JULIA EXTRA BAND 0272
kleines Mädchen mit seinen Augen. Mit Jake würde sie nie ein Kind haben können.
Als sie schließlich nach unten ging, war sie innerlich darauf eingestellt, ihn zur Abreise aufzufordern. Sollte er sich weigern, würde sie ihre Sachen packen und zu Abby fahren. Bei ihr würde sie erst einmal Zuflucht finden.
Im Haus herrschte Stille, und sie traf Jake weder im Wohnraum noch in der Küche an. Automatisch sah sie aus dem Fenster und entdeckte Spuren im Schnee, die von der Hintertür wegführten. Wie es schien, war er irgendwo draußen und machte einen Spaziergang. Also würde sie sich wohl oder übel gedulden müssen, bis er davon zurückkehrte.
Sie bereitete sich ein Sandwich zu, aß es im Stehen und ging wieder nach oben, um sich dem letzten Zimmer auf der Etage zu widmen. War nicht Arbeit die beste Medizin?
Nichts hat sich geändert, seit ich Washington verlassen habe, dachte Cath, während sie abschließend den Flur im ersten Stock saugte. Eine kurze Zeit lang hatte sie gemeint, die Dinge würden sich zum Guten wenden und Jake und sie könnten alles haben. Nun war sie wieder an demselben Punkt wie vor knapp einer Woche: Es galt, sich von ihm zu trennen, um dann vielleicht einen neuen Partner zu finden, mit dem sie eine Familie gründen konnte.
Sie trug die Putzutensilien hinunter ins Esszimmer. Wenn sie morgen noch hier wäre, würde sie mit den Räumen im Erdgeschoss anfangen. Ihr Blick fiel auf die Tagebücher, die sich auf dem Tisch stapelten. Nein, ihr war momentan nicht danach zumute, etwas über Tansy und deren Leben zu lesen. Es hatte kein Happy End – genauso wenig wie ihres.
Cath runzelte die Stirn. Eigentlich stimmte das nicht ganz. Tansy hatte ihren Mann verloren, aber ihrer war wohlauf. Sie schluckte. Hatte sie vergleichsweise nicht sehr viel? Tansy hätte alles darum gegeben, ihren Jonathan wiederzusehen. Und sie und Jake hatten ein paar wunderbare Tage miteinander verbracht.
Cath ging in die Küche und stellte erstaunt fest, dass es schon nach vier Uhr war. Wo blieb Jake nur so lange? Sie hatte noch gar nichts von ihm gehört. Er war doch nicht etwa abgereist, ohne ihr Bescheid zu sagen? Sie machte auf dem Absatz kehrt und eilte die Treppe hinauf in sein Zimmer. Sein Matchsack stand noch da, und ohne seine Sachen war er sicher nicht aufgebrochen.
10. KAPITEL
Nachdem Cath geduscht hatte, kehrte sie nach unten zurück. Sie schob den Braten vom Vortag in den Backofen, um ihn aufzuwärmen, und stellte einen Topf mit Gemüse auf den Herd, um es auf kleiner Flamme zu erhitzen.
Allmählich wurde es dunkel, und trotz allen Kummers begann sie, sich um Jake zu sorgen. Oder war er am Ende vielleicht doch abgereist? Bevor sie ins Bad gegangen war, hatte sie zufällig bemerkt, dass sein Auto nicht mehr vor dem Haus stand.
Ihr Blick fiel auf die Wiege in der Ecke. Warum hatte er so lange geschwiegen? Nur wann wäre der geeignete Zeitpunkt gewesen, es ihr zu erzählen? Ja, im Herbst, als sie zum ersten Mal davon gesprochen hatte, dass sie ein Kind haben wolle. Aber er hatte nichts gesagt, aus Angst, sie könnte ihn dann verlassen.
Tränen traten ihr in die Augen, und sie wischte sie energisch fort, da hörte sie draußen auf dem Hof ein Auto vorfahren. Das musste Jake sein. Sie ging wieder zum Herd und rührte das Gemüse um, als er die Küche betrat und lautstark etwas auf den Tisch legte. Sogleich drehte sie sich um.
„Deine Tante hat eure Familiengeschichte aufgeschrieben und eine Kopie an die örtliche Bibliothek gegeben, die über eine hervorragende genealogische Abteilung verfügt. Alles, was du über Jonathan und Tansy wissen willst, findest du in diesen Unterlagen.“
„Du hast über Jonathan und Tansy recherchiert?“, erkundigte sie sich ungläubig. Er hatte ihre Welt auf den Kopf gestellt und war dann losgezogen, um Ahnenforschung zu betreiben?
„Ja, und einige offene Fragen geklärt. Morgen Vormittag reise ich ab.“ Schon verließ er die Küche und zog die Tür hinter sich zu.
Kein Wort der Entschuldigung, kein Anzeichen von Bedauern, dachte Cath, während sie starr zu dem Papierstoß blickte.Er hatte ihn auf den Tisch geknallt und war verschwunden.
Langsam setzte sie einen Fuß vor den anderen und nahm den Stapel schließlich in die Hand. Er bestand aus drei Teilen, die jeweils von einer großen Büroklammer zusammengehalten wurden. Es handelte sich um eine Familienchronik, die Geschichte dieses Hauses und eine Sammlung offizieller Dokumente aus der Kreisverwaltung. Offenbar hatte
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