Julia Collection Band 57
arbeitete, hatte sie gelernt, jeden Augenblick, jeden Tag neu zu genießen. Diesen Tag mit Jericho würde sie nie vergessen.
„Aber du bist verletzt worden.“ Jericho hielt kurz inne. „Und in deinen Augen stand das nackte Entsetzen.“
„Kann sein. Andererseits machen einen diese Missionen auch stärker, und man lernt viel, auch über sich selbst.“
Er nickte nur und drückte sie an sich. „Aber jetzt fühlst du dich wirklich gut und entspannt?“
Sie lachte leise. „Das sollte ich ja wohl …“
Er grinste und musste daran denken, wie ruhelos sie gewesen war, nachdem Simon sie wieder verlassen hatte. Sie hatte ihn in sein Bett gezogen und hatte ihn geliebt, leidenschaftlich und voller Begierde, als wollte sie alle schrecklichen Erinnerungen ein für alle Mal auslöschen. Und das schien ihr auch gelungen zu sein, denn kurz danach war sie in einen tiefen Schlaf gesunken. Vierundzwanzig Stunden hatte sie durchgeschlafen und sich dabei kaum bewegt. Fast die ganze Zeit hatte Jericho wach neben ihr gelegen, und als er dann nach einem kurzen tiefen Schlaf aufgewacht war, war sie verschwunden.
Aber er wusste, wo er sie finden konnte. Er hatte sich nur eine Jogginghose übergezogen und war mit nackten Füßen in den Wintergarten gegangen.
„Du wusstest wohl genau, dass ich hier bin?“, fragte sie.
„Ja.“
Maria kuschelte sich an ihn. Sie beobachtete, wie die Sonne den Tag zu neuem Leben erweckte, ein Leben, das so ganz anders war als das, was sie bei den Rebellen kennengelernt hatte.
Ein paar kleine weiße Reiher kreisten über den Wiesen, und die ersten Singvögel begrüßten den Morgen. Es herrschte eine friedliche Atmosphäre, die einen beinahe vergessen ließ, dass es in der Welt nicht überall so friedlich zuging.
Jericho seufzte leise. „Ich wünschte, wir könnten für immer hier bleiben.“ Sie strich ihm sanft über die Wange, und Jericho nahm ihre Hand und drückte einen Kuss in die Handfläche. „Aber das geht nicht. Was wollen wir also als Nächstes tun?“
Vorsichtig löste sie sich von ihm. Sie stand auf, denn sie konnte nicht nachdenken, wenn er sie in den Armen hielt. „Ich weiß nicht.“ Dann fügte sie leise hinzu: „Ich hatte mit so etwas nicht gerechnet.“
Ihre schmale Silhouette hob sich dunkel gegen den jetzt hellen Himmel ab. Ihr gelocktes schwarzes Haar glänzte in der Morgensonne. Jericho starrte sie an. Sie war so schön, und er liebte sie unendlich.
Sie drehte sich zu ihm um, aber er konnte im Gegenlicht ihren Gesichtsausdruck nicht erkennen. „Erst wollte ich den Auftrag, über die Museumseröffnung hier zu berichten, an jemand anderen weitergeben. Aber als ich auf mein Gefühl hörte, wusste ich, dass ich kommen wollte.“
„Warum?“
„Ich wollte dich wiedersehen.“
„Und womit hattest du nicht gerechnet?“
Sie zögerte. „Dass du mich nicht hasst. Dass meine Träume der Wirklichkeit entsprachen und du so bist, wie ich dich in Erinnerung hatte. Dass ich den Mann liebe, zu dem sich der Jericho von früher entwickelt hat.“ Sie hielt kurz inne. „Und dass ich dich nie verlassen möchte.“
„Aber?“ Als sie nicht antwortete, fuhr er fort: „Ich liebe dich, Maria Elena. Ich wollte diese Liebe unterdrücken, als du mich damals verlassen hattest. Ich nahm deinen Ring ab und versuchte, ohne dich zurechtzukommen. Aber es ging nicht. Du warst zu sehr ein Teil von mir. Wir gehörten zusammen. Wenn nicht hier, dann woanders.“
Sie trat näher an ihn heran, und er konnte jetzt ihre Gesichtszüge erkennen. „Du würdest Belle Terre verlassen?“
„Ich hätte Belle Terre damals schon verlassen, wenn du mich darum gebeten hättest.“
Maria wandte sich langsam von ihm ab, ihre Miene war ernst. „Es hätte nicht funktioniert. Ich war viel zu verwirrt, zu sehr verletzt und zu verbittert. Für mich gehörtest du zu denselben Kreisen wie die Jungen, die mich überfielen. Schlimmer noch, du warst ein Rivers, ein Junge aus einer ganz alten Familie. Und ich war eine Delacroix.“
„Das war mir doch vollkommen egal“, unterbrach Jericho sie schnell. „Es war mir gleichgültig, wer dein Vater war oder deine Großmutter oder deine Urgroßmutter.“
„Das weiß ich jetzt. Vielleicht wusste ich es auch damals schon, aber ich hatte solche Angst.“ Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern. „Ich hatte Angst vor meinen eigenen Gefühlen, Angst, an dich zu glauben. Aber am schlimmsten war meine Angst, dass unsere Liebe mit der Zeit vergehen würde und wir, ein
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