John Puller 01 - Zero Day
Jugendlichen zu tun haben. Viertens mit den Eltern der Mutter. Oder fünftens mit etwas, das wir bisher nicht erkennen.«
»Die Familie könnte auch zufälliges Opfer eines Raubüberfalls geworden sein«, meinte Monroe.
Puller schüttelte den Kopf. »Die Täter haben einen brandneuen Lexus, einen Laptop und den Ehering der Frau zurückgelassen. Dass sonstige Wertgegenstände verschwunden wären, ist nicht bekannt. Und Zufallstäter nehmen sich selten die Zeit, um ihre Opfer zu verhören.«
»Die Eltern der Ehefrau haben wahrscheinlich auf der ganzen Welt keine Feinde«, sagte Cole. »Außerdem waren die Frau und die Kinder nur den Sommer über hier. Ich bezweifle, dass sie genügend Zeit hatten, um sich Feinde zu machen. Folglich bleibt nur Oberst Reynolds.«
»Kann sein. Trotzdem muss in alle Richtungen ermittelt werden.« Puller richtete sich auf. »Gibt es weitere Fingerabdrücke, die nicht zu denen passen, die bereits überprüft worden sind?«
»Die des Postboten und die einer Pflegerin, die im Seniorenheim arbeitet. Ihre Fingerabdrücke sind am Kühlschrank. Sie hat sich regelmäßig hier aufgehalten, um Mr. Halverson auszuhelfen, bevor er ins Seniorenheim kam. Und die von zwei Rettungssanitätern, die hergerufen wurden, als die alte Dame den Schlaganfall erlitten hat.«
»Sonst keine?«
»Doch, es gibt noch zwei. Einer an der Wohnzimmerwand und einer auf der Arbeitsfläche der Küche. Ich überprüfe sie anhand unserer Speicherdaten.«
»Geben Sie mir Kopien«, sagte Puller, »dann lasse ich sie auch in den Bundesdatenspeichern prüfen.«
»Danke.«
»Woher könnten die Mörder gewusst haben, wann Sprengungen stattfinden?«, fragte Puller. »Sind die Termine der Öffentlichkeit bekannt?«
»Ja«, sagte Cole. »Beim Bergkuppentagebau sind zahlreiche Vorschriften zu beachten. Man muss eine behördliche Genehmigung haben und für die Sprengungen einen Terminplan vorlegen, der rechtzeitig in der Lokalpresse veröffentlicht werden muss. Die Bevölkerung in der näheren Umgebung der Sprengzonen erhält eine persönliche Benachrichtigung. Nur ein hauptberuflicher Sprengmeister darf die Sprengungen vornehmen. Die Lärmbelastung soll in Grenzen bleiben, also werden die Dezibelwerte gemessen. Außerdem erfolgt eine Messung der Bodenerschütterungen. Und häufig werden die einzelnen Sprengungen acht Millisekunden voneinander getrennt.«
»Wieso?«, fragte Monroe, den das Thema sichtlich faszinierte. Er bemerkte Pullers Blick. »Ich habe zwar die Universität West Virginia besucht, aber ich stamme nicht von hier.«
»Der zeitliche Abstand von acht Millisekunden genügt«, erläuterte Cole, »um die Explosionslautstärke und die Bodenerschütterungen zu verringern.«
Puller schaute sie an. »Offenbar kennen Sie sich mit diesen Dingen gut aus. Wie kommt das?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich bin ein West-Virginia-Mädchen. Der ganze Bundesstaat ist ein einziges riesiges Bergwerk. Zumindest kommt es einem manchmal so vor.«
»Hat nicht Ihr Vater bei Trent Exploration gearbeitet?«, fragte Monroe.
Cole streifte Puller, der sie nun durchdringender musterte, mit einem kurzen Blick. »Ja«, gab sie leise zur Antwort. »Inzwischen nicht mehr.«
»Warum nicht?«, fragte Puller.
»Er ist tot.«
»Das tut mir leid.« Puller schwieg einen Moment, ehe er fragte: »Welcher Sprengstoff wird da benutzt?«
»Normalerweise ANFO , eine Kombination aus Ammonium nitrat – eigentlich Dünger – und Dieselöl. Man trägt den Mutterboden und die unteren Erdschichten ab und bohrt Löcher in den Stein, in die man anschließend die Sprengladungen füllt. Das Ziel ist die Zertrümmerung der Felsschichten. Dann setzt man schweres Gerät ein, um das Flöz freizulegen.«
»Weshalb wird der Fels gesprengt, statt Stollen zu graben?«
»Vor einigen Jahrzehnten wurden noch Stollen gegraben. Aber um an die restliche Kohle zu gelangen, ist kein Stollenbau möglich. Das Gestein ist zu bröcklig. Wird jedenfalls behauptet. Eins ist allerdings merkwürdig.«
»Und was?«, fragte Puller.
»Im Allgemeinen haben Sprengungen von Montag bis Samstag zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang zu erfolgen. Um in einer Sonntagnacht sprengen zu dürfen, muss Trent eine Sondergenehmigung eingeholt haben.«
»Der Terminplan der Sprengtätigkeit ist also allgemein bekannt«, konstatierte Puller. »Dadurch wird die Liste etwaiger Verdächtiger nicht gerade kürzer. Aber erzählen Sie mir mehr über Trent Exploration.«
»Trent ist in unserem
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