Julia Bestseller Band 142
nicht erlaubt, Ringe zu tragen, weil es unhygienisch ist. Ich dachte, ich sollte gleich mit der Arbeit beginnen, deswegen trage ich ihn an einer Kette.“ Sie klopfte leicht auf ihre Bluse, was so viel bedeutete, dass sich der Ring unter ihrer Kleidung befand. Glücklicherweise wurde in diesem Augenblick die Tür aufgestoßen, und lautes Geschrei erfüllte die Empfangshalle.
„Helfen Sie mir! Jemand muss meiner Tochter helfen! Sie braucht einen Arzt! Sie ist von einem Hund gebissen worden.“ Mit diesen Worten trat eine Frau mit einem hysterisch schreienden Kind auf dem Arm an den Empfangstresen …
„Es ist kein Arzt im Haus“, teilte ihr die blonde Frau hinter dem Tresen unfreundlich mit. „Sie müssen mit dem Kind ins Krankenhaus fahren.“
„Lassen Sie mich einen Blick auf die Wunde werfen!“, schaltete sich Holly ein. Sanft strich sie dem Kind über das Haar. „Armes kleines Ding“, sagte sie, „was für eine schreckliche Sache ist denn da passiert? Ich bin Holly, und wie heißt du?“
Das kleine Mädchen schrie weiter und sah Holly ängstlich an. „Er hat mich gebissen“, jammerte sie.
„Ich weiß, und ich würde dir gern helfen. Wie heißt du denn?“
„Helen“, antwortet das Mädchen mit einem tiefen Seufzer.
„Ist das nicht komisch? Du bist Helen, und ich bin Holly. Beide Namen beginnen mit einem H. Wo hat dich denn der Hund gebissen, Helen?“, fragte Holly.
Das kleine Mädchen holte tief Luft. „Arm“, sagte es und wandte sich verschreckt ab.
„Ich will dich nicht anfassen, Kleines, wenn du nicht magst. Aber wir müssten den Arm sauber machen und uns ansehen, was der Hund angerichtet hat. Dafür gibt es ein extra Zimmer, und dort gibt es allerhand Spielsachen.“ Das hoffte sie wenigstens, denn sie kannte es aus anderen Praxen nicht anders.
Holly wandte sich an die Schwester am Empfang. „Wenn ich den Behandlungsraum benutzen dürfte, müssten die armen Leute nicht erst ins Krankenhaus fahren.“ Aber die Schwester war mit diesem Vorschlag ganz und gar nicht einverstanden.
„Wir sind hier weder eine Unfallstation noch eine Notaufnahme“, sagte sie spitz.
„Nein“, antwortete Holly ruhig. „Aber wenn wir das Kind versorgen können, ohne dass es den langen Weg zum Krankenhaus zurücklegen muss, dann sollten wir das tun. Ich will mir die Wunde ansehen. Dabei hoffe ich, dass bis dahin einer der Ärzte zurückgekommen ist. Gibt es irgendwo einen weißen Kittel, den ich mir ausleihen könnte? Meine Sachen sind noch im Koffer.“
Sichtlich beleidigt ging die Empfangsschwester den Korridor entlang und öffnete eine Tür.
„Diesen Raum hier können Sie benutzen. Ich werde den Chefarzt benachrichtigen, dass Sie hier sind.“
Und versuchen, Ärger zu machen, dachte Holly im Stillen. Muss mir diese Frau wirklich schon am ersten Tag Steine in den Weg legen?
„Beachten Sie Caroline Duncan einfach nicht!“, sagte Helens Mutter, wobei sie vielsagend mit den Augen rollte. „Sie bellt zwar gern, beißt aber nicht. Ich bin übrigens Mrs Brown, aber nennen Sie mich bitte Alison!“
„Ich besorge mir nur schnell einen Kittel, und dann sehe ich mir den verletzten Arm an“, versprach Holly. Aber da erschien Caroline auch schon mit einem weißen Kittel in der Hand.
Holly bedankte sich und fragte höflich, ob sie Helens Daten auf dem Computer festhalten dürfe.
„Unser Computersystem ist sehr kompliziert“, sagte Caroline von oben herab. „Ich denke, Sie sollten erst eingewiesen werden, bevor Sie den Computer benutzen können.“
Holly, die ihr ganzes Arbeitsleben mit Computern umgegangen war, beruhigte Caroline betont freundlich. „Ich komme damit schon zurecht, danke.“
Sie zog sich den Kittel über und entdeckte einen Korb mit Spielzeug unter der Liege. „Schau mal, Helen!“, sagte sie zu dem kleinen Mädchen. „Da sind Spielsachen für dich. Sieh sie dir an und erzähl mir, was alles in dem Korb ist!“
Helen kramte in dem Korb, und ein kleines Lächeln erschien auf dem von Tränen beschmierten Gesicht, als sie einen grellgelben Helikopter entdeckte, dessen Rotor sich drehte. „Ein Helikopter!“, rief sie begeistert. „Ich mag Helikopter.“
„Genau so einen hatte ich, als ich klein war“, erzählte Holly, und während sie sich mit Helen darüber unterhielt, entspannte sich das Kind und ließ es widerstandslos zu, dass Holly sich die Wunde ansah. Sie hatte stark geblutet.
„Wie ist denn das passiert?“, fragte Holly. „Wissen Sie, wem der Hund
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