Julia Extra Band 0211
dunklen Hose und dem hellen Jackett auf eine selbstverständliche Weise elegant wirkte.
Auf der Fahrt sprachen sie wenig miteinander. Marcus schien in Gedanken versunken zu sein, und Jenna fühlte sich angespannt. Nachdem er vor dem Haus seiner Eltern geparkt hatte, öffnete er für sie die Wagentür und hielt sie dann einen Moment lang am Arm fest. “Denk daran. Ich kann dich jederzeit nach Hause bringen.”
“Danke, es wird sicher nett”, erwiderte Jenna und nahm innerlich ihren ganzen Mut zusammen.
Dennoch verspürte sie einen schmerzlichen Stich, als Dean sie herzlich begrüßte. Noch schwerer fiel es ihr, Callie anzusehen. Mit einem gezwungenen Lächeln reichte sie ihr ein hübsch eingepacktes Geschenkpäckchen mit Kristallgläsern.
Das Paar strahlte geradezu vor Glück, sodass Jenna froh war, als Marcus sie von ihnen weglotste. Er reichte ihr ein Glas Gin Tonic. “Du solltest besser auch etwas essen. Dort drüben stehen einige Schälchen mit Nüssen und Chips.”
“Keine Angst”, erwiderte sie. “Ich werde mich bestimmt nicht wieder betrinken.”
Er hob eine Augenbraue und sah sie lächelnd an. “Du enttäuschst mich, Jenna. Ich hatte mich schon darauf gefreut.”
Sie riss vor Verblüffung die Augen auf. Flirtete er etwa mit ihr?
Er lachte leise. “Ich habe dir doch gesagt, dass ich dich gern geküsst habe. Gehe ich zu weit, wenn ich auf eine Wiederholung hoffe?”
Röte stieg ihr in die Wangen. “Ja … ich meine, du weißt, dass ich …” stammelte sie. “Ich war nicht ich selbst. Katie sagt, dass du wie ein großer Bruder für mich seist.”
“Katie behauptet viele dumme Sachen”, entgegnete Marcus. Er schaute sie eindringlich an. “Ich sollte hier wohl besser etwas klarstellen. Ich betrachte dich ganz und gar nicht als meine Schwester.”
Für einen Moment war sie verletzt. Doch dann sah sie, wie er rasch zu Dean hinschaute, der sie beobachtete. “Wenn du mich als Schutzschild brauchst, bin ich jederzeit für dich da”, erklärte Marcus.
Das war es also! Er tat nur so, als ob er sich von ihr angezogen fühlte, damit sie niemand als ein zurückgewiesenes Mauerblümchen betrachtete.
Jennas Stolz war getroffen. “Das ist nicht nötig, Marcus. Ich bin für mich selbst verantwortlich. Das habe ich dir schon einmal gesagt.”
“Ich glaube, du hast dich seit Deans Aufenthalt in Amerika in einem Winterschlaf befunden.”
“Was meinst du damit?”
“Wann wachst du endlich auf und merkst, dass es da draußen eine Welt zu entdecken gibt?”
“Ich habe mich nicht nur nach Dean verzehrt”, protestierte sie verletzt. “Ich gehe meiner Arbeit nach, habe viele Freunde und manchmal habe ich mich sogar ein bisschen verliebt.”
“Du hattest aber noch keine ernste Beziehung – oder?”
Jenna riss verärgert die Augen auf. “Das geht dich überhaupt nichts an!”
Marcus lachte aus vollem Herzen. Sein Gesicht, das meist verschlossen wirkte, entspannte sich plötzlich, und in seinen Augen zeigte sich ein warmes Funkeln. Sie bemerkte, dass Dean interessiert zu ihnen herüberschaute.
“Was ist daran so lustig?”, zischte sie.
“Du hast mich gerade an dein Verhalten als Kind erinnert.”
“Aufbrausend?”, fragte sie misstrauisch.
Marcus schüttelte den Kopf. “Du warst als Kind sehr süß, aber verdammt starrsinnig. Treu bis zur Selbstaufgabe und ziemlich aggressiv, wenn du dich verteidigen musstest. Und wehe dem, der irgendetwas gegen die Zwillinge sagte.”
“Ich war also ein kleines Ungeheuer.”
“Nein, ganz und gar nicht. Deine Treue mag dich manchmal in die falsche Richtung getrieben haben, aber es ist trotzdem eine bewundernswerte Eigenschaft. Und deine Aggressivität nahm mit den Jahren ab.”
“Ich war ziemlich unsicher, als wir nebenan einzogen.”
Jennas Vater hatte auf einer Farm gearbeitet und war bei einem Unfall ums Leben gekommen. Nach seinem Tod war die Welt ihrer Mutter zusammengebrochen. Sie war kaum in der Lage, sich um ihre verstörte sechsjährige Tochter zu kümmern.
Das kleine Mädchen hatte bald begriffen, dass sie ihr Leben selbst in die Hand nehmen musste. Sie fing an, sich den Wecker zu stellen, ihr Frühstück selbst zuzubereiten und den Schulbus rechtzeitig zu bekommen.
Als sie zwei Jahre nach dem Tod des Vaters in den hübschen kleinen Ort in der Nähe von Auckland zogen, hieß sie Mrs Crossan über den Zaun hinweg willkommen. Sie lud Jenna gleich ein, doch mit ihren Zwillingen zu spielen.
Vom ersten Tag an hatte Jenna die beiden
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