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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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Wahrheit ja gar keine warf, sage doch, wäre das ein so großes Übel gewesen?«
    Die Prüfung
    »Du bist klug«, sagte Jaakob, indem er die Hand auf Josephs Haupt, die er während der Rechnung hatte ruhen lassen, wieder in Bewegung setzte, und sogar in lebhaftere als vorher, »du bist klug, Jaschup, mein Sohn. Dein Kopf ist außen hübsch und schön, wie Mami’s war« (er gebrauchte den Kosenamen, mit dem der kleine Joseph die Mutter genannt hatte und der babylonischer Herkunft war: der irdisch-trauliche Name der Ischtar), »und innen gar scharf und fromm. So lustig war auch der meine, als ich nicht mehr Umläufe zählte als du, aber er ist schon etwas müde worden von den Geschichten, nicht nur von den neuen, sondern auch von den alten, die auf uns gekommen sind und die es zu bedenken gilt; ferner von den Schwierigkeiten und von Abrahams Erbe, das mir ein Sinnen ist, denn der Herr ist nicht deutlich. Möge immerhin sein Antlitz zu sehen sein wie das Antlitz der Milde, so ist es doch auch zu sehen wie Sonnenbrand und wie die lohe Flamme; und hat Sodom zerstört mit Glut, und es geht der Mensch hindurch durch das Feuer des Herrn, um sich zu reinigen. Die fressende Flamme ist er, die das Fett des Erstlings verzehrt am Fest der Tagesgleiche, draußen vor dem Zelt, wenn es dunkel ward und wir innen sitzen mit Zagen und vom Lamme essen, dessen Blut die Pfosten färbt, weil der Würger vorübergeht ...«
    Er unterbrach sich, und seine Hand wich von Josephs Haar. Der blickte auf und mußte sehen, daß der Greis das Gesicht mit den Händen bedeckt hielt und daß er zuckte.
    »Was ist meinem Herrn!« rief er bestürzt, indem er sich eilig herumwarf und mit den Händen gegen die des Alten hinaufstrebte, ohne eine Berührung zu wagen. Er hatte zu warten und noch einmal zu bitten. Jaakob veränderte seine Stellung nur zögernd. Als er sein Gesicht enthüllte, schien es zügig vergrämt und drang mit mühseligen Augen neben dem Knaben hin ins Leere.
    »Ich gedachte Gottes mit Schrecken«, sagte er, und seine Lippen schienen schwer beweglich. »Da war mir, als sei meine Hand die Hand Abrahams und läge auf Jizchaks Haupt. Und als erginge seine Stimme an mich und sein Befehl ...«
    »Sein Befehl«, fragte Joseph mit einer vogelhaft kurzen und herausfordernden Kopfbewegung ...
    »Der Befehl und die Weisung, du weißt es, denn du kennst die Geschichten«, antwortete Jaakob versagenden Tones und saß vorgebeugt, die Stirn gegen die Hand gelehnt, in der er den Stab hielt. »Ich habe sie vernommen, denn ist Er geringer als Melech, der Baale Stierkönig, dem sie der Menschen Erstgeburt bringen in der Not und überliefern bei heimlichem Fest die Kindlein in seine Arme? Und darf er nicht fordern von den Seinen, was Melech fordert von denen, die ihn glauben? Da forderte er es denn, und ich vernahm seine Stimme und sprach: ›Hier bin ich!‹ Und mein Herz stand still, mein Atem ging nicht. Und gürtete einen Esel in der Frühe und nahm dich mit mir. Denn du warst Isaak, mein Spätling und Erstling, und ein Lachen hatte der Herr uns zugerichtet, als er dich anzeigte, und warst mein ein und alles, und auf deinem Haupte lag alle Zukunft. Und nun forderte er dich mit Recht, wenn auch gegen die Zukunft. Da spaltete ich Holz zum Brandopfer und legte es auf den Esel und setzte das Kind dazu und zog aus mit den Hausknechten von Beerscheba drei Tage weit hinab gegen Edom und das Land Muzri und gegen Horeb, seinen Berg. Und als ich den Berg des Herrn von ferne sah und den Gipfel des Berges, ließ ich den Esel zurück mit den Knaben, daß sie auf uns warteten, und legte auf dich das Holz zum Brandopfer und nahm das Feuer und Messer, und wir gingen allein. Und als du mich ansprachst: ›Mein Vater?‹, da vermochte ich nicht zu sagen: ›Hier bin ich‹, sondern meine Kehle winselte unversehens. Und als du mit deiner Stimme sagtest: ›Wir haben Feuer und Holz; wo ist aber das Schaf zum Brandopfer?‹, da konnte ich nicht antworten, wie ich hätte müssen, daß der Herr sich schon ersehen werde ein Schaf, sondern mir wurde so weh und übel, daß ich hätte mögen meine Seele aus mir speien mit Tränen, und winselte neuerdings, so daß du mit deinen Augen nach mir blicktest von der Seite. Und da wir zur Stätte kamen, baute ich den Schlachttisch aus Steinen und legte das Holz darauf und band das Kind mit Stricken und legte es obenauf. Und nahm das Messer und bedeckte mit der Linken dein Augenpaar. Und wie ich das Messer zückte und des Messers

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