Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
Segen! Aber es erkenne mein Herr, wie mächtig auch der mütterliche war und der Mondsegen, an den starken Stellungen von Sin und Ischtar! Da ist es denn wohl der Witz, der erzeugt wird, zum Beispiel in dem Gegenscheine von Nabu zu Nergal, von dem vorherrschenden Schreiber und dem harten Licht des rückläufigen Bösewichts im Ziegenfisch; und wird erzeugt, damit er den Geschäftsträger und Unterhändler mache zwischen Vatererbe und Muttererbe und ausgleiche zwischen Sonnengewalt und Mondesgewalt und den Tagessegen lustig versöhne mit dem Segen der Nacht ...«
Das Lächeln, mit dem er abbrach, war etwas verzerrt, aber Jaakob, über und hinter ihm, sah es nicht. Er sagte:
»Eliezer, der Alte, ist vielerfahren und hat mancherlei Weistümer gesammelt und sozusagen Steine gelesen aus der Zeit vor der Flut. Auch hat er dich allerlei Wahres und Würdiges gelehrt von den Anfängen, den Herkünften und Bewandtnissen und allerlei Nützliches, das sich gebrauchen läßt in der Welt. Aber von manchem Dinge ist nicht mit Sicherheit auszusagen, ob es den wahren und nützlichen beizuzählen sei, und mein Herz schwankt in Zweifel, ob er gut tat, dir die Künste anzuzeigen der Sterndeuter und Zauberer von Sinear. Denn ich halte zwar meines Sohnes Kopf für wert alles Wissens, aber ich wüßte nicht, daß unsere Väter in den Sternen gelesen hätten oder daß Gott den Adam angewiesen hätte, es zu tun, und ich besorge und zweifle, ob es nicht etwa dem Lichterdienst gleichkomme und vielleicht ein Greuel sei vor dem Herrn und ein zwiefältig dämonisch Mittelding zwischen Frommheit und Abgötterei.« Er schüttelte bekümmert das Haupt, in seinem persönlichsten Zustand befangen, nämlich in dem des Grames um das Rechte und der sinnenden Sorge um die Undeutlichkeit Gottes.
»Vieles ist zweifelhaft«, antwortete Joseph, wenn das eine Antwort war, was er äußerte. »Ist es beispielsweise die Nacht, die den Tag verbirgt, oder verhält es sich gegenteilig, so daß dieser die Nacht verbärge? Dies zu bestimmen wäre von Wichtigkeit, und oft habe ich es erwogen auf dem Felde und in der Hütte, um, wenn ich zur Gewißheit gelangte, Folgerungen daraus zu ziehen auf die Tugend des Sonnensegens und die Tugend des Mondessegens sowie auf die Schönheit des Vater- und Muttererbes. Denn es ging mein Mütterchen, deren Wangen dufteten wie das Rosenblatt, hinab in die Nacht, da sie mit dem Bruder niederkam, der noch in den Zelten der Weiber wohnt, und wollte ihn sterbend Ben-Oni heißen, zumal bekannt ist, daß zu On in Ägypterland der Sonne liebster Sohn, Usiri, seine Stätte hat, der ist der König der Unteren. Du aber nanntest das Knäblein Ben-Jamin, damit kund werde, daß er ein Sohn der Rechten und Liebsten sei, und auch das ist ein schöner Name. Dennoch gehorche ich dir nicht immer, sondern nenne den Bruder zuweilen Benoni, und er hört gern darauf, weil er weiß, daß Mami scheidend es einen Augenblick so gewollt hat. Die ist nun in der Nacht und liebt uns aus der Nacht, den Kleinen und mich, und ihr Segen ist Mondessegen und ein Segen der Tiefe. Weiß nicht mein Herr von den zwei Bäumen im Garten der Welt? Von dem einen kommt her das Öl, womit man die Könige der Erde salbt, auf daß sie leben. Von dem anderen kommt her die Feige, grün und rosig und voll süßer Granatkerne, und wer davon ißt, der wird des Todes sterben. Aus seinen breiten Blättern machten Adam und Heva sich Schurze, ihre Scham zu bedecken, da Erkennen ihr Teil geworden unter dem Vollmond der Sommersonnenwende, da er seinen Hochzeitspunkt durchschritt, auf daß er abnähme und stürbe. Öl und Wein sind der Sonne heilig, und wohl dem, dessen Stirn vom Öle trieft und dessen Augen trunken schimmern vom roten Wein! Denn seine Worte werden helle sein und ein Lachen und Trost den Völkern, und wird ihnen ersehen den Widder in der Hecke zum Opfer für den Herrn statt der Erstgeburt, so daß sie genesen von Qual und Angst. Aber die süße Feigenfrucht ist dem Monde heilig, und wohl ihm, den das Mütterchen speist aus der Nacht mit ihrem Fleische. Denn er wird wachsen wie an einer Quelle und seine Seele Wurzeln haben, woher die Quellen kommen, und wird sein Wort leibhaft sein und lustig wie der Erdenleib, und bei ihm wird sein der Geist der Weissagung ...«
Wie sprach er? Er flüsterte. Es war, wie früher schon einmal, bevor der Vater ihn fand, es war nicht geheuer. Er verstellte die Schultern, die Hände zitterten auf seinen Knien, er lächelte, aber dabei,
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