JULIA COLLECTION Band 15
Kathleen. „Hoffentlich kannst du mir folgen.“
Ben lachte über ihren Wunsch, ein Zusammentreffen mit seiner Tante zu vermeiden. Er freute sich auch nicht darauf, weil Destiny bestimmt triumphieren würde, und das mochte er nicht sonderlich an ihr.
Eine Stunde später hatte Kathleen Ben die Galerie gezeigt. Er konnte nur bestätigen, dass sie alles perfekt und mit Stil eingerichtet hatte . Die Unterlagen der früheren Ausstellungen sowie die Sammlung von Kritiken bewiesen, wie erfolgreich sie war.
„Du kannst wirklich stolz sein“, lobte er.
„Das bin ich auch“, erwiderte sie und betrachtete ihn forschend. „Bist du so beeindruckt, dass du mich deine Bilder ausstellen lässt?“
„Es ging mir nie um meine berufliche Fähigkeit“, antwortete er auf die längst erwartete Frage. „Es geht um mich. Ich bin nicht daran interessiert, meine Bilder auszustellen oder gar zu verkaufen.“
„Das ergibt doch keinen Sinn“, hielt sie ihm ungeduldig vor. „Du hast großes Talent. Warum verbirgst du es vor der Welt? Wenn du nichts verkaufen willst, geht das in Ordnung, aber biete wenigstens anderen die Freude, deine Werke zu sehen.“
Für Kathleen machte sein Verhalten keinen Sinn, wohl aber für ihn. Die Bilder waren äußerst persönlich und privat, nicht wegen der Themenwahl, sondern wegen des Gefühls, das er in jedes einzelne Gemälde gelegt hatte. Niemand, schon gar kein Fremder, sollte einen Blick auf die Welt werfen, wie er sie sah. Er fürchtete, das könnte zu viel über ihn verraten. Außerdem wollte er sich nicht durch Kritik die Freude am Malen nehmen lassen. In seinen Werken war die Welt schön und heil, und das wollte er unbedingt bewahren.
Das war auch der Grund, warum auf seinen Bildern nie Menschen zu sehen waren. Menschen waren nicht schön und heil. Gefühle waren nicht ordentlich und vorhersehbar, und er hatte zu oft im Leben erfahren, wie leicht sie zerbrechen konnten.
„Ich möchte dich etwas fragen“, begann er, um ihr seinen Standpunkt klarzumachen. „Du hast früher gern gemalt, und das hat Schönheit und Freude in dein Leben gebracht. Dann hat Tim behauptet, du wärst nicht gut genug. Was ist dadurch geschehen? Die Freude war zerstört. Er hat dir etwas genommen, was dir viel bedeutet hat.“
„Ja, aber …“
„Sag jetzt nicht, bei mir wäre es anders, Kathleen, weil das nicht stimmt. Die Malerei bedeutet dir so viel wie mir. Also müsstest gerade du verstehen, warum ich nicht riskieren möchte, etwas zu verlieren. Das kann ich nicht, nicht mal für dich.“
„Ach, Ben, so wäre es doch nicht“, flüsterte sie mit Tränen in den Augen.
„Wieso nicht? Kannst du denn garantieren, dass kein Kritiker meine Arbeiten in der Luft zerreißen wird? Warum sollte ich mich diesem Risiko aussetzen, wenn ich es nicht nötig habe?“
„Es geht letztlich nur darum, dass du Angst vor Kritik hast?“, fragte sie ungläubig. „Das ist doch absurd. Die Meinung von Leuten, die dir angeblich gleichgültig sind, sollte Einfluss auf deine Malerei haben? Diese Leute sind wirklich nicht wichtig. Tims grausame Kritik hat mir nur etwas bedeutet, weil er mir etwas bedeutet hat.“
„Du hast recht“, bestätigte Ben. „Die Kritiker sind nicht wichtig. Das heißt aber nicht, dass ihre Worte keine Macht haben. Ich möchte nicht die Freude verlieren, die ich empfinde, wenn ich vor einer leeren Leinwand stehe und den ersten Pinselstrich mache, die erste Andeutung eines blauen Himmels oder die erste Linie eines Baums. Auf dieses Gefühl kann ich mich verlassen, und es ist das Einzige, worauf ich mich verlassen kann.“
„Du könntest dich auch auf mich verlassen“, bot sie mit leiser Stimme an.
Das wollte er gern glauben, und er wollte darauf bauen, dass sie ihm nie genommen würde, doch die Erfahrung hatte ihn etwas anderes gelehrt. Menschen, die er liebte, verschwanden aus seinem Leben.
Er strich ihr über die feuchte Wange. „Ich wünschte, ich könnte es“, sagte er bedauernd. „Würde ich mich jemals wieder auf einen Menschen verlassen, wärst du das.“
„Dann tu es doch! Mach diesen Schritt, und vergiss die Bilder. Ich würde sie gern ausstellen, und es wäre bestimmt ein Riesenerfolg, aber das ist nicht weiter wichtig. Glaub einfach an mich. Glaub an das, was wir letzte Nacht gefunden haben. Das war real, Ben, und das kannst du nicht abstreiten!“
Er lächelte betrübt, weil sie von seiner Arbeit auf ihre Beziehung zu sprechen gekommen waren. Das eine Thema gefiel ihm zwar
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