Julia Extra 260
seines Chefs aus purem Ehrgeiz heraus geheiratet habe. Hilary hatte es vermutlich auch nicht geglaubt, als er ihr sagte, er habe seine Frau geliebt.
Jason vermutete, dass man es ihr nicht verdenken konnte, dass sie einen Antrag von ihm erwartete. Schließlich hatte er ein halbes Jahr lang jedes Wochenende mit ihr verbracht.
Zu seiner Verteidigung ließ sich anbringen, dass er ihr von Anfang an klargemacht hatte, dass eine zweite Ehe für ihn nicht infrage kam.
Doch vergangenen Samstag begann Hilary plötzlich, ihn in Sachen Heirat unter Druck zu setzen, und er wusste, dass er das nicht tun konnte. So attraktiv Hilary auch war, er liebte sie nicht, und wenn man einmal geliebt hatte – wirklich und wahrhaftig geliebt –, dann konnte man sich nicht mehr mit weniger zufrieden geben.
Nachdem Hilary davongestürmt war, konnte er nicht einschlafen. Also nahm er eine der Schlaftabletten, die der Arzt ihm nach Karens Tod verschrieben hatte. Er wollte einfach nur vergessen.
Aber sein Schlaf war voller Träume, zumeist von Karen, die ihm sagte, dass er nicht trauern solle, dass er eines Tages jemand anders treffen würde, jemanden, der besser zu ihm passen würde, der ihm Kinder schenken konnte und ein wundervolles Leben.
Dumme Träume, denn Jason wusste, dass das nicht geschehen würde.
Und dann, scheinbar nur Sekunden, bevor er aufwachte, kam dieser andere, merkwürdige Traum.
Er fuhr übers Land und plötzlich, in der Mitte einer großen Wiese, da sah er diese riesige Werbung mit einer Blondine. Manhatte sie von hinten fotografiert, von der Hüfte aufwärts, und sie war nackt. Die Wirkung war unglaublich erotisch. Sie war schlank und dennoch kurvig, mit makelloser Haut und langem, glänzendem blonden Haar, das ihr halb über den Rücken fiel. Sie hatte die Arme ausgebreitet und warf eine Flasche Shampoo in den strahlend blauen Himmel. Am unteren Ende des Werbeplakats standen die Worte: STARTEN SIE JEDEN TAG MIT SUNSHINE.
Als Jason aufwachte, empfand er Erleichterung, dass es nur ein Traum gewesen war, aber das Bild dieser Werbung blieb ihm die ganze Woche im Gedächtnis haften. Es verfolgte ihn.
Nie zuvor hatte er eine solche Werbung gesehen. Er hatte allerdings von dem Markennamen Sunshine gehört. Flüchtig. Er hatte es nur für ein Reinigungsmittel gehalten.
Daraufhin ging Jason in einen Supermarkt und entdeckte, dass es eine ganze Reihe von Produkten der Marke Sunshine gab. Sie wurden von einer Firma namens Beville Holdings hergestellt. Weitere Nachforschungen durch seinen Broker ergaben, dass Beville Holdings ein kleines, aber fest eingesessenes Unternehmen war mit einem Mutterkonzern in England. Die Aktien lagen im Keller, weil man seit zwei Jahren keinen Gewinn und keine ordentliche Dividende gemacht hatte.
„Und eine Woche später stehe ich hier“, murmelte Jason. „Der Besitzer besagter Firma.“
Während er das Hauptgebäude von Beville Holdings betrachtete, schüttelte er den Kopf. Er glaubte nicht wirklich an Schicksal oder Karma. Im Großen und Ganzen war er ein praktisch veranlagter Mann.
Doch er konnte nicht leugnen, dass das in der vergangenen Woche anders ausgesehen hatte. Dieser verrückte Traum hatte ihn zu einer völlig überstürzten Entscheidung verführt. Sobald er wusste, dass es eine Firma gab, die Sunshine-Produkte herstellte, war er überzeugt davon, das Unternehmen kaufen zu müssen – ohne sorgfältige Marktforschung, was sonst immer seine Art war.
Bob glaubte schon, er habe den Verstand verloren.
Und dennoch, wenn er immer auf Bob hörte, dann würde er nie etwas kaufen. Bob war ein großartiger Assistent, aber vollkommen unschlüssig. Er ging nie ein Risiko ein.
Während Jason durch die Fronttür schritt, entschied er, dassder Erfolg davon abhängig war, was er hier im Innern vorfand. Wenn es ernsthafte Probleme im Verkauf- und Marketingbereich gab, konnte es knifflig werden.
Dann würde er hohe Abfindungen zahlen müssen, um das schlechte Management loszuwerden. Eine teure Sache.
Genauso wie das Dekor hier, dachte Jason, als er den dicken jadegrünen Teppich betrat, der in der Empfangshalle auslag. Seine Augenbrauen hoben sich, als er die lederne Sitzgruppe sah und die teuren Aquarelle an den Wänden. Sein nachdenklicher Blick blieb schließlich an der sehr modernen und äußerst unbemannten Rezeption hängen.
Er schaute gerade auf seine Armbanduhr – drei Minuten vor halb neun –, als er aus dem Augenwinkel heraus eine Bewegung wahrnahm. Jason drehte sich um und
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