Julia Ärzte zum Verlieben Band 42
die Staubwolke näher und näher kamen. Ihre Kleidung wie die Farben der Wüste, ihre Gesichter unter dichten dunklen Bärten kaum zu erkennen. Er sah, wie sie ihre Waffen auf ihn richteten, aber er konnte sich nicht rühren …
Nicht einmal mehr atmen.
Ein erstickter Schrei, erstickend wie die staubgeschwängerte Luft um ihn herum, entrang sich ihm.
Arhhh!
Sein eigener verzweifelter Aufschrei weckte ihn, entriss ihn gnädig diesem entsetzlichen Albtraum. Noch während Luke die Augen aufschlug, warf er die Bettdecke von sich. Er schwang die Beine aus dem Bett, setzte sich auf die Bettkante, den Kopf in die Hände gestützt, und rang verzweifelt nach Atem.
Das Gefühl zu ersticken beherrschte ihn, und der Tod war immer noch gegenwärtig. Ruhig sitzen zu bleiben war unmöglich. Luke wusste, was er tun musste.
Die Jogginghose lag am Fußende des Bettes. Die Schuhe standen bereit, er brauchte nur hineinzuschlüpfen. Laufschuhe.
Es ist nur ein Traum, sagte er sich, während er die Schnürsenkel festzurrte. Einer, der nicht einmal richtig widerspiegelte, was passiert war. Den Feind hatte er nie gesehen. Und er war sehr wohl in der Lage gewesen, sich zu bewegen. Seine Kameraden hinter den Wagen zu ziehen, während der Hubschrauber über ihnen schwebte. Er hatte Blutungen gestillt und Atemwege offen gehalten. Keiner der Männer war gestorben.
Trotzdem quälte ihn immer wieder der gleiche Albtraum.
Er sah seinen Bruder sterben. Spürte die Angst. War unfähig zu helfen.
Matthew. Mattie. Der unbeholfene Junge mit dem breiten Grinsen, der seinen großen Brüdern auf Schritt und Tritt folgte, um auch ja nichts zu verpassen. Crash.
Oh, verdammt! Was war nur in ihn gefahren, als er Anna Bartlett vorschlug, diesen kostbaren Spitznamen für einen mageren, nahezu lächerlich aussehenden Hundewelpen zu nehmen?
Wieso hatte sie überhaupt einen Hund? Wie konnte eine karrierebewusste Ärztin wie sie sich ein Tier halten, das viel Liebe und Zeit brauchte? Allerdings musste er zugeben, dass sie den Hund zu lieben schien, so wie sie ihn gehalten und beruhigt hatte. Luke sah wieder vor sich, wie ihre schönen Augen aufleuchteten, als sie endlich einen passenden Namen für das Fellknäuel gefunden hatte.
Er griff nach der Jacke, die neben der Tür hing, streifte sie über und zog den Reißverschluss bis unters Kinn hoch. Sekunden später lief er den unebenen Pfad entlang, der zum Strand führte. Dass es mitten in der Nacht war, machte Luke nichts aus. Seine Augen gewöhnten sich schnell an die Dunkelheit, er konnte nachts besser sehen als die meisten Leute.
Vielleicht war es auch egal, dass er den Namen seines Bruders für einen Hund hergegeben hatte. Erstens hatte er nicht vor, dem idyllischen kleinen Cottage jemals wieder einen Besuch abzustatten, und zweitens würde er mit Dr. Bartlett bestimmt nicht während der Arbeit darüber plaudern. Sie redeten nie über Persönliches.
Dennoch hatte er große Schwierigkeiten, die stellvertretende leitende Chefärztin seiner Abteilung in der Frau wiederzuerkennen, die er auf dem Boden des Cottages angetroffen hatte, wie sie einen ängstlichen Hund an sich drückte. Einen Hund, der jetzt … Crash hieß.
Die frische Seeluft brannte in seinen Lungen, und bald fühlte sich sein Gesicht von der Kälte taub an. Der Sand sank unter seinen Schritten ein, die Brandung schlug krachend ans Ufer, doch Luke nahm es kaum wahr. Er sah Anna vor sich, ihr lockiges, leicht zerzaustes Haar, das ihre schmalen Schultern bedeckte, die Arme um den Hund geschlungen.
Luke hatte die Liebe gespürt. Sie hatte ihn an seinen kleinen Bruder erinnert, den Bruder, der nie mehr nach Hause kommen würde.
Er erreichte das Ende des Strands und kehrte um. Vielleicht konnte er noch ein paar Stunden schlafen, bevor es Tag wurde. Normalerweise waren die Schrecken des Albtraums verblasst, wenn Luke wieder zu Hause ankam.
In dem Moment wurde ihm klar, dass es heute anders war, dass er nicht wie sonst mit den Nachwirkungen des Traums zu kämpfen hatte. Schon als er das Haus verließ, hatte er nur an Anna gedacht.
Oder besser gesagt, die beiden Annas.
Es war verwirrend, aber hinter der abweisenden Fassade der disziplinierten Chirurgin hatte er die faszinierendste Frau entdeckt, die ihm je begegnet war …
Er beobachtete sie.
Anna spürte Lukes Blicke und konnte sich denken, welche Fragen ihm durch den Kopf gingen.
War das wirklich sie gewesen? Die Frau in abgerissenen Jeans und farbbekleckstem Pulli? Die mit zerzausten
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