Jinx - der verfluchte Liebeszauber
klar, dass das ein Versehen sein musste, weil es das schönste Zimmer war, das ich je gesehen hatte. Es war hundertmal schöner als mein Zimmer zu Hause, das ich mir mit meinen beiden jüngeren Schwestern Courtney und Sarabeth teilte. Ich hatte noch nie ein Zimmer ganz allein für mich gehabt. Noch NIE!
Und ich hätte NIEMALS damit gerechnet, irgendwann einmal sogar ein Badezimmer ganz für mich allein zu haben!
Also musste es ein Versehen sein.
Aber als Paula im Zimmer herumging, mir alles erklärte und den (nicht vorhandenen) Staub von den Oberflächen wischte, dämmerte mir langsam, dass es vielleicht doch kein Versehen war. Anscheinend war dieses Zimmer wirklich für MICH gedacht!
»Wow!«, war alles, was ich herausbrachte. Es war das erste Wort, das ich sagte, seit Paula mich unten an der Tür in Empfang genommen und mit ihrem Redeschwall überschüttet hatte.
»Ja, ich finde es auch sehr schön«, sagte Paula strahlend. Sie dachte, ich meinte das Zimmer, dabei meinte ich … na ja, eben … alles .
»Ich wohne in einer kleinen Wohnung unten im Souterrain mit eigenem Eingang, der dir vorhin wahrscheinlich gar nicht aufgefallen ist. Die Tür liegt unterhalb der Eingangstreppe, und von der Wohnung aus gibt es einen Hinterausgang, der direkt in den Garten führt. Ich hab dort unten sogar eine eigene kleine Küche.
Die Kinder kommen oft zu mir runter, um Hausaufgaben zu machen, und danach kuscheln wir alle zusammen gemütlich auf der Couch und schauen eine DVD. Es ist echt schön hier.«
»Schön? Es ist unglaublich!« Ich war fassungslos. Meine Mutter hatte mich schon darauf vorbereitet, dass ihre Schwester Evelyn und ihr Mann nicht gerade arm waren – Onkel Ted war kürzlich zum Vorstandsvorsitzenden seiner Firma befördert worden, und meine Tante war so erfolgreich als Innenarchitektin, dass sie diverse Promis und Supermodels unter ihren Kunden hatte.
Aber DARAUF war ich trotzdem nicht vorbereitet gewesen.
Und das war jetzt mein Zimmer. FÜR MICH GANZ ALLEIN.
Jedenfalls für die nächste Zeit. Bis mein Pech zuschlug und ich alles wieder vermasselte.
Und wie ich mich kannte, würde das nicht allzu lange dauern. Aber das würde mich nicht daran hindern, mein Glück auszukosten, solange es anhielt.
»Die Gardiners werden untröstlich sein, dass sie sich im Tag geirrt haben und dich nicht abholen konnten«, sagte Paula, während sie auf das riesige Bett zuging und die vielen Kissen aufzuschütteln und am gepolsterten Kopfende neu anzuordnen begann. »Deine Tante und dein Onkel sind beide noch arbeiten, aber Teddy und Alice haben bald Schulschluss. Die beiden reden schon seit Tagen davon, wie sehr sie sich freuen, dass ihre Cousine Jean aus Iowa kommt. Alice hat sogar extra ein
Willkommensschild für dich gebastelt. Sie wollte es eigentlich am Flughafen zur Begrüßung hochhalten, das geht jetzt ja leider nicht mehr … Aber vielleicht kannst du es ja hier in deinem Zimmer an die Wand hängen? Bitte tu so, als würdest du es schön finden, sie hat sich solche Mühe damit gegeben. Ach so, und falls du dich wunderst, dass keine Bilder an den Wänden sind – deine Tante wollte sie dich selbst aussuchen lassen. Sie kennt deinen Geschmack nicht, hat sie gesagt, weil sie dich das letzte Mal vor fünf Jahren gesehen hat.«
Paula sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Anscheinend lebten die Familien in Deutschland näher zusammen und sahen sich öfter als amerikanische Familien … oder jedenfalls öfter als meine Familie.
Ich nickte. »Ja, das könnte hinkommen. Tante Evelyn und Onkel Ted waren das letzte Mal bei uns zu Besuch, als ich elf war und …« Ich beendete den Satz nicht, weil ich gerade die Tür zum Bad geöffnet hatte und sah, dass die Wasserhähne goldfarbene Schwäne waren, aus deren geöffneten Schnäbeln das Wasser floss. Selbst die Enden des Handtuchhalters waren mit kleinen Schwanenflügeln dekoriert. Der Luxus, der mich umgab, machte mich so nervös, dass ich einen ganz trockenen Mund bekam. Womit hatte ich das nur verdient?
Mit nichts. Jedenfalls sicher mit nichts, was ich in der letzten Zeit getan hatte.
Was übrigens auch der Grund dafür war, weshalb ich nach New York gekommen war.
»Und wo ist Tory?«, versuchte ich das Thema zu
wechseln. Ich wollte lieber nicht darüber nachdenken, weshalb ich hier in New York und nicht zu Hause in Hancock war. Jedes Mal wenn ich daran dachte, schnürte sich mein Magen zu einem engen Knoten zusammen. »Wann kommt sie von der Schule
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