Julia Collection Band 25
verlieren.
Wie konnte sie Silas begehren? Gut, es war lange her, dass sie Sex gehabt hatte, und sie konnte sich nicht einmal mehr daran erinnern, wann sie zuletzt aufgewacht war und einen halb nackten Mann in ihrem Zimmer gesehen hatte. Aber dieser halb nackte Mann war Silas, um Himmels willen! Silas, der sich kaputtgelacht hatte, als er sie zum ersten Mal für ein Date aufgestylt gesehen hatte. Silas, der nach der Fasanenbefreiung gedroht hatte, sie übers Knie zu legen und grün und blau zu schlagen, wenn sie so etwas noch einmal machen würde. Silas, der ihr noch Schlimmeres angedroht hatte, als zwei der Greyhounds mit seinem Lieblingshemd von „Brooks Brothers“ Tauziehen gespielt hatten.
„Ich dachte, du würdest lieber hier oben frühstücken. Deshalb habe ich Kaffee, Obstsaft, Toast und Rührei bestellt.“
„Bist du sicher, dass du den richtigen Bademantel trägst?“, fragte Julia. „Er scheint dir ein wenig zu klein zu sein.“
„Falls du gleich über den Saum von deinem stolperst, müssen wir eben tauschen. Aber das wissen wir erst, wenn du endlich mal aufstehst.“
„Ich kann nicht, solange du da rumlungerst.“
„Warum nicht? Machst du dir etwa Sorgen wegen der Wirkung, die dein Mickymauspyjama auf mich haben könnte?“
„Der war angesagt, als ich zehn war“, erwiderte Julia böse.
„Und? Die Teddybärwärmflasche auch. Trotzdem hing sie noch immer neben den anderen an der Wand, als ich das letzte Mal in Amberley war.“
Murrend verfluchte sich Julia, weil sie nackt ins Bett gegangen war. Andererseits geschah es Silas recht, wenn sie einfach splitternackt aus dem Bett steigen würde. Mickymauspyjama! Von wegen. Sie würde es ihm zeigen!
Schließlich war es ja nicht so, als hätte noch nie ein Mann ihren nackten Körper gesehen. Auch wenn sie sich im Moment nicht erinnern konnte, bei den anderen diese mit Unsicherheit gespickte, prickelnde Erregung empfunden zu haben.
Bevor sie darüber nachdenken und den Mut verlieren konnte, stand Julia schnell auf.
„Was ist denn aus der Tätowierung geworden?“
Julia drehte sich nicht um, sondern blickte über die Schulter, während sie sich hinter der halb offenen Badezimmertür versteckte. „Welche Tätowierung?“
„Das Familienwappen. Mutter meinte, du hättest es dir auf den Po tätowieren lassen.“
„Habe ich auch – für eine Mutprobe. Aber das war nichts Dauerhaftes. Möchtest du sonst noch etwas wissen?“
„Nein, im Moment nicht. Ich schätze, es verrät einem Mann ziemlich viel über eine Frau, wenn er sieht, dass sie sich nicht nackt sonnt.“
„Noch nie was von Hautschäden durch UV-Strahlen gehört?“, erwiderte Julia schlagfertig. „Wenn ich nahtlose Bräune will, sprühe ich sie auf.“
„Glaub mir, die niedlichen weißen Dreiecke sind viel aufreizender. Für jeden Mann ist es ein gutes Gefühl zu wissen, dass er etwas sehen darf, was der Welt vorenthalten worden ist. Ich hatte vergessen, wie klein du ohne diese lächerlichen Schuhe bist, die du unbedingt immer tragen musst.“
„Klein?“ Verärgert und ohne nachzudenken, ging Julia ein paar Schritte auf ihn zu, dann flitzte sie wieder zurück, knallrot im Gesicht. „Ich bin einen Meter dreiundsechzig groß.“
„Wie gesagt, ich hatte vergessen, wie klein du bist“, wiederholte Silas spöttisch.
„Tja, aber ich habe nicht vergessen, was für ein überheblicher Besserwisser du bist!“ Julia verschwand im Bad und schloss laut die Tür hinter sich.
Zu ihrer Empörung zitterte sie doch tatsächlich. Warum hatte sie sich nur auf dieses Gespräch eingelassen? Sie hätte daran denken sollen, wie mühelos er sie immer schon mit seiner Arroganz hatte in Rage bringen können. Von klein auf war er überzeugt, dass alles, was er sagte und tat, großartig und richtig war.
Was war das wohl für ein Gefühl, so unerschütterlich und unverwundbar zu sein? Sicher hatten ihn sein Reichtum und gesellschaftlicher Rang vor finanzieller Not und der Härte des heutigen Berufs- und Alltagslebens geschützt, aber zweifellos war es sein Charakter, der ihn immun machte gegen emotionale Verletzungen und Selbstzweifel. Niemand hatte es jemals geschafft, erfolgreich seine Überzeugungen infrage zu stellen. Niemand hatte ihn jemals dazu gebracht, an sich selbst zu zweifeln oder an dem, was ihn motivierte. Sogar ihr Großvater, ein wirklich kluger Gentleman, behandelte Silas stets respektvoll und ehrerbietig.
Aber sie würde das nicht tun! Was würde ich nicht darum geben, an
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