Julia Bestseller Band 142
diesem Zeitpunkt allein zu lassen, aber für ihn wäre es noch gefährlicher gewesen, wenn er sie auf dieser Reise begleitet hätte. Außerdem hoffte sie, höchstens zwei Tage in Rio de Janeiro bleiben zu müssen. Danach …
Für einige Sekunden schloss sie die Augen. Bisher hatte sie keinen Gedanken daran verschwendet, was passieren würde, wenn Luc sich weigerte, ihr das Geld zu leihen.
Selbst jetzt konnte sie nicht begreifen, dass tatsächlich jemand herausgefunden hatte, wer der Vater ihres Sohnes war, denn sie war immer sehr vorsichtig gewesen. Und sie hatte Rio in der Obhut des einzigen Menschen gelassen, dem sie vertraute. Des Mannes, der wie ein Vater für ihn war.
Wie aufs Stichwort klingelte in diesem Moment das Handy in ihrer Handtasche, und sie nahm es schnell heraus und schaltete es ein.
„Geht es ihm gut?“
„Ja, reg dich nicht auf“, hörte sie Jasons vertraute Stimme. Sie hatten sich darauf geeinigt, am Telefon keine Einzelheiten zu besprechen. „Und, bei dir alles in Ordnung? Hast du etwas erreicht?“
Erneut spürte Kimberley Panik in sich aufsteigen. „Noch nicht.“ Sie brachte es nicht fertig, ihm zu erzählen, dass Luc ihr nicht geglaubt hatte.
„Aber diesmal hat er dich empfangen?“
Unwillkürlich verstärkte sie ihren Griff um den Hörer. „Ja.“ Noch immer verspürte sie jenes erregende Prickeln. „Allerdings hat er mir noch keine Antwort gegeben. Er spielt irgendwelche Spielchen.“
„Hat er dich auf Knien um Verzeihung gebeten, weil er dich damals so mies behandelt hat?“
Kimberley legte den Kopf zurück und kämpfte erneut mit den Tränen. „Nicht direkt …“
„Wahrscheinlich gehört das Wort ‚Entschuldigung‘ gar nicht zu seinem Wortschatz.“ Er lachte humorlos. „Wenn er nicht innerhalb einer Stunde bei dir erscheint und an die Tür klopft, ist er nicht der Mann, für den ich ihn halte.“
Nun seufzte sie. Luc Santoro war nicht der Typ, der bei Frauen an die Tür klopfte. „Ich wünschte, ich wäre so zuversichtlich wie du. Was ist, wenn er sich weigert?“
„Das wird er nicht. Nur Mut.“ Jason klang entschlossen. „Ich bin aber immer noch der Ansicht, dass wir die Polizei einschalten sollten.“
„Nein!“ Energisch strich sie sich das zerzauste Haar aus dem Gesicht. „Du hast den Brief gelesen. Du weißt, womit dieser Kerl mir gedroht hat.“
„Okay. Aber wenn du es dir anders überlegst …“
„Auf keinen Fall.“ Sie würde kein unnötiges Risiko eingehen. „Ich möchte nichts machen, was ihn dazu bringen könnte, Rio etwas anzutun.“
Erschöpft von der Hitze und der aufwühlenden Begegnung mit Luc, schaltete Kimberley ihr Handy aus, legte sich aufs Bett und schloss die Augen. Beinah bereute sie, in diesem kleinen Hotel ohne Klimaanlage in dem etwas zwielichtigen Viertel abgestiegen zu sein, um Geld zu sparen. Nun allerdings, da ihr Schweißperlen auf die Stirn traten und sie fürchterliche Kopfschmerzen hatte, wünschte sie, sie hätte eine andere Wahl getroffen. Sie fühlte sich elend, zumal sie seit der Ankunft des Briefs vor zwei Tagen nichts mehr gegessen hatte.
Stattdessen war sie nervös in ihrer Londoner Wohnung auf und ab gegangen und hatte sich mit Jason einen Schlachtplan zurechtgelegt. Es war ihr schwergefallen, Rio gegenüber so zu tun, als wäre nichts passiert. Und noch schlimmer war es für sie gewesen, allein ins Flugzeug zu steigen, denn abgesehen von der Zeit, die er in der Schule oder mit Freunden verbrachte, waren sie fast nie voneinander getrennt.
Nach seiner Geburt war sie zu Hause geblieben und hatte angefangen, von dort aus zu arbeiten, indem sie selbst entworfenen Schmuck verkaufte. Jason, ein bekannter Modefotograf, den sie noch von ihrer Tätigkeit als Model kannte, half ihr dabei, eine neue Existenz aufzubauen. So gelang ihr der Spagat zwischen ihrer Rolle als Mutter und der als Unternehmerin, und sie stürzte sich in ihre Aufgabe, um nicht an Luc Santoro denken zu müssen.
Ihre Schuldgefühle hatte sie verdrängt, indem sie sich sagte, dass Luc zu den Männern gehörte, die sich einfach nicht als Vater eigneten. Schließlich sollte es ihrem Sohn nicht so ergehen wie ihr als Kind.
Da sie die Hitze plötzlich unerträglich fand, stand Kimberley auf und zog sich aus, bevor sie in das angrenzende winzige Bad ging, um zu duschen. Nachdem sie sich abgetrocknet und frische Unterwäsche angezogen hatte, kehrte sie ins Zimmer zurück und sank wieder aufs Bett.
„Wahrscheinlich gehört das alles zu deinem
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