Jimmy der Mops
und trinke das kostbare Nass aus dem Steingefäß, das sich daraufhin wieder verschließt, viel zu schnell aus. Also gönne ich mir eine weitere Portion. Wieder fahre ich mit dem Unterarm über das Symbol, während der Betrag automatisch von meinem Konto abgebucht wird. Diesmal gehe ich mit Bedacht vor und setze mich auf den Beckenrand. Während ich trinke, beobachte ich die seelenlosen Gesichter, die an mir vorbeiwabern. Nicht alle Bewohner von Sphäre5 widern mich an, aber in diesem Moment lasse ich es zu, dass sie zu einer amorphen Masse verschwimmen.
Am Eingang von Jimmys Atelier tummelt sich ein buntes Völkchen, das sich bei genauerer Betrachtung als eine Gruppe von Hologrammen entpuppt. Eine elegante, höchst schmeichelhafte Variante von Jimmy schüttelt diversen Projektionen die Hand, von denen ich annehme, dass sie die Lokalprominenz darstellen. Mit einem leichten Bedauern blicke ich auf den leeren Becher in meiner Hand, bevor ich ihn zurückstelle, wo er augenblicklich recycelt wird, und setzte mich seufzend in Bewegung.
Als ich durch die offene Tür des Ateliers treten will, stellt sich mir der Holo-Jimmy in den Weg und entbietet mir ein fröhliches „Herzlich willkommen!“.
Unbeeindruckt gehe ich weiter.
„Wussten Sie schon? Fransen über den Augen verjüngt Ihr Gesicht um vier Dekaden!“, ruft er mir noch hinterher, dann wendet er sich wieder seinen prominenten Freunden zu.
Jimmys Atelier ist nicht groß, aber exquisit eingerichtet. Sechs pilzförmige Kapseln stehen sich in Dreierreihen blitzblank gegenüber. Als ich den Laden betrete, sind vier davon besetzt. Eine Mitarbeiterin sitzt weiter hinten mit einem Kunden an der Computerkonsole und entwirft für ihn eine Haarkreation, die später in einer der Kapseln mithilfe von Thermostrahlung, Gebläse sowie Schneid- und Schweißlaser umgesetzt wird. Offensichtlich herrscht Uneinigkeit und sie flüstern aufgeregt miteinander. Jimmy selbst ist nirgendwo zu sehen.
„Könnte ich bitte Herrn Marquard sprechen?“, unterbreche ich das hitzige Gefecht. „Es ist sehr wichtig.“
Sauertöpfisch schaut die Mitarbeiterin auf, während sich der Kunde neben ihr zurücklehnt und einen entnervten Seufzer ausstößt. „Herr Marquard ist heute indisponiert!“ Bevor sie erneut zum Reden ansetzen kann, macht sie eine ruckartige Kopfbewegung, als würde jemand mit ihr über InterCom kommunizieren. Sie wirkt überrascht, dann zeigt sie mit der Hand auf einen Ganzkörperspiegel links von ihr.
„Gehen Sie hier durch!“ Ihr Ton ist feindselig und die Tatsache, dass der Kunde postwendend eine Schimpftirade loslässt, weil ich den Maître sehen darf, er aber nicht, besänftigt ihren Blick in keiner Weise.
Das optische Kraftfeld im Spiegel wird deaktiviert und ich betrete einen winzigen Kontrollraum, von wo aus Jimmy anscheinend das Tun und Wirken in seinem Laden überwacht.
„Was für eine unfähige Kuh! Morgen ist auch noch der umsatzstärkste Tag des Monats! Wenn das alles vorbei ist, schmeiße ich sie raus!“, schallt es mir als Begrüßung entgegen.
„Wie geht es Ihnen, Jimmy?“ Ich versuche den Gedanken zu verdrängen, dass ich mich bereits zum zweiten Mal an diesem Tag in einer höchst explosiven Situation befinde.
„Haben Sie etwas herausgefunden?“, bekomme ich statt einer Antwort.
Ich erzähle ihm, was ich über Valeri Duchasnel erfahren habe und er nickt interessiert, aber teilnahmslos. Als die Sprache jedoch auf Lena Wittgenstein fällt, kneift er hasserfüllt die Augen zusammen.
„Sie beide kennen sich?“
Er nickt heftig.
„Also doch jemand, der Ihnen wenig zugetan ist?“
„Die Frau ist eine Hexe!“
„Wussten Sie, dass sie mehrfach wegen staatsfeindlicher Gesinnung verhaftet wurde?“
Er schüttelt den Kopf, wirkt aber nicht überrascht.
„Schulden Sie jemandem Geld? Ich will eine ehrliche Antwort, Jimmy.“
Erneut schüttelt er den Kopf, und mir bleibt nichts anderes übrig, als ihm zu glauben. Trotzdem nehme ich mir vor, Zuby zu bitten, mir einen Blick in Jimmys Finanzen zu gewähren, sofern das überhaupt möglich ist. Das Bankgeheimnis ist neben dem Geburtsjahr der über Hundertjährigen das größte Heiligtum in den Biosphären.
„Und wie geht’s jetzt weiter?“
„Morgen werde ich Lena Wittgenstein einen Besuch abstatten. Mal sehen, was ich herausfinde. Im Moment ist sie die einzige Spur.“
„Ist das alles?“
„Was erwarten Sie
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