Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
des Hergebrachten durch das Besondere solche Schrecknisse ausschließen wird?«
Joseph lächelte. Es war hier, daß er die verzeichnete, oft als gewandt und höflich gerühmte Antwort gab:
»Gott wird doch Pharao Gutes weissagen.«
»Du sagst ›Gott‹«, forschte Amenhotep. »Du sagtest es mehrmals schon. Welchen Gott meinst du? Da du von Zahi bist und von Amu, nehme ich an, daß du den Ackerstier meinst, den sie Baal, den Herrn, nennen im Osten?«
Josephs Lächeln wurde verschwiegen. Er schüttelte den Kopf dazu.
»Meine Väter, die Gottesträumer«, sagte er, »schlossen ihren Bund mit einem andern Herrn.«
»Dann kann es nur Adonai, der Bräutigam, sein«, sagte der König schnell, »um den die Flöte klagt in den Schluchten, und der aufersteht. Du siehst, Pharao weiß sehr genau Bescheid unter den Göttern der Menschen. Alles muß er kennen und prüfen und ein Goldwäscher sein, der das Körnchen Wahrheit aus dem Absurden läutert, damit es helfe, die Lehre zu vervollkommnen von seinem ehrwürdigen Vater. Pharao hat es schwer, aber auch gut, sehr gut, und so ist’s königlich. Ich habe das ausgemacht dank meiner Begabtheit. Wer es schwer hat, soll es auch gut haben, aber nur er. Denn es nur gut zu haben, ist ein Ekel; aber es nur schwer zu haben, ist auch nicht das Rechte. Wie meine Majestät beim großen Tributfest in dem schönen Kiosk der Erscheinung sitzt neben der süßen Gemahlin, und die Boten der Völker, Mohren, Libyer und Asiaten führen in unaufhörlichem Zuge die Abgaben der Welt, Gold in Barren und Ringen, Elfenbein, Silber in Vasenform, Straußenfedern, Rinder, Byssus, Geparden und Elefanten an mir vorüber, – also auch sitzt der Herr der Kronen nur da in der Schönheit seines Palastes inmitten der Welt und empfängt in gebührender Bequemlichkeit den Gedankentribut der bewohnten Erde. Denn, wie mir schon zu erwähnen gefiel: es lösen die Sänger und Seher fremder Götter einander ab, die an meinen Hof kommen aus sämtlichen Gegenden, von Persien, dessen Gärten man rühmt, und wo man glaubt, daß einst die Erde plan und eben sein wird und alle Menschen einerlei Lebensart, Recht und Sprache haben werden; von India, vom Land, wo der Weihrauch wächst, vom sternkundigen Babel und von den Inseln des Meeres. Sie alle besuchen mich, sie ziehen vorüber an meinem Stuhl, und meine Majestät unterhält sich mit ihnen, wie sie sich jetzt mit dir, dem besonderen Lamm, unterhält. Sie tragen mir das Frühe und Späte vor, das Alte und Neue. Zuweilen hinterlassen sie merkwürdige Souvenirs und göttliche Abzeichen. Siehst du das Spielwerk hier?« Und er hob das gewölbte, besaitete Ding aus seinem Schoß und zeigte es Joseph.
»Ein Lautenspiel«, stellte dieser fest. »Es ist wohl angebracht, daß Pharao das Zeichen der Anmut und Güte in seinen Händen hält.«
Er sagte dies aber, weil das Schriftzeichen für das ägyptische »Nofert«, was zugleich Anmut und Güte bedeutet, die Laute ist.
»Ich sehe«, versetzte der König, »daß du dich auf die Künste des Thot verstehst und ein Schreiber bist. Ich denke, daß das mit der Würde des Ich zusammenhängt, worin sich das bindende Muster der Tiefe erfüllt. Aber dies Stück ist noch für anderes ein Zeichen, als nur für Anmut und Güte, nämlich für eines fremden Gottes Verschmitztheit, der ein Bruder des Ibisköpfigen sein mag oder sein anderes Selbst, und der als Kind dies Spielwerk erfand, da er einem Tiere begegnete. Kennst du die Schale?«
»Es ist einer Schildkröte Schale«, bekannte Joseph.
»Du hast recht«, bestätigte Amenhotep. »Diesem weisen Tier begegnete das durchtriebene Gott-Kind, das in einer Höhle der Felsen geboren war, und es fiel seinem Witze zum Opfer. Denn es raubte ihm keck den Hohlschild und spannte Saiten darüber, und auch ein Paar Hörner, wie du siehst, befestigte es daran: da gab es die Leier. Ich sage nicht, daß dies hier dasselbe Spielzeug ist, das der Gott-Schalk verfertigte. Auch der Mann behauptete das nicht, der es mir brachte und schenkte, ein Seefahrer von Kreta. Nur nachgebildet mag es jenem wohl sein zum spaßhaft frommen Gedenken und war nur eine Beigabe zu den mancherlei Stückchen, die der Kreter dem Pharao von dem Wickelkinde der Höhle erzählte. Denn immer machte der Kleine sich auf und davon aus der Höhle und seinen Windeln, um Stückchen zu treiben. So stahl er, man glaubt es nicht, die Rinder des Sonnengottes, seines älteren Bruders, vom Hügel weg, wo sie weideten, da jener untergegangen
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