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Jugend

Jugend

Titel: Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Conrad
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arme alte Kapitän Beard sah wie der Geist eines Kohlenschiffers aus – wegen all des Ärgers und der Demütigungen. Bedenkt, er war sechzig Jahre alt, und dies war sein erstes Kommando. Mahon meinte, es sei eine faule Sache und werde noch schlimm ausgehen. Ich liebte das Schiff mehr denn je und wollte schrecklich gern nach Bangkok. Nach Bangkok! Zaubername, segensvoller Name. Mesopotamien war nichts dagegen. Vergeßt nicht, ich war zwanzig, und dies war meine erste Stellung als Zweiter Offizier, und der Osten erwartete mich.
    Wir verließen den Hafen und ankerten auf Außenreede mit einer neuen Mannschaf – der dritten. Die Bark leckte ärger denn je. Es war, als hätten diese verflixten Zimmerleute sie tatsächlich angebohrt. Diesmal kamen wir gar nicht erst fort. Die Mannschaf weigerte sich einfach, das Ankerspill zu besetzen.
    Sie schleppten uns zurück zum Innenhafen, und wir wurden zu einem Inventarstück, einem Wahrzeichen, einer Sehenswürdigkeit des Ortes. Die Leute wiesen Besucher auf uns hin als ›diese Bark da, geht nach Bangkok – seit sechs Monaten hier – dreimal umgekehrt‹. An Feiertagen wurden wir von den kleinen Jungen, die in ihren Booten umherruderten, angerufen: ›Judea ahoi!‹ Und wenn sich ein Kopf über dem Schanzkleid zeigte, brüllten sie: ›Wohin geht die Reise? – nach Bangkok?‹ und dann johlten sie. Wir waren nur noch zu dritt an Bord. Der arme alte Kapitän döste in der Kajüte vor sich hin. Mahon nahm das Kochen auf sich und entwickelte die ganze Genialität eines Franzosen im Zubereiten leckerer kleiner Gerichte. Ich kümmerte mich träge um die Takelage. Wir wurden Bürger von Falmouth. Jeder Ladenbesitzer kannte uns. Beim Barbier oder Tabakshändler fragte man uns vertraulich: ›Meinen Sie, daß Sie wirklich je nach Bangkok kommen werden?‹ Unterdessen zankten sich der Eigner, die Versicherungsleute und die Befrachter miteinander in London, und unsere Heuer lief weiter … Bitte, die Flasche.
    Es war greulich. Moralisch war es schlimmer als ums liebe Leben pumpen. Es sah so aus, als seien wir von der Welt vergessen worden, gehörten niemandem, würden nirgendwo landen; es sah aus, als seien wir dazu verdammt, für alle Zeiten in jenem Innenhafen zu leben, zum Hohn und Gespött für ganze Generationen von Küstenbummlern und ehrlosen Bootsführern. Ich erhielt für drei Monate Heuer und fünf Tage Urlaub und machte eine Blitztour nach London. Ich benötigte einen Tag, um hinzukommen, und nahezu einen weiteren für die Rückreise – dennoch ging die Dreimonatsheuer dabei drauf. Ich weiß nicht, was ich damit anstellte. Ich ging ins Varieté, glaube ich, speiste in einem hocheleganten Lokal in der Regent Street zu Mittag und zu Abend und war pünktlich zurück, ohne als Ergebnis meines dreimonatigen Dienstes mehr vorweisen zu können als eine vollständige Ausgabe der Werke Byrons und eine neue Reisedecke. Der Bootsführer, der mich zum Schiff übersetzte, sagte: ›Hallo! Ich dachte schon, Sie hätten den alten Kasten verlassen. Der kommt bestimmt nicht mehr nach Bangkok.‹ ›Damit sind Sie mit Ihrer Weisheit wohl am Ende‹, sagte ich verächtlich – doch die Prophezeiung gefiel mir nicht.
    Unversehens erschien ein Mann, irgend jemandes Agent, mit unbeschränkten Vollmachten. Sein Gesicht war mit Schnapsblüten übersät, er besaß eine unverwüstliche Energie und war eine lustige Haut. Wir erwachten wieder zu Leben. Eine Hulk kam längsseits und nahm unsere Ladung über, und dann gingen wir ins Trockendock, um unseren Kupferbelag abnehmen zu lassen. Kein Wunder, daß das Schiff leckte. Das arme Ding, das von dem Sturm so unerträglich überanstrengt worden war, hatte, wie aus Abscheu, alles Werg seiner unteren Nähte ausgespien. Es wurde von neuem kalfatert, neu mit Kupfer belegt und undurchlässig wie eine Flasche gemacht. Wir gingen zur Hulk zurück und nahmen unsere Ladung wieder über. Dann verließen in einer schönen Mondnacht alle Ratten das Schiff.
    Sie hatten uns arg geplagt, hatten unsere Segel zernagt, mehr von den Vorräten vertilgt als die Mannschaf, hatten traulich die Betten mit uns geteilt und die Gefahren, und jetzt, da das Schiff seetüchtig gemacht worden war, beschlossen sie, sich aus dem Staub zu machen. Ich rief Mahon herbei, damit er sich das Schauspiel ansehe. Ratte um Ratte erschien auf unserem Schanzkleid, warf noch einen Blick zurück und sprang dann mit einem Plumps in die leere Hulk. Wir versuchten, sie zu zählen, kamen aber

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