Julia Extra 260
all das zugelassen.
„Auf Paris und darauf, dass Ihnen die Stadt gefällt!“ Markos hob sein Glas, und sie erwiderte sein Lächeln. Einen Augenblick funkelte etwas in seinen Augen, und ein Schauer durchlief sie, der nichts mit dem Wunder zu tun hatte, dass sie tatsächlich endlich in Paris war.
Aber dann war das Funkeln verschwunden, und ihr Erschauern entsprang nur noch dem Wunder, in Paris zu sein.
Es hatte nichts mit dem Mann zu tun, der aus irgendeinem Grund, den sie sich nicht erklären konnte, mit ihr zu Mittag aß.
Es ist nur Lunch. Er ist nur höflich. Nett. Freundlich. Und hat Mitleid mit einer englischen Touristin, die zum ersten Mal in Paris ist.
Und die noch einen vollen Tagesplan vor sich hat, dachte sie energisch, nahm ihren Rucksack auf den Schoß und kramte nach ihrem Portemonnaie.
„Könnten Sie um getrennte Rechnungen bitten?“, fragte sie.
Markos starrte sie an. Hatte er sich nicht etwas Neues, Unbekanntes gewünscht? Jetzt hatte er es bekommen. Bisher hatte keine Frau jemals auch nur die geringsten Einwände erhoben, wenn er ihr Essen bezahlt hatte … oder andere Dinge.
„Ich werde mich darum kümmern“, sagte er und winkte dem Kellner. Normalerweise hätte er so weltliche Dinge wie Restaurantrechnungen Taki oder Stelios überlassen, aber die waren in ihre Zeitungen vertieft. Vanessa hatte die beiden noch gar nicht bemerkt.
Vanessa. Insgeheim flüsterte er ihren Namen. Sie hatte ihn nennen müssen, nachdem er sich vorgestellt hatte. Auch das war etwas Neues. Normalerweise waren Frauen stets sehr darauf bedacht, ihm so schnell wie möglich ihre Vornamen zu nennen – in der Hoffnung auf mehr. Aber die Schönheit ihm gegenüber hatte gezögert, ihm ihren Namen zu sagen.
Und doch war sie mit ihm in dieses Restaurant gegangen. Ihre Miene spiegelte die ganze Zeit über eine gewisse Verwirrung wider, als sei sie nicht sicher, wie es dazu hatte kommen können. Das amüsierte ihn und gefiel ihm gleichermaßen.
Vanessa Ovington war in der Tat eine Rarität.
Eine, die er genießen würde.
Als der Kellner an ihren Tisch trat, reichte Markos ihm eine seiner Kreditkarten. Hastig zog Vanessa einige Geldscheine hervor und legte sie auf den Tisch.
„Ich denke, das sollte für meinen Anteil reichen“, meinte sie.
Verblüfft sah Markos sie an. Ein Funkeln lag in ihren goldenen Augen. Er musste lächeln.
„Vielen Dank“, sagte er und nahm die Geldscheine. „Manchmal muss man einen Schritt zurückgehen, um besser springen zu können.“
Jetzt war es an ihr, ihn verdutzt anzusehen. Offensichtlich hatte sie keine Ahnung, warum er das gesagt hatte.
Aber das störte Markos nicht. Ganz und gar nicht.
Er hatte ein klares Ziel vor Augen, und dass die rothaarige Schönheit noch nichts davon mitbekommen hatte, gab der Angelegenheit eine pikante Note, die ebenso vergnüglich wie neu war.
„Und“, sagte er im Plauderton, „wohin gehen wir jetzt? Zum Invalidendom oder ins Rodinmuseum?“
Und Vanessa ging mit ihm – fand aber nie wirklich heraus, warum, obwohl sie später wieder und wieder darüber nachdachte.
2. KAPITEL
Erst nach einer Woche schaffte Markos es, sie in sein Bett zu locken. Allerdings war er auch nicht in Eile. Tatsächlich genoss er das Neue an ihrer Gesellschaft so sehr, dass er eine langsameVerführung bevorzugte. Nicht, dass sie sich dessen bewusst war –, und das verlieh seinem Vorhaben einen besonderen Reiz.
An jenem ersten Nachmittag hatte er sie zum Rodinmuseum geführt. Auf dem Museumsvorplatz stand Rodins berühmte Statue – Der Denker. Voller Bewunderung betrachtete Vanessa das Meisterwerk und war ganz in diesen Anblick versunken.
Das Sonnenlicht brachte ihre rotgoldenen Haare zum Leuchten. Kein Bildhauer kann diesen Anblick einfangen, dachte er. Und selbst ein Gemälde würde daneben steif und tot wirken. Ihr Haar wirkte so lebendig; er wollte mit den Fingern durch die Locken streichen, ihren Kopf neigen, ihren Mund an seinen ziehen, ihre geöffneten Lippen schmecken …
Von einem der umstehenden Bäume segelte ein Blatt herunter und verfing sich in ihren Haaren.
„Halten Sie still“, befahl er sanft.
Bewegungslos blieb sie stehen, ihm den Kopf halb zugewandt. Geschickt befreite er das Blatt, ließ sie aber noch nicht los. Eine Hand ruhte auf ihrer Schulter, die andere berührte immer noch ihr Haar. Einen endlosen Moment genoss er die Art und Weise, wie sie zu ihm aufschaute.
In ihren goldenen Augen spiegelten sich die unterschiedlichsten Gefühle –
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