John Sinclair - 0977 - Liliths grausame Falle (2 of 2)
gefiel, und trotzdem hatte sie sich bewußt für das Stehenbleiben in der Finsternis entschieden, um über ihre Lage nachdenken zu können.
Da gab es die andere Frau. Wahrscheinlich die von John Sinclair gesuchte Charlotte. Eine Lilith hörige Person. Sie würde alles für diese Oberhexe tun. Foltern, morden, sich selbst umbringen einfach alles. Sie mußte voll und ganz unter dem Bann dieser Urdämonin stecken. Jane konnte sich auch vorstellen, daß Charlotte die Männer in den Brunnen geschleudert hatte. Es war bestimmt nicht schwer für sie gewesen. Ein schöner Lockvogel, und sie hatten mit ihrem Leben dafür bezahlen müssen. Charlotte war hier die Königin. Sie war furchtbar und grausam. Mitleid oder Erbarmen kannte sie nicht. Deshalb paßte sie auch hervorragend zu Lilith.
Jane war gefangen. Aus eigener Kraft würde sie es nie schaffen, den Brunnen zu verlassen. Ihr kam der Schacht himmelhoch vor. Zudem waren seine Innenwände glatt und feucht, und an den Pfählen konnte sie auch nicht in die Höhe klettern. Da hätte sie schon ein Seil haben müssen, das von oben her in die Tiefe gelassen wurde.
Es sah mehr als mies aus.
Das wußte Jane, und doch verfiel sie nicht in Panik. Wenn sie darüber nachdachte, vertraute sie sogar auf die Zukunft und damit auch auf die Neugierde der gemeinen Charlotte. Sie glaubte fest daran, daß Charlotte mehr über ihr neues Opfer herausfinden wollte. Einen Kontakt würde es bestimmt geben.
Aber wie?
Jane dachte nach, sie grübelte, sie konzentrierte sich dabei auf sich selbst und stellte fest, daß sie schwitzte und zugleich fror. Es war verdammt kalt in ihrer Umgebung, doch Durchzug hätte es eigentlich nicht geben dürfen.
Er war trotzdem da. Sie spürte ihn. Er zog an ihren Beinen entlang und strich über das Gesicht.
Schon einmal war er ihr aufgefallen. Da hatte sie nicht länger darüber nachgedacht. Jetzt wollte sie mehr wissen. Vergessen war Charlotte, auch an Lilith dachte Jane nicht mehr. Sie ging pragmatisch vor, Schritt für Schritt durchlief sie das Gefängnis und achtete darauf, an welcher Stelle sie am stärksten von diesem Durchzug erwischt wurde.
Es gab da einen Punkt.
Jane war nicht sicher. Sie probierte auch andere Orte aus – und hatte das große Glück.
Genau an einer bestimmten Stelle, sie lag zwischen zwei Pfählen, spürte sie den Durchzug am deutlichsten.
Das war es.
Nach oben konnte sie nicht. Die Öffnung lag zu weit entfernt. Also mußte es noch eine andere geben. Danach hielt Jane Ausschau. Sie feuchtete ihren Finger an, so suchte sie nach dem Windzug, während sie sich bückte.
Der Wind schien aus der Wand geströmt zu sein. Es war für den ersten Moment ein Schock, der sich änderte, denn Jane konnte sich plötzlich freuen.
Sie hatte den Ausgang entdeckt.
Es war ein Loch in der Wand. Nicht sehr groß, aber hinter dieser Brunnenwand ab es keine kompakte Mauer mehr. Da war der Weg offen. Ein Loch, eine Höhle, wie auch immer. Vielleicht ein Stollen oder ein Tunnel.
Jane Collins wollte sich nicht länger auf Vermutungen einlassen. Sie mußte es einfach versuchen.
Sie hatte Mühe, sich durch die Öffnung zu zwängen. So einfach war es nicht. Sie schrammte an den Kanten entlang, und vor ihr lag pechschwarze Dunkelheit, in die Jane hineintastete und sie bewegte.
Das eigene Keuchen begleitete sie und spornte sie sogar an. Sie mußte es packen, und sie hatte es auch geschafft, die Furcht vor der Finsternis zurückzudrängen.
Es gab nur den Weg nach vorn. Jane kam durch.
Ein letzter Ruck, und sie hatte es geschafft. Sie fiel nach vorn. Dabei rutschte sie noch aus, aber das machte ihr nichts, denn der Schacht lag hinter ihr.
Jane taumelte einige Schritte weiter. Gegen ein Hindernis stieß sie nicht. So blieb sie stehen und nahm abermals ihr Feuerzeug, um sich orientieren zu können.
Die kleine Flamme zeigte wenig genug. Was Jane allerdings sah, reichte aus.
Es gab keinen Schacht mehr. Sie sah keine Pfähle. Es lagen auch keine Leichen in der Nähe. Keine Knochen.
Ich bin relativ frei! schoß es ihr durch den Kopf. Ich kann jetzt gehen, denn die Flamme zeigte ihr eigentlich genug von der Umgebung. Jane hatte festgestellt, daß sie sich in einem Tunnel befand.
Wände rechts und links, die feucht schimmerten. Die an einigen Stellen glatt, an anderen wieder eingerissen waren, aber nie so stark, daß Einsturzgefahr bestand.
Die Detektivin wußte nicht, wohin dieser unterirdische Tunnel führte. Das eine Ziel kannte sie, das andere war ihr
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