Julia Extra 0357
nicht genau sagen. Ich hatte nie eine Frau zum Freund.“
„Dann sind wir schon zu zweit. Ich meine, ich hatte noch nie einen milliardenschweren Tycoon zum Freund.“ Obwohl er sicher sehr viel mehr über Frauen wusste als sie über Milliardäre. Oder Männer im Allgemeinen. „Also … Freunde küssen sich nicht?“, fragte sie noch einmal.
„Nein.“
„Warum nicht?“
„Die Frauen, mit denen ich Sex habe, halten sich nicht länger in meinem Leben als eine Nacht. Für unsere Freundschaft wünsche ich mir, dass sie länger dauert.“ Er klang geradezu verletzlich.
„Wir haben uns geküsst, nicht Sex gehabt. Oder?“ Vielleicht war es ja schon das Vorspiel gewesen, und sie hatte es nur nicht erkannt. Sie hätte sich auch nicht gewehrt, wenn er mehr von ihr verlangt hätte, wenn er sie ausgezogen hätte.
Himmel, während des Kusses hatte sie sich gewünscht, sie wären beide nackt!
„Du bist so unschuldig.“
„Und du hast Erfahrung. Mir scheint das die perfekte Kombination.“
„Aber nur in deiner übereifrigen Fantasie.“
„Jetzt bist du herablassend.“
„Realistisch.“
„Ich glaube, ich mag dich lieber, wenn du spontan bist.“
„Gut.“
„Gut?“
„Was könnte spontaner sein, als den Tag zusammen zu verbringen?“
„Ah, sind wir also wieder da angekommen?“
Sein Lächeln bestätigte ihre Vermutung. „Geh endlich duschen. Ich mache dir Frühstück.“
„Du kannst kochen?“
„Ich wurde nicht als reicher Mann geboren. Irgendeinen speziellen Wunsch?“ Er bemühte sich, nicht wie ein Kellner in einem Restaurant zu klingen, sondern wie ein superreicher Grieche, dem es Spaß machte, den Kellner zu spielen.
„Ein getoasteter Bagel mit Erdnussbutter reicht vollkommen.“ Auf dem Weg zur Tür schnappte Cass sich noch einen Apfel aus der Obstschale. Das hieß wohl, dass sie tatsächlich mit dem Gedanken spielte, mit ihm mitzufahren. Es war mehr als nur „spielen“, sie hatte sich längst in die Vorstellung gefügt. Nein, es war auch kein „Fügen“, sie freute sich wirklich darauf. Nach einem einzigen Kuss! Sie steckte wirklich bis zum Hals in Schwierigkeiten. Vielleicht war seine „Nicht-Küssen“-Regel doch eine gute Idee.
„Sollten die Handwerker auch nur einen Ast von den Fliederbüschen abbrechen, werde ich dir nie verzeihen“, sagte sie, bevor sie die Küche verließ, und hoffte, dass ihm klar war, wie ernst sie es meinte.
Neo fühlte sich, als hätte ihm jemand einen Tritt in den Magen versetzt. So etwas Großartiges wie den Kuss mit Cassandra hatte er lange nicht erlebt. Vielleicht noch nie.
Er hatte weder an seinen engen Terminkalender noch an die Tatsache gedacht, dass Gearys Crew gleich hier auftauchen würde. Er hatte gar nicht mehr aufhören wollen, Cass zu küssen. Der Schock dieser Erkenntnis brachte ihn dann schließlich dazu, sie loszulassen. Neo hatte sich absolut hilflos gefühlt, und das war eine ihm unbekannte Emotion. Diese Beschreibung passte nicht auf ihn, hatte nie auf ihn gepasst. Und würde auch in Zukunft nicht auf ihn passen.
Noch nie hatte er die Kontrolle verloren, vor allem nicht so schnell, nicht einmal als Jugendlicher. Und das durch einen einzigen Kuss! Er hatte nicht einmal ihre kleinen verlockenden Brüste berührt, geschweige denn nackte Haut gefühlt. Wie sehr er es gewollt hatte! Es war ihm wichtiger gewesen, als pünktlich zum Morgenmeeting zu erscheinen. Verdammt!
Cass hatte ihn ebenfalls nicht angefasst, hatte ihm nur ihre Lippen geboten. Ihre Reaktion war unerfahren gewesen – unschuldig sinnlich, voll unglaublich süßer Leidenschaft. Wenn ihn sein Instinkt nicht täuschte – und das tat er selten –, dann musste sie noch Jungfrau sein. Was ein gewichtiger Grund war, sich nicht auf etwas Körperliches mit ihr einzulassen. Er schlief grundsätzlich nur mit Frauen, die die Spielregeln kannten und Sex nicht mit Emotionen verwechselten. Frauen, mit denen er nie einen ganzen Tag verbringen würde, nicht einmal eine ganze Nacht.
Verflixt, selbst in seinen eigenen Augen waren das die Ansichten eines Chauvinisten. Aber es war schließlich nicht seine Schuld, dass er nie Freundschaften mit Angehörigen des schönen Geschlechts geschlossen hatte. Er schloss überhaupt keine Freundschaften – wie Zephyr so hämisch angemerkt hatte.
Neo wusste nicht, was ihn zu Cassandra hinzog. Aber in den letzten Wochen hatte er sich immer auf die Klavierstunden gefreut. Er mochte Cassandra als Mensch, trotz ihrer Ticks und Macken. Sie war
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