Julia Extra 0357
junge Männer, die erst im Waisenhaus und dann auf der Straße aufgewachsen waren, war es viel Geld. Kleidung, Bücher und andere Notwendigkeiten besorgten sie sich auf unübliche, vielleicht nicht ganz legale Weise – zumindest, wenn man Glücksspiel für Minderjährige für illegal hielt.
Wann immer sie nicht gearbeitet hatten – oder gewettet, um die mickrige Heuer aufzustocken –, hatten sie alles gelesen, was sie an Informationen über Unternehmensführung und Immobiliengeschäfte in die Finger bekamen. So war jeder von ihnen zum Experten auf einem Gebiet geworden, und sie würden ihr Wissen kombinieren, anstatt einzeln ihre Anstrengungen verdoppeln zu müssen. Gemeinsam hatten sie einen Plan ausgearbeitet, wie sie ihre Mittel zuerst durch den Kauf und Verkauf von Immobilien erheblich erhöhen konnten, um dann irgendwann eine eigene Immobilienfirma im ganz großen Stil aufzuziehen.
„Unser neues Leben als Businesstycoons Zephyr Nikos und Neo Stamos“, fügte Zephyr mit Inbrunst hinzu.
Neo hatte fast immer einen ernsten Ausdruck im Gesicht, doch jetzt zog ein Lächeln auf seine Lippen. „Bevor wir dreißig sind.“
„Bevor wir dreißig sind“, bekräftigte Zephyr mit der gleichen Entschiedenheit, die Neo fühlte.
Sie würden es schaffen. Versagen war keine Option.
Wenn aus Freundschaft plötzlich Liebe wird
1. KAPITEL
„Das ist ein Witz, oder?“
Neo starrte auf die aufwendige Geschenkurkunde mit dem Logo einer bekannten Wohltätigkeitsorganisation. Ganz bestimmt wollte Zephyr Nikos, sein ältester und einziger Freund, und nicht zu vergessen sein Geschäftspartner, ihn auf den Arm nehmen.
„Nein, kein Witz. Herzlichen Glückwunsch zum Fünfunddreißigsten, filos mou .“ Anders als früher, als sie nur Englisch miteinander gesprochen hatten, um ihre Sprachkenntnisse aufzupolieren, flochten sie heute griechische Wendungen in ihre Gespräche ein, damit sie ihre Muttersprache nicht vergaßen.
„Ein Freund würde wissen, dass ich mit einem solchen Geschenk nichts anfangen kann.“
„Im Gegenteil. Nur ein Freund kann beurteilen, wie passend und dringend notwendig dieses kleine Geschenk ist.“
„Klavierstunden?“ Und dann auch noch für ein ganzes Jahr. Kam gar nicht infrage! „Ich glaube kaum, dass ich die nutzen werde.“
Zephyr lehnte sich an den riesigen Mahagonischreibtisch, der mehr wert war, als sie in ihrem ersten Jahr verdient hatten. „Da bin ich anderer Meinung. Du hast die Wette verloren.“
Neo funkelte seinen Freund böse an. Alles, was er jetzt noch sagte, würde wie Gejammer klingen, hielten sie einander doch seit Jahren vor, dass Wettschulden Ehrenschulden waren. Er hätte es besser wissen müssen, als sich mit diesem Wetthai von einem Freund anzulegen.
„Sieh es als eine Art ärztliche Verordnung an.“
„Wird mir jetzt verordnet, eine Stunde pro Woche sinnlos zu vergeuden? Ich habe nicht einmal eine halbe zu erübrigen. Vielleicht weißt du ja mehr als ich …“ Könnte eines der weltweit laufenden Bauprojekte schlicht gestrichen worden sein? „… aber in meinem Terminkalender ist kein Platz für Klavierstunden.“ Wette hin oder her.
„Etwas geht tatsächlich vor sich, ohne dass du auch nur das Geringste davon mitbekommst, und das nennt sich Leben. Überall um dich herum spielt es sich ab, nur bist du so beschäftigt mit unserer Firma, dass du es verpasst.“
„Stamos und Nikos Enterprises ist mein Leben.“
Zephyr bedachte Neo mit einem mitleidigen Blick, so, als hätte er nicht ebenso hart gearbeitet, um die Vergangenheit hinter sich zu lassen. „Die Firma sollte unser Ticket zu einem neuen Leben sein, nicht das Einzige, wofür wir leben. Erinnerst du dich nicht mehr? Wir wollten vor unserem dreißigsten Lebensjahr Tycoons sein.“
„Das waren wir auch.“
Drei Jahre, nachdem sie den Fuß auf amerikanischen Boden gesetzt hatten, hatten sie die erste Million zusammengehabt. Einige weitere Jahre und sie waren Multimillionäre gewesen. Inzwischen waren er und Zephyr Hauptaktionäre eines globalen Multimilliarden-Dollar-Unternehmens. Stamos & Nikos Enterprises trug nicht nur Neos Namen, die Firma bestimmte jede Stunde seines Tagesablaufs. Und er hatte überhaupt nichts dagegen.
„Du wolltest ein großes Haus für dich und eine Familie gründen, weißt du noch?“, fragte Zephyr ironisch.
„Die Zeiten ändern sich.“ Von manchen Kindheitsträumen nahm man eben Abschied. „Mir gefällt mein Penthouse.“
Zephyr verdrehte die Augen. „Darum
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