Julia Ärzte zum Verlieben Band 42
starten“, wies Ben an und eilte ans Bett des Jungen. Dabei warf er einen Blick über die Schulter zu Luke.
Der nickte grimmig. „Ein Mal schocken. Wenn das nicht wirkt, bringen Sie ihn hoch.“
„OP 3 ist frei. Ein Kardiotechniker steht bereit.“
„Defibrillator geladen“, verkündete eine Schwester. „Weg vom Bett!“
Luke berührte Anna am Arm. „Gehen wir. Es ist besser, wir sind fertig, wenn sie uns brauchen.“
Ein kaltes, regloses Herz.
Der Junge war praktisch tot. Aber in der Unterkühlung lag auch die Chance, dass seine Hirnzellen nicht so schnell geschädigt wurden wie sonst bei Sauerstoffmangel.
Luke sah Anna an den Augen an, unter welcher Anspannung sie stand. Bestimmt hatte sie unter ihrem Mundschutz die Lippen fest aufeinandergepresst. Er spürte sogar, wie sie zusammenzuckte, nur ganz leicht, als ihre Hände die kühle Brust, die sie gerade eröffnet hatten, berührten.
„Es muss schnell gehen“, sagte er ruhig. „Aortenkanüle in die aufsteigende Aorta. Kanülierung des rechten Vorhofs mit einer einzelnen zweistufigen Kanüle.“
Anna nickte. Sie legte bereits eine Haltenaht um das große Blutgefäß, das das Blut vom Herzen in den Körper führte.
Minuten später hatten die beiden Chirurgen die Kanülen positioniert, und die Maschine übernahm die Funktion des Herzens. In ihr wurde das Blut mit Sauerstoff angereichert, vom Kohlendioxid befreit und behutsam gewärmt.
Technisch gesehen konnten sie nichts mehr tun, bis es an der Zeit war, den Patienten von der Maschine abzunehmen und die dicken Schläuche aus seinen Adern zu entfernen. Wenn sein Herz – hoffentlich – wieder schlug, würden sie die Brust schließen und abwarten, ob er aufwachte. Erst dann stellte sich heraus, ob sein Gehirn Schaden genommen hatte.
Die Stunden vergingen. Anna war die ganze Zeit auf den Beinen gewesen, zwischen den Stationen und der Intensivstation. Zwischen der Kantine, wo sie nichts hinunterbringen konnte, und der Intensivstation. Zwischen ihrem Büro und der Intensivstation.
„Es dauert so lange“, sagte sie, als Luke an der Tür zu ihrem Zimmer auftauchte.
„Aber es sieht gut aus. Die Körpertemperatur ist im normalen Bereich, die Hyperglykämie haben wir im Griff, und die Nieren scheinen zu funktionieren.“
„Ich weiß, ich weiß.“ Mit vor der Brust verschränkten Armen marschierte Anna unruhig auf und ab. „Die Blutgaswerte sind auch in Ordnung, aber es kann noch so viele Komplikationen geben. Wenn er nun eine Embolie bekommt oder die Blutgerinnung verrücktspielt?“ Sie holte tief Luft. „Haben Sie mit seiner Mutter gesprochen? Wussten Sie, dass sein großer Bruder sechs Jahre älter ist, weil sie zwei Fehlgeburten in fortgeschrittener Schwangerschaft hatte, bevor Jamie auf die Welt kam? Was … was ist, wenn er nicht wieder aufwacht?“
„Anna.“ Luke stellte sich ihr in den Weg und umfasste ihre Oberarme. Der Fall schien sie sehr zu erschüttern, so hatte er sie noch nie erlebt. So mitfühlend und voller Angst um das Leben eines Patienten. „Die Sedierung wird langsam aufgehoben. Es braucht seine Zeit, bis er wieder selbstständig atmet, und vorher wird er nicht aufwachen.“
„Aber was ist, wenn …?“
„Stop“, befahl Luke.
Er hielt sie immer noch fest, sah in Annas blasses Gesicht. Ihre Blicke trafen sich, und er las in ihren schimmernden grünen Augen, dass sie ihm glauben wollte. Verzweifelt glauben wollte. Lukes Blick fiel auf ihren Mund, und als er sah, wie ihre vollen Lippen bebten, war es um ihn geschehen.
„Was Sie brauchen, Dr. Bartlett“, begann er sanft, „ist Ablenkung.“
Sie schien zu wissen, was er meinte. Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, da blickte sie auf seinen Mund. Luke strich sich mit der Zungenspitze über die Oberlippe. Langsam, bedeutungsvoll.
Die Zeit stand still.
„Mmm.“
Der leise Laut, den sie von sich gab, hätte Zustimmung sein können, aber er klang wie sehnsüchtiger Seufzer … voller Lust.
Mehr brauchte Luke nicht. Er legte den Arm um sie und umfasste mit der anderen Hand zärtlich ihr Kinn. Dann senkte er den Kopf, entschlossen, sie mit einem Kuss zu verwöhnen, den sie nicht mehr vergaß.
Nie mehr.
Anna ließ die Arme auch noch verschränkt, als Lukes Lippen ihre schon berührten.
Sie brauchte den Halt, um das feine Zittern zu unterdrücken, das sie in den spannungsgeladenen Sekunden vor diesem Kuss erfasst hatte. Es waren intensive, verführerische Gefühle, so ganz anders als beim letzten Mal, bevor sie
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