Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Joschka, die siebte Kavallerie

Joschka, die siebte Kavallerie

Titel: Joschka, die siebte Kavallerie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
Vom Netzwerk:
hämmerte ihre Musik. Aber die stampfte und hämmerte auch die Wut aus mir raus. Urplötzlich stand ich im Loch in der Mauer und starrte auf die Flammenmützen hinab. Die feierten ihren Sieg. Sie schwangen in der Halfpipe herum, sprangen über Rampen hinweg oder rappten und wippten einfach nur zur Musik.
    Doch das interessierte mich nicht. Ich suchte Gonzales und Sexy James. Mit denen hatte ich ein Hühnchen zu rupfen, und als ich sie auf der Funbox entdeckte, vergaß ich, dass ich erst sieben Jahre alt war – und allein.
    „Hey Gonzo, hey James!“, schrie ich und ballte die Fäuste.
    Die beiden schauten überrascht zu mir her. Aber nicht nur die beiden. Alle Flammenmützen bremsten ihre Boards abrupt ab, verschluckten sich am eigenen Rap und „Pickels“, der spindeldürre und langnasige Schattenschleimer mit der olivgrünen Mütze, schaltete den Ghettoblaster aus.
    Die Stille danach war tödlich.
    Gonzo kam einen Schritt auf mich zu. Der Kerl war mindestens vierzehn, und er hatte ein Dutzend Freunde um sich.
    „Was ist?“, fragte er und seine Stimme klirrte dabei wie zu dünnes Eis unter messerscharfen Schlittschuhkufen. „Ich dachte, unser Date ist beendet.“
    ,Halt bloß die Klappe!‘, raunte mein Schutzengel und meinte es ernst.
    Er hockte auf meiner Schulter.
    ,Beiß dir von mir aus die Zunge ab, hörst du! Aber sag kein Wort! Hau einfach ab. Mach die Fliege!‘

    ,Nein! Das tu ich nicht!‘ fuhr ich ihm über den Mund. ,Ich laufe nicht weg! Hier geht es um etwas, was du nicht kapierst. Um Würde und Stolz! Ja, verflixt! Und deshalb kannst du mich mal!‘
    Ich holte tief Luft. Und dann hielt ich eine Rede, die so wahnsinnig war, dass mein Schutzengel die Arme über dem Kopf zusammenschlug und in einem Sturzbach aus Tränen zerfloss.
    „Hey Gonzo und James!“, schrie ich noch mal. „Euer Trick mit der Schmierseife hat einen Bart. Einen Bart, der so lang ist wie die Nase von Pickels. Wir haben ihn schon im letzten Jahr gegen den Dicken Michi benutzt. Worauf ihr Gift nehmen könnt! Ich hab ihn nur nicht bemerkt, weil ich mitten in einem Wettrennen stecke. Ja, und deshalb rat ich euch eins: Ich geb euch drei Tage. Drei Tage, hört ihr? Dann liegt mein Maskottchen, der Wilde Kerl , sauber und gekämmt bei Willi im Kiosk.“
    „Ach ja? Und wenn nicht?“, spottete James.
    „Dann solltet ihr alle Löcher und Ritzen eurer Nebelburg verstopfen und hoffen, dass ihr nie mehr aus ihr rausgehen müsst.“
    „Ohoh! Ich mach mir vor Angst in die Hosen!“, gluckste Pickels, der Schleimer, wie ein verstopfter Abfluss.
    Doch eine Handbewegung von Wilson „Gonzo“ Gonzales würgte ihn ab.
    „Ich höre!“, sagte er nur.
    Ich biss mir vor Schreck auf die Zunge.
    „Weil ...“, stammelte ich. „Weil ..., weil wir Hallen-Stadtmeister sind! Ja, ganz genau! Weil die Wilden Fußballkerle die Stadt beherrschen. Du kannst es überall lesen. ,Sei wild!‘ und ,Alles ist gut, solange du wild bist!‘ wurde von uns an jede Mauer gesprüht. Ja, wir sind nämlich seit Jahren da draußen, während ihr euch hier in eurer Räuberhöhle versteckt, mit Holzbrettchen auf Rädern herumspielt und Händchen haltet mit Mädchen, die glauben, dass ‚sexy‘ so viel heißt wie ‚wild‘. Igitt und pfui Teufel! Ich schäm’ mich für euch. Ihr seid Weichburger, Schlappschwänze. Ihr parkt eure Skateboards im Schatten. Ja, und deshalb rate ich euch! Nein! Ich warne euch: Drei Tage und der Wilde Kerl ist im Kiosk. Sonst ... sonst ... ja, sonst!“
    Extra-touristische Tellergans! Mir fiel nichts ein. Mir fiel nichts ein, weil mir nichts einfallen konnte. Die Flammenmützen waren doppelt so alt wie ich.
    „Sonst? Sonst? Ja, sonst?“, äffte Pickels mich nach.
    „Sonst nichts!“, antwortete Gonzales für mich und nahm mich fest ins Visier. Seine Augen verengten sich unheilvoll und seine Stimme klang wie das Eis, auf dem ich jetzt einbrechen sollte.
    „Ich habe alles gehört. Sag das deinen Freunden. Und sag ihnen, dass es die Wilden Fußballkerle bald nicht mehr gibt. Ich hasse Fußball, weißt du? Und ich kann diese Amateurkindergartenkicker in meiner Stadt nicht mehr ertragen!“
    Ich fiel beinah von der Mauer. Im letzten Moment hielt ich mich fest. Doch Wilson „Gonzo“ Gonzales interessierte sich nicht mehr für mich. Grinsend gab er Pickels ein Zeichen. Der drückte den Knopf. Der Monster-Ghettoblaster sprang an und der hämmernde Rhythmus ihrer Musik ließ die Nebelburgmauer erzittern. Dazu begannen Wilson Gonzales und Sexy

Weitere Kostenlose Bücher