John Puller 01 - Zero Day
Komplimenten?«
»Ich meine es ehrlich. Aber Sie haben mich zum Essen eingeladen, um mir Fragen zu stellen, wie Sie sagten. Warum fangen Sie nicht einfach an?«
»Sie haben mir statt Antworten lediglich Ihre Meinung angeboten.«
»Ich darf Ihnen kein Versprechen geben, das ich nicht halten kann.«
»Möchten Sie Kaffee? Wir beziehen die Kaffeebohnen aus Bolivien. Eine Spezialmischung. Sie hat sich als großartiges Produkt erwiesen.«
»Kaffee habe ich noch nie abgelehnt.«
»Sind Sie mal in Bolivien gewesen?«
»Nein.«
»Überhaupt in Südamerika?«
»Ja.«
»Dienstlich oder zum Vergnügen?«
»Ich verreise nicht zum Vergnügen. Ich reise mit meiner Dienstwaffe als Begleiterin.«
Jean bestellte Kaffee, der schnell kam. Serviert wurde er in zierlichen Tassen mit Blüten- und Rankenmuster. Sein Gefühl bewog Puller zu der Auffassung, dass Jean Trent das Geschirr persönlich ausgesucht hatte. Sie war ganz einfach der Typ, der alles unter Kontrolle haben musste, ganz egal, wie belanglos es war.
»Wirklich ein guter Kaffee«, sagte er.
Jean nickte. »Nun also zu meinen Fragen. Na ja, eigentlich habe ich nur eine Frage. Auf der Grundlage dessen, was Sie bisher ermittelt haben … glauben Sie, dass Roger tatsächlich in Gefahr schwebt?«
»Ich kann unmöglich sagen, ob ihm tatsächlich Gefahr droht oder nicht. Ich bin in Drake, um die Ermordung eines Armeeoffiziers und seiner Familie aufzuklären. Auf jeden Fall habe ich Roger geraten, die Drohungen ernst zu nehmen.«
»Weshalb?«
»Meinem Gefühl nach ist es angebracht.«
»Sie denken sicher, ich wäre zu lasch, was die Frage der persönlichen Sicherheit meines Ehemanns angeht, aber ich kann Ihnen versichern, dass ich mir sehr wohl Gedanken darüber mache.«
»Aber wie Sie ebenfalls erwähnt haben, schützt er sich ja durch eine Reihe gewisser Maßnahmen.« Puller trank die Tasse aus und stellte sie ab. »Sehen Sie denn einen Grund zu der Befürchtung, er könnte in Gefahr sein? Oder dass er auf irgendeine Weise mit den verübten Morden in Verbindung steht?«
»Nun ja, eines der Opfer hat in seiner Firma gearbeitet. Allerdings bezweifle ich, dass Roger diese Frau überhaupt gekannt hat. Ich glaube nicht, dass er irgendeine Beziehung zu den Mördern hat. Was für ein Motiv sollte er haben?«
»Keine Ahnung. Ist Roger derzeit in Rechtsstreitigkeiten verwickelt?«
»Er hat ständig juristische Auseinandersetzungen. Überwiegend mit dem Umweltschutzministerium oder mit Umweltschützergruppen. Gelegentlich auch wegen tödlicher Arbeitsunfälle.«
»Was sind das für Auseinandersetzungen um den Umweltschutz?«
»Einzelheiten kenne ich nicht. Aber der Bergkuppentagebau ist, ganz allgemein ausgedrückt, der Umwelt sehr abträglich. Zitieren dürfen Sie mich nicht, aber es ist die Wahrheit. Menschen sind empört und reichen Klagen ein. Und sobald das Ministerium den Eindruck hat, dass Roger die gesetzlichen Verpflichtungen nicht beachtet oder gegen Vorschriften verstößt, geht es gegen ihn vor. Er hält die Anwälte überreichlich beschäftigt. Warum fragen Sie?«
Puller schwieg. Er dachte an die Analyse gewisser Bodenproben, hatte aber nicht die Absicht, es Jean zu verraten.
»Also schön«, sagte sie, »es war gelogen. Ich habe eine zweite Frage.«
»Und wie lautet sie?«
»Weshalb sind Sie wirklich hier?«
»Ich dachte, das wäre klar.«
»Weil ein Oberst ermordet wurde? Außer Dienst? Ich habe mich umgehört. Sie sind vom 701. Man hätte mit dem Fall die CID in Fort Campbell betrauen können. Das 701. ist etwas Besonderes. Warum also hat man Sie geschickt?«
»Sie kennen sich mit dem Militär ja ziemlich gut aus, was?«
»Mein Vater war bei der Marine. Hier sind viele Männer beim Militär gewesen. Wie gesagt, ich habe mich schon umgehört.«
»Mit wem haben Sie gesprochen?«
»Ich pflege meine Verbindungen. Mehr brauchen Sie nicht zu wissen. Und allem zufolge, was ich erfahren habe, spricht es eine deutliche Sprache, dass jemand wie Sie geschickt worden ist. Diese Morde sind kein Routinefall.«
»Nach meinem Verständnis ist kein Mord je ein Routinefall.«
»Sie wollen mir nichts erzählen?«
»Ich tue nur meine Arbeit, Jean. Mehr kann ich Ihnen beim besten Willen nicht verraten.«
Jean Trent fuhr ihn zurück zum Motel. Puller sah ihr nach, bis sie außer Sichtweite war. Dann wandte er sich ab, um das Motelzimmer aufzusuchen. Unterwegs streifte sein Blick den Malibu. Er änderte die Richtung und ging zum Auto.
Vier, fünf Schritte
Weitere Kostenlose Bücher