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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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wichtig, verstehst du? Denn wie der Vater in mir ist und ich in ihm, so sollen alle eines werden in uns, das ist das Ziel. Dein Werk aber, im rechten Geiste geschaffen, kann vielleicht ein wenig dazu beitragen, daß alles eins werde in ihm und mir. – Und du, guter Bek ...«
    »Bedenke Auta«, ließ sich hier die fast männlich tiefe Stimme der Göttin-Witwe von ihrem Hochsitze her vernehmen, »bedenke immer, daß Pharao es schwer hat, sich uns verständlich zu machen, und daß er wohl etwas mehr sagt, als er meint, damit das Verständnis ihm bis zu dem Gemeinten folge. Was er meint, ist nicht, daß du die süße Prinzessin Baketatôn essend darstellen sollst, wie sie in die Frucht beißt; sondern du sollst ihr den Granatapfel nur in die Hand geben und sie den Arm leise heben lassen, sodaß man vermuten mag, sie wolle das Obst allenfalls zum Munde führen, das wird des Neuen genug sein und ist das Gemeinte, wohin Pharao dich bringen will, wenn er sagt, daß du sie sollst davon essen lassen. Auch mußt du etwas von dem abziehen, was seine Majestät von der hängenden Hand sagte, daß du die gehöhlte solltest gänzlich nach hinten kehren. Drehe sie nur leicht vom Körper weg, nur zur Hälfte, das ist das Gemeinte und wird dir Lob und Tadel genug eintragen. Dies zur Verständigung.«
    Ihr Sohn schwieg einen Augenblick.
    »Hast du verstanden?« fragte er dann.
    »Ich habe«, antwortete Auta.
    »So wirst du verstanden haben«, sagte Amenhotep, indem er auf das leierartige Gerät in seinem Schoße niederblickte, »daß die große Mutter natürlich etwas weniger sagt, als sie meint, indem sie meine Worte zu dämpfen sucht. Du kannst die Hand mit der Frucht schon ziemlich weit gegen den Mund führen, und was die freie betrifft, so ist’s ja ohnehin nur eine halbe Drehung, wenn du ihre Fläche vom Körper wegdrehst nach hinten, denn ganz nach außen herum dreht niemand die Fläche, und du würdest gegen die lichte Wahrheit verstoßen, wenn du’s so machtest. Da siehst du, wie weislich die Mutter mein Wort gedämpft hat.«
    Verschmitzt lächelnd blickte er auf vom Gerät, wobei er kleine, zu blasse, zu durchsichtige Zähne zwischen den vollen Lippen zeigte, und blickte zu Joseph hinüber, der ihm entgegenlächelte. Übrigens lächelten auch die Königin und die Handwerksmeister.
    »Und du, guter Bek«, fuhr er fort, »reise, wie ich dir’s auftrug! Reise nach Jebu, reise ins Elephantenland und hole vom roten Granit, der dort wächst, eine schöne Menge, und zwar von dem allerherrlichsten, der mit Quarz und schwärzlichem Glimmer durchsetzt ist, du weißt schon, an welchem mein Herz hängt. Siehe, der Pharao will das Haus seines Vaters zu Karnak schmükken, daß es Amuns Haus übertreffe, wenn nicht an Größe, so doch an Kostbarkeit des Gesteines, und der Name ›Glanz des großen Atôn‹ sich immer mehr einbürgere für seinen Distrikt, als Übergang dazu, daß vielleicht Wêset selbst, die ganze Stadt, eines Tages einmal den Namen ›Stadt des Glanzes Atôns‹ annehmen möchte im Munde der Menschen. Du kennst meine Gedanken, und ich vertraue auf deine Liebe zu ihnen. Reise, du Guter, reise sogleich! Pharao wird hier sitzen in seinen Kissen, und du wirst in die Ferne reisen stromauf und die Beschwerden tragen, die es kostet, den roten Stein zu gewinnen und ihn in schöner Menge hinabzuschleppen und -zuschiffen nach Theben. So ist es, und so sei es denn auch. Wann wirst du reisen?«
    »Morgen früh«, antwortete Bek, »wenn ich Weib und Haus versorgt. Und die Liebe zu unserem süßen Herrn, dem schönen Kinde des Atôn, wird mir Reise und Mühen so leicht machen, als säße ich in den weichsten Kissen.«
    »Gut, gut, und geht nun, ihr Männer! Packt ein und geht, ein jeder zu seinem Werke. Pharao hat wichtige Geschäfte; nur äußerlich ruht er in den Kissen, innerlich ist er höchst angespannt, eifrig und sorgenvoll. Eure Sorgen sind zwar schön, aber gering im Vergleich mit seinen. Lebt wohl und geht!«
    Er wartete, bis die Meister sich verehrend zurückgezogen hatten, sah aber unterdessen schon Joseph an.
    »Tritt nahe, Freund!« sagte er, als der Bienenvorhang sich hinter ihnen geschlossen hatte. »Tritt, bitte, näher heran, lieber Chabire von Retenu, fürchte dich nicht und erschrick nicht vor deinen Tritten, komm nur ganz nahe! Dies ist die Mutter Gottes, Teje, die Millionen Jahre lebt. Und ich bin Pharao. Aber denke nicht weiter daran, daß du nicht erschrickst. Pharao ist Gott und Mensch, aber er legt soviel

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