Julia Extra Band 0211
erscheinen.
“Du bist aber nicht betrunken”, entgegnete er. “Sonst hätte ich es nicht versucht.”
Er hatte sie gewarnt, dass er sie noch einmal küssen wollte. Doch hatte sie damals angenommen, dass er sie damit nur zum Lachen hatte bringen wollen.
Aber zweifelsohne hatte er die Zärtlichkeiten genossen. Und ihr war es nicht anders ergangen.
War sie denn nicht noch immer wegen Dean verzweifelt? Wie konnte sie nur so oberflächlich sein!
Es musste an ihrem Körper liegen, der sich nach Sex sehnte. Vier Jahre lang hatte sie dieses Thema absichtlich verdrängt, und jetzt spielten ihre Hormone verrückt.
Sie musste niemandem treu sein. Es gab keinen Grund mehr, enthaltsam zu leben. Nur ihre altmodisch romantische Vorstellung, auf den Richtigen zu warten, hielt sie noch zurück.
Für einen Moment spielte sie mit dem Gedanken, Marcus zu sagen: “Bring mich zu dir und nimm mich in dein Bett.”
Aber natürlich tat sie es nicht. Am nächsten Morgen würde sie es bestimmt bereuen.
Marcus und sie – das war doch völlig unmöglich. Sie stand seiner Familie viel zu nahe. Wie würden die anderen reagieren, wenn sie davon erführen? Es würde nur zu unnötigen Verwicklungen kommen, und die Gefahr bestünde, dass sie ihre Ziehfamilie verlieren könnte.
Marcus öffnete die Hintertür und schaltete das Licht ein. Er schaute Jenna aufmerksam an.
Sie strich sich nervös das Haar aus dem Gesicht. “Ich muss kurz ins Bad.”
Eilig lief sie an ihm vorbei die Treppe hoch. Oben warf sie einen Blick über die Schulter und sah, dass er am Fußende stand und zu ihr heraufsah. Auf seinem Gesicht zeigte sich ein Ausdruck, den sie noch nie an ihm wahrgenommen hatte – leidenschaftliches Verlangen.
Dann lächelte er, und der Blick verschwand. Wahrscheinlich hatte sie sich geirrt. Sie wandte sich ab und ging ins Badezimmer.
Irgendwie schaffte es Jenna, die restliche Party zu überstehen und später sogar gut einzuschlafen. Vielleicht hatte der Wein geholfen.
Katie, mit der sie sich bei den Crossans ein Zimmer teilte, schlief noch tief, als ihre Freundin aufstand und ins Bad schlüpfte, um zu duschen.
Als sie mit feuchten Haaren und einem großen Handtuch um sich gewickelt wieder herauskam, stand Marcus vor der Tür. Er lehnte an der gegenüberliegenden Wand und trug nichts außer schwarzen Boxershorts.
Sie hatte ihn schon oft so gering bekleidet gesehen. Früher war sie jeden Sommer mit ihm und seinen Geschwistern zum Schwimmen gegangen, und es war auch nicht das erste Mal, dass sie sich vor dem Badezimmer trafen.
Doch bisher hatte sie seine breiten Schultern, die schmalen Hüften, die langen, schlanken Beine und seine muskulösen Arme nie bemerkt.
Sie war sich auch noch nie so bewusst gewesen, dass sie selbst sehr wenig trug. Das Handtuch war zwar groß genug, um sie züchtig einzuhüllen; aber Marcus betrachtete dennoch aufmerksam ihre nackten Schultern und Beine. In seinem Gesicht spiegelte sich keine Regung wider, doch sie selbst spürte, wie sein Blick ihr Herz schneller schlagen ließ.
“Guten Morgen”, sagte er.
“Alles frei für dich”, erwiderte sie und schlüpfte an ihm vorbei.
“Danke.” Ehe er ins Bad trat, drehte er sich noch einmal um. “Jenna?”
Widerstrebend wandte sie sich ihm zu. “Ja?”
“Danke für letzte Nacht.”
Vor Verwirrung stieg ihr Röte in die Wangen. “
Ich
sollte dir für dein Mitgefühl danken.”
Marcus runzelte die Stirn. “Glaubst du, ich habe dich aus Mitgefühl geküsst?”
“Warum sonst?”
Eine Schlafzimmertür öffnete sich, und Dean stolperte schlaftrunken in den Flur. “Hallo.” Er schaute die beiden fragend an. “Jemand im Badezimmer?”
“Ich wollte gerade hinein”, erwiderte Marcus. “Wird nicht lange dauern.”
Jenna machte gerade Kaffee und Toast, als Marcus die Küche betrat. Er war der Einzige in der Familie, der meist früh aufstand, sodass sie schon des Öfteren zu zweit gefrühstückt hatten.
“Ganz wie früher”, erklärte Marcus, der offenbar dasselbe gedacht hatte. Er nahm eine Scheibe Toast und bestrich sie mit Butter.
Jenna schob ihm das Glas mit Orangenmarmelade hin und biss in ihr Brot, um nicht antworten zu müssen. Es war nicht wie früher. Es war plötzlich völlig anders.
Heimlich beobachtete sie ihn. Seine Hände waren kräftig, und seine langen Finger wirkten anmutig. Dunkle Härchen zeigten sich unter seinem silbernen Uhrarmband. Diese Hände hatten sie am Abend zuvor gestreichelt, während er sie geküsst
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