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Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt

Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt

Titel: Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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hier sitzen bleiben und hofft, dass sie am Ende des Zuges eine andere Lokomotive ankoppeln. Mit der er wieder zurückfahren kann. Zu seinen verdammten Bäumen. »Wir müssen aussteigen«, sagte Joel. »Sonst fahren sie womöglich weiter.«
    Samuel nickte. »Müssen wir wohl«, sagte er. »Wir müssen uns ein Hotel suchen.«
    Früher hatte Samuel Joel oft von seinen Besuchen in Stockholm erzählt. Aber jetzt benahm er sich, als ob er das erste Mal hier wäre. In der großen Wartehalle wusste er nicht, in welche Richtung sie gehen sollten. Joel war von dem Gewimmel so erregt, dass er anfing zu schreien und Samuel an der Jacke zu zerren. Da gab es so viel zu sehen, so viel zu hören. Samuel zeigte auf eine Bank, wo noch ein paar Plätze frei waren.
    »Wir setzen uns«, sagte er. »Hier sind so viele Leute, man kann ja gar nicht sehen, wohin man gehen soll.« Sie setzten sich. Samuel hielt seinen Koffer ganz fest. Joel wurde immer gereizter. Hatte er etwa Angst? Samuel schien die Situation ja überhaupt nicht im Griff zu haben.
    »Wohin sollen wir gehen?«, fragte er.
    Samuel zog eine Grimasse. »In der Nähe muss es billige Hotels geben.«
    Das versetzte Joel einen Stich. Es war, als ob er Samuel, seinen Vater, zum ersten Mal sah. Klein und gebeugt. Alte, abgenutzte Kleider. Obwohl es seine besten waren, die er besaß. Und dann der verdammte Koffer. Mit dem kaputten Griff.
    So hatte Joel seinen Vater noch nie gesehen. Nicht mal, wenn er betrunken gewesen war und Joel ihn nach Hause schleppen musste.
    Joel schämte sich seinetwegen. »Wo liegen die blöden Hotels?«, fauchte er.
    Samuel schien zu merken, dass er wütend war, und schien noch mehr zusammenzuschrumpfen.
    »Gemeinsam werden wir sie schon finden«, sagte er vorsichtig Joel war immer noch aufgebracht.
    »Ich bin noch nie in Stockholm gewesen. Wie soll ich wissen, wo der richtige Ausgang ist?«
    Samuel gab keine Antwort. Er sah sich unsicher um. Dann entschied er sich plötzlich. Joel sah es kommen. Durch Samuels Rückgrat ging ein Ruck. Als ob er eine Feder in sich trüge, die plötzlich gespannt wurde.
    »Jedenfalls muss ich erst mal pinkeln«, sagte er und zeigte auf ein Schild, auf dem »Toilette« stand. »Pass solange auf den Koffer auf.«
    Samuel stand auf und ging. Joel sah ihm nach. Sah, wie er immer wieder stehen blieb, um Leute vorzulassen, die es eilig hatten. Joel zog den Koffer zu sich heran und legte eine Hand über den geflickten Griff. Er schämte sich immer noch. Hatte ihn schon jemand bemerkt? Dass er mit der Hand über dem geflickten Griff dasaß? Er versuchte unbekümmert zu wirken. Trotzdem hatte er das Gefühl, ihm sei anzusehen, dass er fremd war.
    Papa Samuel ließ auf sich warten. Joel wurde immer gereizter. Er dachte, eigentlich müsste er den Koffer stehen lassen und weggehen. Um Samuel zu strafen. Aber wofür wollte er ihn eigentlich bestrafen?
    Die Gedanken wirbelten durch Joels Kopf. Gleichzeitig versuchte er alles mitzukriegen, was um ihn herum geschah. Aus einem Lautsprecher schepperte eine Stimme und irgendwo in der Ferne kreischte eine Lokomotive. Plötzlich setzte sich jemand neben ihn auf die Bank. Es war ein Junge, nicht viel älter als Joel selbst. Aber er trug einen Anzug, Schlips und schwarze spitze Schuhe. Außerdem waren seine Haare nicht kurz geschnitten. Sie waren mit Fett gekämmt und lagen in steifen schwarzen Wellen um den Kopf.
Schwarze Wellen,
dachte Joel. Dann rutschte er zur Seite. Hoffentlich sagt der nichts, dachte er. »Moin«, sagte die Schwarze Welle. »Hm«, machte Joel.
    Die Schwarze Welle sah ihn interessiert an. Joel warf einen Blick zur Toilettentür. Am allerwenigsten wünschte er, dass Samuel in diesem Augenblick zurückkam.
    »Willst du verreisen?«, fragte die Schwarze Welle und strich sich dabei mit der Hand übers Haar.
    »Ich bin gerade angekommen«, murmelte Joel.
    Die Schwarze Welle sagte nichts, sah Joel nur an. Dann holte er ein Päckchen Zigaretten aus der Tasche.
    »Rauchst du?«, fragte er.
    »Nein«, antwortete Joel.
    Und fragte sich im selben Moment, warum nicht. Es konnte doch nichts schaden, eine Zigarette anzunehmen.
    Die Schwarze Welle zündete sich eine
Zigarette
an und blies den Rauch aus.
    »Woher kommst du?«
    »Aus dem Norden«, antwortete Joel.
    »Das hört man«, sagte die Schwarze Welle. »Das hört man sehr gut. ›Aussem Norden‹«, ahmte er Joel nach und lachte. Nicht boshaft. Er krächzte vom Raucherhusten. »Wartest du auf jemanden?«, fragte die Schwarze Welle.

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