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Judasbrut

Judasbrut

Titel: Judasbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Fink
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»Tschüss,
Opa. Ich habe heute sechs Stunden. Kann sein, dass ich anschließend noch mit zu
Pia gehe.«
    »Dann
rufst du an und sagst Bescheid«, ordnete Maria an.
    »Ja,
Mama. Und ja – ich hab mein Handy einstecken.«
    Maria
deutete einen Klaps an, dem Franzi kichernd auswich.
    Hermann,
der wieder auf dem Weg in die Küche war, rief über seine Schulter: »Is scho
recht. Ade ihr zwei.«
    Kurz
darauf startete Maria den Wagen und setzte schwungvoll rückwärts aus der
Einfahrt des Einfamilienhauses im Erlanger Stadtteil Dechsendorf.
    Franzi
schaltete das Radio ein. »Opa ist echt nicht gut drauf heute.«
    »Er ist
halt nicht gern allein.« Maria bog in die Naturbadstraße ein. »Es war ja nicht
abzusehen, dass Oma ausgerechnet ihre Knie-OP vorziehen kann, wenn wir in
Urlaub sind.«
    »Oma
ist erst letzten Donnerstag ins Krankenhaus gekommen und er hat sie jeden Tag
besucht. So schlimm kann das eigentlich nicht sein.«
    »Oh
doch. Die beiden sind fast fünfzig Jahre verheiratet und waren noch nie für
längere Zeit getrennt.«
    Franzi
grinste. »Dabei hat man manchmal das Gefühl, sie wünschen sich gegenseitig auf
den Mond. Wie lange muss sie eigentlich in der Klinik bleiben?«
    »Ungefähr
drei Wochen, glaube ich. Anschließend noch zur Reha.«
    »Tolle
Aussichten«, meinte Franzi düster. »Hoffentlich kann sie danach mit ihrem
Ersatzteil im Knie wieder gut laufen.«
    »Erst
mal auf Krücken«, seufzte Maria. »Ich bin gespannt, wie es ihr heute geht. Ich
fahre gleich nach der Arbeit hin.«
    »Hm.«
Franzi sah aus dem Fenster, während sie im Takt zu ›Poker face‹ nickte. »Und
was wollte Olaf?«, fragte sie betont beiläufig.
    Maria
verkniff sich ein Grinsen. »Wissen, wie der Urlaub war.«
    »Aha.«
Franzi nickte weiter und bewegte ihre Lippen stumm zum Refrain. »Und sonst?«
    »Sonst?«
    »Ach
komm schon, Mama, du weißt genau, was ich meine. Er war sauer, weil du gesagt
hast, er soll nicht mit uns nach Mallorca kommen, nachdem du gemerkt hast, dass
er ganz zufällig für die Zeit Urlaub eingereicht hat. Ist er das immer
noch?« Die Intonation der letzten beiden Worte lag um eine Terz höher als bei
einer gewöhnlichen Frage.
    »Nein.«
    »Oh.«
Pause. Dann sagte sie: »Gut.«
    Da
Maria keine Lust hatte, sich die Laune am Morgen ihres ersten Arbeitstages
durch die leidige Diskussion über die Aversion ihrer Tochter gegen ihren Freund
vollends verderben zu lassen, drehte sie den Lautstärkeknopf am Radio nach
rechts, um den Rest der Nachrichten zu hören.
    »…hard
Eichmüller, der Leiter des in Erlangen ansässigen Felix-d’Herelle Instituts für
Medizinforschung, ist auf dem Wege der Besserung. Nach seiner Frau, die Ärztin Dr.
Sara Eichmüller, wird mit Hochdruck gefahndet.
    Genf:
Die Zahl der durch Schweinegrippe Infizierten wächst stetig. Die
Weltgesundheitsorganisation … «
    In
diesem Moment ertönte von irgendwo aus dem Beifahrerfußraum die gedämpfte
Melodie von ›Hotel California‹.
    »Franzi,
hol bitte mein Handy raus. Das ist Paul«, wies Maria ihre Tochter an.
    Anstatt
das Handy an die Freisprecheinrichtung anzuschließen, nahm Franzi das Gespräch
entgegen und flötete: »Guten Morgen, Onkel Paul. Wie viele Verbrecher hast du
heute schon gejagt?« Franzi lauschte andächtig auf die Antwort. »Ja, gestern Nacht. Es war to-tal spät.« Sie warf einen Seitenblick zu Maria, die ihr
bedeutete, dass sie das Handy gefälligst in die Vorrichtung stecken sollte.
»Wir haben verschlafen und Mama fährt mich gerade zur Schule und kann nicht ans
Telefon … « Sie warf ihrer Mutter einen kopfschüttelnden Hundeblick zu, den
Maria mit einem Seufzer quittierte. »… nö, der war ja nicht mit, weil Mama das
nicht wollte … ja echt super … « Begeistert erzählte Franzi
von ihrem einwöchigen Urlaub, während Maria am Europakanal entlangfuhr und ihn
am Kosbacher Damm überquerte. »… und dann sind wir noch mit dem Mietwagen nach
Sa Calobra gefahren … oh, Mama, lass mich raus. Da ist Pia.«
    »Macht
zehn Euro, die Dame.« Sie streckte die Hand aus.
    Franzi
drückte ihr das Handy hinein und einen Kuss auf die Wange: »Danke, Mama!«, und
war schon auf dem Weg zu ihrer Freundin.
    Maria
stellte den Motor ab. »Zur Schule geht es nach links«, stellte sie
kopfschüttelnd fest, während sie das Handy ans Ohr hob. »Von wegen zu spät … morgen, Paul!«
    Paul
Holzapfel, Erster Kriminalhauptkommissar, war während ihrer Dienstzeit im
Polizeipräsidium Mittelfranken ihr Vorgesetzter und Mentor

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