Julia Extra 260
lebte.
Aber solche Männer waren alle gleich. Sobald sie über Geld verfügten, gaben sie sich nicht länger mit Bescheidenheit ab. Reiche Leute wählten Autos, die angeblich ihre Persönlichkeit und Macht widerspiegelten.
„Vielen Dank für die Vorwarnung, Ted“, sagte Leah und fuhr weiter ins Personalparkhaus, das überraschend voll war. Alle Autos der Manager standen da, was für diese frühe Uhrzeit an einem Montagmorgen äußerst ungewöhnlich war. Die mussten auch bereits von der Übernahme gelesen und entschieden haben, dass sie lieber einen guten ersten Eindruck hinterlassen wollten.
Der einzige noch freie Parkplatz lag direkt neben einem dunkelblauen Sportwagen.
Leah zögerte, doch dann stellte sie ihren alten Golf dort ab. Sie wollte sich nicht länger von dieser merkwürdigen Nervosität ins Bockshorn jagen lassen.
Er war schließlich nur ein Mann, verdammt noch mal! Sie hatte schon genügend andere kennengelernt, die genauso attraktiv waren. Mein Gott, sie war mit einem von ihnen verheiratet gewesen!
Mit hoch erhobenem Kopf stieg sie aus und ging zur Beifahrertür hinüber, um von dort ihre Handtasche herauszuholen. Dabei warf sie einen neugierigen Blick in den blauen Sportwagen.
Weder auf den hellen Ledersitzen noch auf dem Boden war irgendetwas zu sehen. Nichts, was auch nur den kleinsten Hinweis auf Jason Pollacks Charakter gegeben hätte. Außer vielleicht, dass er ein Sauberkeitsfanatiker zu sein schien. Nirgendwo war auch nur ein Staubkörnchen zu sehen oder ein Stück Abfall.
Solche Leute waren in der Regel sehr kritisch und mussten alles kontrollieren.
„Dann siehst du besser zu, dass du an die Arbeit kommst“, murmelte sie laut, schloss ihren Wagen ab und eilte den Weg entlang, der zum Hauptgebäude führte, einem rechteckigen Ziegelbau aus den frühen Sechzigern, der jedoch im vergangenen Jahrrenoviert worden war.
Wenn man sich Beville Holdings von außen ansah, käme man nie auf die Idee, dass das Unternehmen schon seit einer ganzen Weile keinen Gewinn mehr machte. Im Gegenteil. Man würde eher glauben, alles liefe ganz wunderbar.
Leah ging durch die Fronttür, vorbei an der leeren Rezeption und zur nahe gelegenen Damentoilette. Ihre Armbanduhr besagte, dass es dreiundzwanzig Minuten nach acht war. Sie hatte also nur noch fünf Minuten, um ihr Aussehen zu überprüfen, ehe sie am halbrunden Rezeptionstisch sitzen und kühl, ruhig und souverän wirken musste.
Dummerweise fühlte sie sich kein bisschen so.
Jason verabschiedete sich vom Vorarbeiter der Fabrik, dankte ihm für seine Hilfe, aber lehnte sein Angebot ab, ihn zum Hauptgebäude zu begleiten.
Jason wollte nachdenken. Und das gelang ihm besser, wenn er allein war.
Langsam schlenderte er den gut ausgewiesenen Weg entlang und fragte sich, was er sich eigentlich dabei gedacht hatte, eine Firma zu kaufen, die Duschgel, Shampoo, Sonnenmilch und Feuchtigkeitscreme herstellte. Was in aller Welt wusste er über solche Produkte?
Rein gar nichts.
Er wünschte, er hätte eine ausführlichere Marktforschung betrieben, ehe er am Freitag die Mehrheit der Anteile aufkaufte.
Noch nie zuvor in seinem Leben hatte er wegen eines Traums eine Firma gekauft. Eines Traums, um Himmels willen!
Es war Samstagnacht passiert, der Nacht, in der er sich von Hilary getrennt hatte. Er war aufgewühlt gewesen, weil sie sich aufgeregt und er sie um keinen Preis hatte verletzen wollen.
Sie waren sich sechs Monate zuvor bei einer Dinnerparty begegnet, die furchtbar langweilig war, bis Hilary ihm zuzwinkerte. Später fand er heraus, dass ihre Gastgeberin sich als Kupplerin versuchte, denn Hilary war noch nicht lange geschieden. Sie war in seinem Alter, schlank, brünett, attraktiv und intelligent. Jason landete noch am selben Abend mit ihr im Bett – seine erste Frau, seit Karen vor vier Jahren gestorben war. Seine Libido schien die Trauer endlich überwunden zu haben und wieder zu Leben erwacht zu sein – und seitdem wollte sie auch nicht wiederzur Ruhe kommen.
Rückblickend wunderte Jason sich selbst, dass er vier lange Jahre enthaltsam geblieben war. Sex hatte nämlich immer eine große Rolle in seinem Leben gespielt.
Ab dem Alter von sechzehn war er niemals ohne Freundin gewesen, obwohl er nie geliebt hatte.
Bis er Karen traf.
Eine reifere Frau, fünfzehn Jahre älter als er. Sie war zweiundvierzig, er siebenundzwanzig. Dennoch hatten sie perfekt zusammengepasst. Sie waren so glücklich gewesen.
Natürlich glaubte jeder, dass er die Witwe
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