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Target 5

Target 5

Titel: Target 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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    ERÖFFNUNGSZUG
     
    Die Lokomotive
     
     
     
    Freitag, 18. Februar 1972: Mitternacht
     
    Selbst im Jahr 1972, das kaum als ein Jahr des Friedens in die Geschichte eingehen wird, war es nicht alltäglich, daß ein Expreßzug mitten in der Nacht – und dazu noch auf freier Strecke – angehalten und ein Passagier von Bewaffneten herausgezerrt wurde. Jedenfalls nicht bei einem amerikanischen Expreß.
    Daß ihm solches widerfahren könnte, daran dachte Keith Beaumont, als er sich im Bett eines Schlafwagens des Florida-Expresses entspannte, nicht einmal im Traum. Erstens brauste der Zug mit zweiunddreißig Waggons und einer Geschwindigkeit von hundertfünfzig Kilometer durch die Carolinas, während ein winterlicher Sturm gegen die verhängten Fenster schlug; und zum zweiten war der nächste planmäßige Aufenthalt mehr als zwei Stunden entfernt.
    Im Schlafwagen war es feucht, heiß und stickig, da die Fenster wegen des Sturmes fest verriegelt waren und die Zentralheizung voll aufgedreht war. So heiß, daß der große Engländer Schwierigkeiten hatte einzuschlafen. Er stützte sich auf den Ellbogen und schaute auf seine Uhr. Fast Mitternacht. Hinter dem geschlossenen Vorhang, der ihn vom Korridor trennte, legte er sich auf sein Kissen zurück, die Hände hinter seinem starken Nacken verschränkt, und träumte mit offenen Augen.
    Morgen würde er in Miami sein, Tausende von Kilometern von Grönland entfernt – weit entfernt davon, verängstigte Hunde durch heulende Schneestürme zu führen, bockende Schlitten über bröckelndes Eis zu schleppen, und weit entfernt vor allem von der endlosen Dunkelheit und Kälte, die den Verstand lähmten. Es war wunderbar, einmal wieder im Trockenen zu sein; Beaumont drückte seine Füße fest gegen das Bettende und aalte sich in der Wärme.
    Dreißig Kilometer vor dem Expreß, der durch die stürmische Nacht donnerte, standen drei bewaffnete Männer – nicht so trocken – im strömenden Regen zusammengekauert unter dem Schutzdach eines Bedarfsbahnhofes irgendwo auf freier Strecke und warteten auf den anrollenden Zug. Planmäßig sollte er, wie gesagt, erst in etwa zwei Stunden halten, aber schon stellten sich ihm die Signale in den Weg, und der Führer der riesigen Diesellok, die den sehr langen Zug schleppte, zog bereits die Bremsen an. Gefahr lag in der Luft.
    »Ich hoffe, daß er überhaupt im Zug ist«, murmelte einer der Männer in den Regenmänteln, während er eine durchweichte Zigarette zwischen den Zähnen zusammenpreßte.
    »Das ist er bestimmt«, versicherte der vierzigjährige Anführer der Gruppe seinen zwei Begleitern. »Und wir werden ihn herausholen.«
    »Es könnte heikel werden…«
    »Das hier garantiert, daß es nicht heikel wird.« Der Ältere nahm einen 45er Colt aus seiner Tasche, prüfte die Trommel und steckte ihn wieder ein. »Und denk daran, Jo, es muß echt aussehen, ganz echt.«
    Weniger als dreißig Kilometer weiter zurück starrte der Führer des Florida-Expreß besorgt in die Nacht. Das soeben passierte Signal halte, der Fahrtbestimmung gänzlich zuwider, eine Verminderung der Geschwindigkeit befohlen. Was zum Teufel ging hier vor? Er setzte die Geschwindigkeit weiter herab und zog langsam die Hauptbremsen an. Regen hämmerte gegen das Stahldach des Führerstandes. Gischtfahnen stoben vom Dach und verschwanden in der Nacht. Der Zug brauste am nächsten Signal vorbei. Rot für Gefahr, also bremsen. Verflucht, was war hier los? Er legte die Bremsen stärker an. Sie waren in der Nähe von Cedar Falls, einer nicht eingeplanten Station.
    Zwei Minuten später kam der Zug zum Stehen. Ein Donnerschlag rollte, und der Regen peitschte gegen die Waggons. Beaumont schlief in seinem Abteil gerade ein, als der Zug hielt, seine Hände lagen auf dem Laken zusammengefaltet. Er hatte die Augen geschlossen, als plötzlich die Vorhänge aufgerissen wurden und ein Mann mit durchnäßter Hutkrempe auf ihn hinabschaute, während er ihn mit einem Foto in seiner linken Hand verglich. »Er ist es, Jo«, sagte eine leise Stimme. Beaumont öffnete die Augen und starrte in die Mündung eines 45er Revolvers.
    »Tu das Ding weg«, murmelte er. »Es könnte losgehen – Ihre Hand ist klebrig.«
    Beaumont registrierte mehrere flüchtige Eindrücke: den durchnäßten Regenmantel des Mannes, der den Revolver hielt; den Dampf, der von den Ärmeln aufstieg; den verängstigten Ausdruck im Gesicht des Passagiers im gegenüberliegenden Abteil und den zweiten Mann im Regenmantel, der im

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