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Jugend

Jugend

Titel: Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Conrad
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bald nicht mehr mit. Mahon sagte: ›Na, na! Reden Sie mir nicht von der Klugheit der Ratten. Sie hätten uns schon früher verlassen sollen, als wir mit Ach und Krach dem Schifruch entgingen. Da haben Sie den Beweis dafür, wie dumm dieser Rattenaberglaube ist. Sie ziehen von einem guten Schiff ab, um auf eine alte, verrottete Hulk überzuwechseln, wo es obendrein nichts zu nagen und zu beißen gibt, die Narren! … Ich glaube nicht, daß sie besser wissen als Sie oder ich, was sicher oder gut für sie ist.‹
    Und nachdem wir die Unterhaltung noch etwas länger fortgesponnen hatten, kamen wir zu dem Schluß, daß die Weisheit der Ratten erheblich überschätzt wurde, da es mit ihr tatsächlich nicht weiter her war als mit der der Menschen. Die Geschichte des Schiffes war inzwischen den ganzen Kanal hinauf bekanntgeworden, von Landsend bis zu den Foreland, und wir konnten an der Südküste keine Leute bekommen. Sie sandten uns eine komplette Mannschaf von Liverpool herüber, und wir gingen abermals in See – nach Bangkok.
    Bis in die Tropen hatten wir günstigen Wind und glatte See, und die alte Judea zockelte im Sonnenschein dahin. Wenn die Bark acht Knoten machte, knarrte im Takelwerk alles zusammen, und wir banden uns die Mützen fest; doch meistens schlich sie mit einer Geschwindigkeit von drei Meilen in der Stunde dahin. Was konnte man mehr verlangen? Es war müde – das alte Schiff. Seine Jugend war dahin, wie auch die meine dahin ist – wie es die eure ist – ihr, die ihr diesem Garn zuhört. Und welcher Freund würde euch mit der Nase auf eure Jahre und eure Müdigkeit stoßen? Wir murrten nicht über die Bark. Uns achtern zumindest kam es so vor, als wären wir bereits auf ihr geboren, auf ihr erzogen worden, als hätten wir seit Menschengedenken auf ihr gelebt, hätten kein anderes Schiff gekannt. Ich hätte ebensogut gegen die alte Dorfirche daheim wettern können, weil sie keine Kathedrale war.
    Und außerdem besaß ich noch meine Jugend, die mich geduldig machte. Der ganze Osten lag vor mir und das ganze Leben, und da war auch der Gedanke, daß ich an Bord dieses Schiffes auf die Probe gestellt worden war und ziemlich gut abgeschnitten hatte. Und ich gedachte früherer Menschen, die vor Jahrhunderten in Schiffen, die nicht besser waren als das unsere, dieselbe Route befahren hatten, nach dem Land der Palmen und Gewürze und der gelben Strande und braunhäutigen Völker, die von Königen regiert wurden, welche grausamer als Nero, der Römer, waren und weiser als Salomo, der Jude. Die alte Bark zockelte weiter, schwer vom Alter und der Bürde ihrer Fracht, während ich das Leben der Jugend in Unwissenheit und Hoffnung führte. Sie zockelte eine endlose Reihe von Tagen dahin; und die frische Vergoldung blitzte in den Strahlen der untergehenden Sonne und schien über das dunkler werdende Meer die Worte hinauszuschreien, die auf ihr Heck gemalt waren: ›Judea, London. Kämpfen oder untergehen.‹
    Dann kamen wir in den Indischen Ozean und hielten nach Norden auf Java Head zu. Der Wind war leicht. Die Wochen verstrichen. Die Bark kroch weiter, kämpfen oder untergehen, und die Leute daheim begannen, uns als überfällig zu melden.
    Eines Samstagabends, als ich wachfrei war, baten mich die Männer um einen zusätzlichen Eimer Wasser oder auch mehr – damit sie ihre Sachen waschen könnten. Da ich keine Lust hatte, zu so später Stunde noch die Trinkwasserpumpe anzuschrauben, ging ich pfeifend, den Schlüssel in der Hand, nach vorn, um die Vorpiekluke aufzuschließen, in der Absicht, das Wasser aus einem Reservetank auszuteilen, den wir dort auf bewahrten.
    Der Geruch dort unten war so unerwartet, wie er fürchterlich war. Man hätte denken können, in dem Loch hätten seit Tagen Hunderte von Paraffinlampen geflackert und geblakt. Ich war heilfroh, als ich wieder draußen war. Der Mann, der mich begleitete, hustete und sagte: ›Komischer Geruch, Sir.‹ Ich antwortete nachlässig: ›Soll gut für die Gesundheit sein‹, und ging nach achtern. Als erstes streckte ich nun meinen Kopf in die Öffnung des Mitschiffs Ventilators. Als ich den Deckel anhob, quoll ein sichtbarer Wrasen, etwas wie ein dünner Nebel, ein zarter Dunsthauch aus der Öffnung. Die aufsteigende Luf war heiß und hatte einen betäubenden, rußigen, öligen Geruch. Ich nahm eine Nase voll und schloß sacht den Deckel. Ich wollte nicht ersticken. Die Ladung brannte.
    Am folgenden Tag begann das Schiff stetig zu rauchen. Nun,

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