John Puller 01 - Zero Day
über die neue Entwicklung auf die Mailbox, gab die erhaltene Anschrift an und trennte die Verbindung.
Der nächste Anruf galt seiner alten Bekannten Kristen Craig bei der Armee- KTU . Mit knappen Worten beschrieb er, was für Material er ans Labor verschickt hatte und welche Ergebnisse er sich von der Untersuchung erhoffte. »Wie ist es mit dem Laptop und der Aktentasche gelaufen?«, wollte er anschließend erfahren. »Hat der Militärische Geheimdienst das Labor Einsicht nehmen lassen?«
»Ist schon erledigt«, lautete die Auskunft. »Aber ich muss gestehen, ich bin enttäuscht davon.«
»Warum?«
»In der Aktentasche waren eine vertrocknete Stulle, eine Handvoll Visitenkarten aus der Privatwirtschaft, mehrere Zeitschriften und ein einziges militärisches Schriftstück, das keiner Geheimhaltung unterlag.«
»Und der Laptop?«
»Ein paar Pornos und eine Riesenmenge bedeutungsloses Zeug. Okay, ja, er hatte auch dienstliche Angelegenheiten gespeichert, aber nichts davon hätte den Untergang der westlichen Zivilisation verursacht, wäre es den Schurken dieser Welt in die Hände gefallen.«
»Weiß der Militärische Geheimdienst Bescheid?«
»Selbstverständlich. Sonst wäre er kein Geheimdienst. Sie hatten jemanden zu uns ins Labor abkommandiert.«
»Pornos, aha …«
»Solchen Schund finden wir ständig auf Laptops von Militärangehörigen, das wissen Sie doch selbst. Und es sind keine harten Sachen, bloß solche Filmchen, die sich Männer im Hotelzimmer am Laptop angucken, damit am nächsten Morgen kein Filmtitel auf der Rechnung erscheint. Diese Streifen begeistern nicht eben durch dramaturgische Leistungen. Aber ich bin ja kein Mann.«
»Mir ist bekannt, dass Frauen weit höhere Maßstäbe anlegen. Weshalb ist dann beim FAO solche Aufregung darum entstanden?«
»He, Mann, ich bin nicht beim Führungsstab, ich bin nur Laborantin, der Ermittler sind Sie«, entgegnete Kristin scherzhaft.
Puller bedankte sich, beendete das Telefonat, sah sich noch einmal den Zettel an und dachte erneut darüber nach. Er wartete auf Coles Rückruf. Doch sie meldete sich nicht.
Er verließ das Motelzimmer und sperrte hinter sich die Tür ab. Als er im Malibu saß, ließ er den Motor an, gab im Navi die ihm genannte Anschrift ein und fuhr los.
35
Ein rostiger Briefkasten an schiefem Pfosten.
Puller fuhr daran vorbei und lenkte den Wagen auf einen Lehmweg. Auf beiden Seiten war dichter Wald. Es wunderte ihn, dass ein so verwunschener Ort eine Anschrift hatte, die sich per GPS ausfindig machen ließ. Der Große Bruder wusste tatsächlich alles.
Er stellte den Wagen etwa dreihundert Meter von dem mutmaßlichen Wohnsitz entfernt ab, schlug sich ins Gehölz und drang in westlicher Richtung vor. Aus der Deckung einer Baumgruppe beobachtete er das kleine Gebäude. In einigem Abstand hörte er das unverkennbare Rasseln einer Klapperschlange, die irgendjemanden vor ihrer Anwesenheit warnte.
Bewegungslos behielt Puller das Häuschen unter Beobachtung. Er kauerte im Unterholz, ohne die Augen abzuwenden.
Vor dem Haus stand ein alter Kleinlaster. An einer Nebenseite sah er das ausgeschlachtete Wrack eines zweiten Pick-ups. Anscheinend gab es an der Rückseite eine Garage. Die einzige Tür war geschlossen. Diese vergammelte Bude machte nicht den Eindruck, als hätte sie in jüngster Zeit jemand bewohnt. Obwohl der umgebende Wald für Schatten sorgte, war es nicht so dunkel, dass man im Inneren das Licht einschalten musste.
Keine Geräusche. Keine Menschen. Puller überlegte, was er tun sollte, während er reglos in der Hocke verharrte.
Es lag nahe, dass jemand, der so weit abseits wohnte, wohl kaum etwas gesehen haben konnte, das mit den Morden zu tun hatte. Möglicherweise aber wusste er etwas. Wie es auf der Mitteilung stand.
Daher lief die Analyse der Situation darauf hinaus, dass er entweder einen Hinweis bekam, oder jemand wollte ihm Übles. In letzterem Fall mochte es sein, dass entweder Dickie und seine Kumpane auf Rache sannen oder dass ein Anschlag aus Täterkreisen geplant war, um seinen Ermittlungen ein vorzeitiges Ende zu bereiten.
Puller hatte das Handy auf Vibration umgeschaltet. Jetzt vibrierte es. Er blickte auf das Display und meldete sich im Flüsterton.
»Puller hier.«
»Wo stecken Sie?«, fragte Cole.
»In unmittelbarer Nähe der angegebenen Anschrift. Im Wald östlich des Hauses. Und wo sind Sie?«
»Im Wald westlich davon.«
»Ist ja fast wie abgesprochen. Sehen Sie etwas? Ich kann nichts
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