gemächlich:
    »Nein, es ist uns im Augenblick nicht angenehm. Wir wolle n nämlich gerade frühstücken gehn. Bis jetzt habt ihr euch ja genug Zeit gelassen, und jetzt haben wir’s nicht mehr so eilig.«
    Der Hauptmann verzog sein narbenbedecktes Gesicht zu einem Grinsen, das höflich sein sollte, und bellte: »Ich bin hier auf allerhöchsten Befehl und soll Sie beide holen. Ich muß den Befehl ausführen. Gehorchen ist mein Beruf.«
    »Meiner nicht«, antwortete Lukas und paffte einige Wölkchen. »Wer sind Sie überhaupt?«
    »Ich bin der Hauptmann der kaiserlichen Palastwache«, schnarrte der Hauptmann und salutierte mit seinem Säbel.
    »Hat Sie der Kaiser von Mandala geschickt?« forschte Lukas weiter.
    »Das nicht«, sagte der Hauptmann. »Wir kommen von Herrn Pi Pa Po, dem Oberbonzen.«
    »Was meinst du, Jim?« wandte sich Lukas an seinen Freund. »Wollen wir erst frühstücken oder zuerst zu Herrn Pi Pa Po?«
    »Ich weiß auch nicht«, sagte Jim, dem das Ganze nicht recht geheuer schien.
    »Na gut«, meinte Lukas. »Wir wollen höflicher sein als er und ihn nicht
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