Joe - Liebe Top Secret
nachsichtig.
„Das wird er nicht. Ich habe nicht vor, zu sterben.“ Das war eine Tatsache. Seine nüchterne Feststellung und die Gewissheit in seinem Blick überzeugten Veronica davon, dass es tatsächlich feststand. Joe wirkte hart und unverwundbar, und womöglich sogar unsterblich.
Aber er war nicht unsterblich. Er war ein Mensch. Er war aus Fleisch und Blut, ab dem nächsten Morgen war er auch eine Zielscheibe. Wenn er wie Prinz Tedric gekleidet durch den Hotelausgang ging, konnte die Pistole eines Attentäters auf ihn gerichtet sein.
Am nächsten Tag um diese Zeit konnte Joe bereits angeschossen worden sein. Er könnte schwer verletzt sein. Oder schlimmer: Er könnte tot sein.
Für immer tot.
Joe war vielleicht in der Lage, die Gefahr zu ignorieren, Veronica nicht. Er würde sich in der Öffentlichkeit bewegen – mit einem Sicherheitsteam, das den Anforderungen nicht genügte. Sicher, die Chancen standen jetzt besser, weil drei SEALs aus dem Alpha-Squad-Team bei den FInCOM-Agenten waren. Trotzdem gab es keine Garantie.
Veronica würde in einem sicheren Überwachungswagen festsitzen. Falls die Terroristen durch das Sicherheitsnetz gelangten, hatte sie einen Platz in der ersten Reihe. Und müsste mit ansehen, wie Joe starb.
Er saß da und beobachtete sie. Veronica bewunderte ergriffen seine lässige Tapferkeit und seine unaufdringliche Heldenhaftigkeit. Er tat es für Admiral Forrest, für den verstorbenen Sohn des Admirals und für all die anderen Matrosen, die Diosdado getötet hatte. Und für alle Menschen, Soldaten und Zivilisten, die von Terroristen verletzt oder getötet würden, wenn sie nicht hier und jetzt aufgehalten wurden.
Ja, die Möglichkeit, dass er starb, bestand. Aber in Joes Augen war es offensichtlich ein Risiko, das es wert war, wenn sie dafür die Killer festnahmen. Doch was für ein furchtbares Risiko, was für ein unglaubliches Opfer! Er riskierte sein Leben, sein wertvolles, unersetzbares Leben. Es war das Größte, das er einsetzen konnte. Und für Joe war es das Mindeste, was er tun konnte.
„Hat Ihnen eigentlich irgendjemand dafür gedankt, dass Sie das hier tun?“, fragte Veronica. Ihr Hals fühlte sich unnatürlich rau an, als sie Joe in die Augen sah.
Er zuckte die Schultern, es war eine gelöste, lässige Geste, genau wie sein unbekümmertes Lächeln. „Wenn alles glattläuft, bekomme ich wahrscheinlich die ustanzische Tapferkeitsmedaille.“ Er betrachtete die Reihen von Abzeichen, die an Prinz Tedrics Jackett befestigt waren, und verzog die Miene. „Wenn man bedenkt, dass Ted vier hat, bin ich nicht sicher, ob ich eine haben möchte“, fügte er hinzu. „Selbst wenn ich sie dazu überreden kann, mir eine zu verleihen, gäbe es eine Zeremonie. Und ich müsste in die Kameras lächeln und Teds schweißige Hand schütteln.“
„Und wenn es nicht glattläuft …?“ Ihre Stimme zitterte.
Wieder zuckte er die Schultern, sein Lächeln wurde breiter. „Dann werde ich Ted nicht die Hand schütteln, oder?“
„Joe.“
Er stand auf. „Ronnie“, sagte er und ahmte ihren ernsten Tonfall nach. „Entspannen Sie sich, okay?“
Das konnte sie nicht. Wie sollte sie sich entspannen, wenn er am nächsten Tag womöglich tot war? Veronica sah sich im Raum um und wurde sich wieder deutlich bewusst, dass sie hier allein waren. Sie waren allein, und sie bekam vielleicht nie wieder die Gelegenheit, ihn zu umarmen.
Trotz ihres Vorsatzes, sich von ihm fernzuhalten, trat Veronica auf ihn zu und überwand die Distanz zwischen ihnen. Sie sah die Überraschung in seinen Augen. Doch dann schlang sie die Arme um ihn und ließ den Kopf auf seine Schulter sinken.
Er war überrumpelt. Sie fühlte die Anspannung, die seinen Körper gefangen hielt. Nicht in einer Million Jahren hätte er damit gerechnet, dass sie ihn umarmen würde.
Als sie sich zurückzog, hob sie den Kopf und erkannte tief in seinem Blick eine Verletzbarkeit, das Aufblitzen fast kindlichen Staunens. Aber es verschwand so schnell, dass Veronica sich fragte, ob sie es sich eingebildet hatte.
Er reagierte fast gar nicht. Fast . Doch bevor sie sich ganz zurückziehen konnte, umarmte er sie und hielt sie sanft, aber bestimmt in ihrer Position. Er seufzte leise, als er sich entspannte.
Joe schaffte es nicht, sie loszulassen. Er wäre verrückt, wenn er sie losgelassen hätte. Sie passte so perfekt hierher, sie hätten füreinander geschaffen sein können. Sie war an den entscheidenden Stellen weich, und an den anderen fest.
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