John Sinclair - 0974 - Monsterzeit (2 of 2)
für einen Blutstau, der auch sein Denken beeinflußte. Er kam mit sich und erst recht mit seiner Umgebung nicht zurecht.
Das Untier aus dem Wald wartete noch immer. Es bewegte nur seine Augen und tastete ihn so ab. Zumindest fühlte sich Perry Cameron abgetastet, als sollte seine Seele bloßgelegt werden.
Kam es? Kam es nicht?
Nein, es kam nicht, obwohl es für einen Moment den Anschein hatte, denn ein Zittern erfaßte den Schädel des Monsters. Es war stark, und der Killer hoffte, daß dieser widerliche und blutverschmierte Kopf im nächsten Moment auseinanderfliegen würde.
Leider trat das nicht ein.
Der Schädel blieb ganz. Das Monstrum hatte seine Pflicht getan und zog sich zurück. Es tauchte einfach wieder ab. Genau in der umgekehrten Reihenfolge, wie es erschienen war, und der auf dem Bett starr sitzende Killer blickte gegen das leere Fenster.
Fassen oder begreifen konnte er nichts. Es war einfach alles an ihm vorbeigelaufen. Er befand sich in einem Zustand der gedanklichen Leere. Normalerweise hätte er aufspringen, zum Fenster eilen und auf den Unhold schießen müssen.
Was tat er?
Er blieb im Bett hocken, ohne sich um seine Umgebung zu kümmern.
Wie ein schwitzender Eisklotz.
Was ihm die Realität hier gezeigt hatte, das erlebten Menschen nicht mal in ihren Alpträumen. So etwas konnte sich niemand ausdenken, das war einfach zu grausam, zu viel und zu …
Der Krampf im Arm riß ihn aus seinen Gedanken. Cameron hatte ihn zu lange und unnatürlich gehalten. Der ziehende Schmerz brachte ihn wieder zurück in die Wirklichkeit, die er jetzt mit den normalen Augen sah.
Das Fenster war leer. Aber das Monster hatte es besucht. Wer sonst hätte die untere Hälfte hochschieben sollen? Der Wind sicherlich nicht.
Er war zudem nicht stark genug.
Der Killer bewegte sich endlich wieder. Er zog seinen malträtierten und schmerzenden Arm an, bewegte ihn, streckte ihn dabei vor, drückte ihn wieder zurück, um so die alte Elastizität zurückzugewinnen, was ihm auch gelang.
Es ging ihm wieder besser. Aber die bösen Erinnerungen ließen sich nicht vertreiben.
Auch jetzt war er weiterhin eingehüllt in die widerliche Wolke aus den beiden Geruchsvarianten. Zum einen nahm er den Gestank des Waldes wahr, zum anderen seinen bitteren Schweißgeruch.
Er stand auf.
Ein Greis hätte sich kaum anders bewegt als er. Zittrig verharrte er vor seinem Bett und war froh, eine Stützvariante gefunden zu haben. Er ging auf das Fenster zu. Wieder sehr langsam und schlurfend. Die Furcht steckte ihm noch immer in den Knochen und sorgte für eine gewisse Lähmung.
Auf der inneren Fensterbank stützte er sich so ab, wie es das Monstrum mit seinen Klauen auf der äußeren Hälfte getan hatte. Dann zog er den Kopf etwas ein und streckte ihn nach draußen, hinein in die Dunkelheit, um dort erkennen zu können, wohin sich das Monstrum gewandt hatte.
Der unheimliche Besucher war verschwunden. Er hätte es sich denken können. Abgetaucht, die Finsternis gut ausgenutzt. Verschwunden in der Düsternis des Hexenwaldes.
Für Perry Cameron stand fest, daß dieser Wald verflucht oder verhext war. Selbst ein Killer wie er konnte sich damit anfreunden. An eine andere Möglichkeit dachte er gar nicht.
Er war gekommen, um Doug Kinnys Tochter in eine Falle laufen zu lassen. Es hatte nicht geklappt. Statt dessen war er beinahe selbst in diese Falle hineingeraten. Sein Vorhaben, schon jetzt das Zimmer der jungen Frau zu betreten, um sie zu töten, hatte er zunächst einmal zurückgestellt. Aus dem Kopf hatte er es nicht verloren, aber der nächste Tag war noch lang genug, und Cameron wollte dieser Person noch einige Fragen stellen. Sie wußte mehr, als sie zugab, und wenn er ehrlich gegen sich selbst war, was ihm in diesem Fall nicht leicht fiel, dann kam ihm Greta Kinny sogar unheimlich vor.
Mit diesem Gedanken schloß er das Fenster wieder. Lautstark.
Perry Cameron drehte sich um. Er schlurfte zurück zu seinem Bett und legte sich nieder.
Schlaf allerdings konnte er nicht finden …
*
Cameron hatte doch geschlafen, denn am nächsten Morgen weckten ihn die durch das Fenster scheinenden Sonnenstrahlen, die sich auf seinem Gesicht und dem Bett verteilten. Es war wie in der heilen Welt des Märchens, doch sie verblaßte sehr schnell, als sich der wach gewordene Mann wieder an die Vorgänge der vergangenen Nacht erinnerte.
Sie waren schlimm gewesen.
Schlimm, grausam, lebensbedrohlich und zugleich auch unerklärlich.
Er lag wach
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