Jinx - der verfluchte Liebeszauber
Ruf mir anscheinend so weit vorausgeeilt war, dass selbst das Au-pair-Mädchen meinen Spitznamen kannte. Einen Spitznamen, der noch unsäglicher als mein wirklicher Name war: Jinx – Pechvogel.
»Äh … ja«, sagte ich, während mein Traum, in New York quasi inkognito ein ganz neues Leben beginnen zu können, in sich zusammenstürzte. »In meiner Familie werde ich Jinx genannt.«
Und so wie es aussah, würde dieser verhexte Name
für alle Zeiten an mir kleben bleiben, falls es mir nicht durch ein Wunder gelingen sollte, meine Pechsträhne ein für alle Mal zu beenden.
2
A ber du … du solltest doch erst morgen kommen!«, rief Paula erschrocken.
Erleichterung durchströmte mich. Dann hatten sich die Gardiners also wirklich nur im Datum geirrt. Ich hätte wissen müssen, dass Tante Evelyn mich niemals im Stich lassen würde.
»Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Ganz sicher heute. Ich sollte heute kommen.«
»Oje«, sagte Paula, die meine Hand immer noch so kräftig schüttelte, dass meine Finger schon ganz taub waren und meine vom rostigen Eisengitter aufgerissene Handfläche brannte. »Deine Tante und dein Onkel haben dich erst morgen erwartet … Bist du ganz allein mit dem Taxi hierhergekommen? Das tut mir schrecklich leid. Komm schnell rein!«
Mit einer Beherztheit, die für ein so zartes Mädchen erstaunlich war, aber zu ihrem kräftigen Händedruck passte, packte sie meinen Koffer und meine Reisetasche (den Geigenkasten überließ sie mir) und trug sie ins
Haus, als würden sie überhaupt nichts wiegen. Ich fand bald heraus, woran das lag. Paula redete nämlich fast genauso schnell und viel wie meine beste Freundin Stacy aus Hancock und erzählte mir sofort, dass sie eigentlich aus Deutschland stammte und nach New York gekommen war, um eine Ausbildung zur Physiotherapeutin zu machen.
Schon nach fünf Minuten wusste ich, dass sie jeden Tag nach Westchester ins College fuhr, wo sie theoretischen Unterricht hatte und nachmittags mit Schlaganfall-oder Unfallpatienten arbeitete, die sie aus dem Rollstuhl hieven musste, um mit ihnen Übungen zu machen.
Das erklärte natürlich, warum sie so kräftig war.
Dafür dass Paula auf die zwei jüngeren Kinder der Gardiners aufpasste, durfte sie bei ihnen wohnen und essen. Während Teddy und Alice in der Schule waren, ging sie aufs College und kam nachmittags wieder zurück. Ihr Studium dauerte noch ein Jahr, danach würde sie als Physiotherapeutin in einer Reha-Klinik arbeiten.
»Die Gardiners sind echt wahnsinnig nett!«, schwärmte Paula, während sie meine Tasche und den Koffer so mühelos in den zweiten Stock hinauftrug, als würden sie nicht mehr wiegen als ein paar CDs.
Paula redete ohne Punkt und Komma und musste nicht mal Pausen zum Atemholen einlegen, was wirklich erstaunlich war, wenn man bedenkt, dass Englisch gar nicht ihre Muttersprache war. Auf Deutsch redete sie wahrscheinlich noch schneller!
»Ich bekomme dazu noch ein Taschengeld von dreihundert Dollar pro Woche«, erzählte sie mir. »Stell dir vor, kostenlos mitten in Manhattan wohnen, bei allen Mahlzeiten mitessen und dann auch noch dreihundert Dollar kriegen! Meine Freundinnen in Bonn sind alle total neidisch. Die Gardiners sind für mich fast so was wie Eltern, und Teddy und Alice sind so süß, dass es sich manchmal so anfühlt, als wären sie meine eigenen Kinder. Na ja, okay, ich bin erst zwanzig und Teddy und Alice sind schon acht und fünf, also können sie gar nicht meine Kinder sein …« Sie lachte. »Aber dann sind sie für mich eben so etwas wie jüngere Geschwister. So, da sind wir. Tadaa! Das ist dein Zimmer!«
Mein Zimmer? Ich sah mich sprachlos um. Schon nach dem Wenigen, das ich bis jetzt vom Haus gesehen hatte, war mir klar gewesen, dass ich für die nächsten paar Monate in einer Luxusvilla leben würde. Aber beim Anblick des Raums, in dem Paula jetzt mein Gepäck abstellte, blieb mir trotzdem die Luft weg. Mit den weiß gestrichenen Wänden, den cremefarbenen Schleiflackmöbeln und den rosa Seidenvorhängen sah er aus wie ein Prinzessinnenzimmer! Das durch die zarten weißen Gardinen fallende Sonnenlicht warf goldene Lichtsprenkel auf den flauschigen roséfarbenen Teppich und es gab sogar einen echten Kamin mit Marmorsims. »In dem kann man leider kein Feuer machen«, erklärte Paula bedauernd, als hätte ich ein Anrecht auf einen funktionierenden Kamin in meinem Schlafzimmer. Eine zweite Tür führte in ein angrenzendes Badezimmer.
Natürlich war mir sofort
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