Julia Ärzte zum Verlieben Band 42
Gesicht, und Luke warf ihr einen Blick zu, den sie nicht recht deuten konnte. Wachsam? Erwartungsvoll?
Ihr blieb keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Das Leben eines Kindes stand auf dem Spiel, und falls sie es wirklich im OP wiedererwärmen mussten, so wäre diese Prozedur Neuland für sie. Anna hatte viel über die Technik gelesen, sie aber noch nie durchgeführt. Schnell unterdrückte sie einen Anflug von Panik.
„Aber Sie sind hier“, entgegnete sie, während sie ihm ruhig in die Augen blickte. „Und ich brauche Sie, Luke.“
Im Wiederbelebungsbereich der Notaufnahme war es voll. Die Sanitäter der Luftrettung in ihren leuchtenden orangefarbenen Overalls brachten die Trage mit dem Jungen, um sie herum drängten sich Ärzte und Schwestern. Hochspannung lag in der Luft, Anweisungen wurden gegeben.
„Vorsicht! Setzt ihn behutsam ab. Herztätigkeit schwach.“
„Ist der Bair Hugger an?“
„Dextrose, kein Kochsalz. Legt noch mehr zum Anwärmen in die Mikrowelle.“
„Achtet darauf, dass der Sauerstoff erwärmt und befeuchtet ist.“
„Noch mehr Elektroden. Wir brauchen ein Zwölf-Kanal-EKG.“
„Wie hoch ist seine Temperatur jetzt?“
„Neunzehn Komma fünf.“
Luke pfiff leise durch die Zähne.
„Die niedrigste gemessene Temperatur ohne neurologische Folgeschäden lag bei dreizehn Grad, oder?“, fragte Anna leise. Die Mutter des Jungen stand im Hintergrund, bleich vor Angst.
Ben Carter leitete das Wiederbelebungsteam, und die Sauerstoffsättigung im Blut seines Patienten gefiel ihm gar nicht.
„Ich werde intubieren“, entschied er. „Jeder, der hier im Moment nicht gebraucht wird … bitte zurücktreten.“
Auch einer der Luftretter machte den Weg frei und stand nun einen Schritt von Anna entfernt.
„Was ist passiert?“, sprach sie ihn an.
„Der Junge hatte zu Weihnachten Schlittschuhe bekommen. Sie leben auf einem Hof nördlich von hier, in der Nähe eines Stausees, und er war mit seinem Bruder aufs Eis gegangen. An einer Stelle war es zu dünn, er brach ein, und sein Bruder musste eine halbe Stunde nach einem Ast suchen, der dick genug war, um ihn rauszuziehen. Weitere dreißig Minuten hat es gedauert, nach Hause zu laufen und Hilfe zu holen. Als wir eintrafen, waren ungefähr anderthalb Stunden vergangen, und es wehte ein eisiger Wind. Die erste Temperaturmessung ergab achtzehn Grad.“
„Herzrhythmus?“ Luke beobachtete Ben und sein Team, aber er hatte Annas Unterhaltung mit dem Sanitäter zugehört.
„Vorhofflimmern und Osborn-Wellen.“
Unter einer Kerntemperatur von dreißig Grad bestand grundsätzlich die Gefahr lebensbedrohlicher Herzrhythmusstörungen. Der Junge war unterkühlt, doch Anna wusste, dass noch Hoffnung bestand.
Der Bair Hugger war ein Gerät, mit dem über eine speziell konstruierte Wärmedecke warme Luft auf die Haut des Patienten geblasen wurde. Zusätzlich wurden die intravenös zugeführten Flüssigkeiten angewärmt, um die Bluttemperatur zu erhöhen. Aber all diese Maßnahmen reichten bei jemand mit dieser schweren Unterkühlung vielleicht nicht aus.
„Hallo, Luke.“ Ben hatte seinen Patienten so gut es ging stabilisiert. „Ich dachte, Sie haben heute frei.“
„Habe ich auch.“ Luke warf Anna einen Seitenblick zu. Es war nur die Andeutung eines Lächelns, aber sie verstand, was er ihr damit sagen wollte. Dass er zwar auf ihre Bitte hin, aber froh war, hier zu sein.
„Freut mich, dass Sie da sind. Sie auch, Anna.“
„Wie geht es weiter?“
Ben machte ein ernstes Gesicht. „Wiedererwärmung von außen verschafft uns eine Temperaturerhöhung von zwei Komma fünf Grad pro Stunde. Aber der Junge ist zu kalt, so lange können wir nicht warten. Über die Herz-Lungen-Maschine würden wir sieben Komma fünf erreichen.“
„Es ist ein schwerer invasiver Eingriff, der erst bei einem Herzstillstand gerechtfertigt ist. Was ist mit einer Pleuraspülung?“
„Auch ein invasiver Eingriff“, gab Ben zu bedenken. „Und wahrscheinlich weniger effektiv. Im Moment wird er künstlich beatmet, der Herzrhythmus überwacht. Die Ergebnisse der Bluttests sollten bald hier sein. Mich interessiert sein Säure-Basen-Status.“
„Wir brauchen auch die arteriellen Blutgaswerte.“ Anna trat an das EKG-Gerät, um die Aufzeichnungen zu studieren.
Doch sie kam nicht mehr dazu. Eines der Geräte am Kopfende des Betts gab einen hohen Alarmton von sich.
„Kein Puls“, sagte jemand.
„Kammerflimmern“, kam die nächste Ansage.
„Wiederbelebung
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