Julia Ärzte zum Verlieben Band 52
es mit dir besprochen, und ihr habt einen vernünftigen Kompromiss gefunden. Genau das hätte ich auch getan. Da ich Sienna nicht kannte, weiß ich nicht, wie sie es empfunden hat. Aber ich weiß, wie ich mich an ihrer Stelle gefühlt hätte. Ich weiß, was für ein guter Arzt du bist. Ich wäre stolz darauf gewesen, dass du die richtige berufliche Entscheidung getroffen hast.“
Susan sah ihn an. „Weißt du noch, als ich dir von mir erzählt habe? Du hast gesagt, dass sich dadurch nichts ändert. Umgekehrt gilt das genauso. Du bist ein guter Mensch, Marco Ranieri.“ Ein dicker Kloß saß ihr im Hals. „Für mein Baby könnte ich mir keinen besseren Vater wünschen.“
Düster entgegnete er: „Wie kannst du das sagen? Ich habe meine eigenen Wünsche über ihre gestellt. Das war egoistisch von mir.“
„Nein. Du hast Sienna nicht gesagt, sie sollte nicht ins Ausland gehen. Du standest ihr nicht im Weg. Wenn sie nicht gestorben wäre, wärst du ihr wie vereinbart nachgekommen und hättest keine Ausflüchte gesucht.“ Sie seufzte. „Marco, du erwartest das Unmögliche von dir. Selbst wenn du dort gewesen wärst, hättest du sie nicht retten können. Ja, es war tragisch, dass sie so jung gestorben ist. Aber manchmal geschehen Dinge im Leben, die wir nicht ändern können und die wir auch niemals hätten ändern können.“
„Ich habe versucht, mir das zu sagen“, meinte er. „Ich bin durch alle Trauerphasen hindurchgegangen. Das Nicht-Wahrhaben-Wollen, dass sie tot war. Wut darüber, dass sie mir genommen wurde. Dann die Depression.“
Er atmete tief durch. „Ich habe sie so sehr vermisst, dass es körperlich wehtat. Ein halbes Jahr lang habe ich wie unter einer dunklen Wolke gelebt. Ich bin umgezogen, aber das half nichts. Ich sah sie überall. Wie einen Geist. Schließlich hat meine Schwester mich zum Essen mitgeschleppt und mir gesagt, wenn ich Sienna folgen wollte, wäre ich genau auf dem richtigen Weg. Ja, es wäre schrecklich, dass sie so früh gestorben war. Aber Sienna hätte sicher nicht gewollt, dass ich mich selbst zerstöre, so wie ich es gerade tat.“
„Auch wenn ich Sienna nicht kannte, stimme ich deiner Schwester zu“, sagte Susan. „Wenn Craig der Mann gewesen wäre, für den ich ihn zu Anfang hielt, und ich bei meiner Wirbelsäulenoperation gestorben wäre, hätte ich auch nicht gewollt, dass er den Rest seines Lebens alleine verbringt. Ich hätte mir gewünscht, dass er jemand anders findet, der ihn genauso liebt wie ich. Ich hätte gewollt, dass er glücklich wird.“ Sie machte eine Pause. „Wenn es bei euch umgekehrt gewesen wäre, hättest du dann gewollt, dass Sienna für den Rest ihres Lebens um dich trauert, ohne jede Freude in ihrem Leben?“
„Nein.“ Marco stockte. „Ich hätte mir gewünscht, dass sie eine Familie hat, von der sie geliebt wird.“
„Na, also.“ Zärtlich strich Susan ihm über die Wange. „Das ist die letzte Trauerphase. Das Annehmen. Du weißt, dass du sie nicht zurückholen kannst und sie auch nicht hättest retten können. Dass es nicht deine Schuld war und es jetzt an der Zeit ist, dein Leben weiterzuleben.“
Seufzend fuhr er fort: „Ich habe Vittorias Vorschlag befolgt und mich mit Frauen verabredet. Aber ich ließ niemanden nahe an mich heran. Ich wurde meine Schuldgefühle einfach nicht los. Ich habe mich verantwortlich gefühlt, und das tue ich immer noch. Unzählige Male habe ich mich verzweifelt danach gesehnt, die Zeit nur für ein paar kurze Monate zurückdrehen zu können. Ich habe von Sienna geträumt, und wenn ich aufwachte, war ich allein.“ Seine Miene war trostlos. „Es war, als würde ich sie wieder und wieder verlieren.“
„Dann warst du noch nicht bereit, dich mit Frauen zu treffen“, meinte Susan sanft.
„Nein. Weil ich glaubte, Sienna im Stich gelassen zu haben, hatte ich auch den Glauben an mich selbst verloren.“ Marco sah sie an. „Dann traf ich dich, und auf einmal kam mir die Welt ganz anders vor. In London wurde ich nicht von quälenden Erinnerungen verfolgt. Ich konnte es einfach genießen, mit dir zusammen zu sein und Spaß zu haben.“
Er schwieg einen Moment. „Wenn ich ehrlich bin, habe ich deshalb sogar ein schlechtes Gewissen. Ich kann nicht einmal mehr Siennas Gesicht vor mir sehen. Ich kann mich nicht an ihr Parfum erinnern, oder an ihre Stimme. Dabei war sie meine Frau .“ Ein schmerzlicher Ausdruck lag in seinem Gesicht. „Ich habe sie länger als ein Drittel meines Lebens geliebt. Wie
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