JULIA EXTRA BAND 0274
einen seiner Filme gesehen. Denn ihre erste Liebe waren Bücher, genau wie für ihren geliebten Großvater. Deshalb war in ihrer Familie auch niemand verwundert gewesen, als sie die Ausbildung zur Bibliothekarin begonnen hatte, anstatt einen prestigeträchtigeren Beruf anzustreben. Und Isabellas Anstrengungen, sich als Autorin zu profilieren, wurden aucheher als eine fixe Idee angesehen, die ihr kein Geld einbringen würde.
„Nun bin ich schuld daran, dass sie rot geworden sind!“, neckte Leandro sie, den ihr offensichtliches Unbehagen über seine spielerische Bemerkung amüsierte. „Habe ich Sie in Verlegenheit gebracht, schöne Isabella?“
„Nein, Señor Reyes.“ Sie zuckte die Achseln. „Nun ja … ein wenig. Ich würde es vorziehen, wenn sich unser Gespräch auf den Pilgerpfad konzentriert.“ Sie wollte ihn von seinen Neckereien abbringen, die sie zu sehr ablenkten.
„Leandro … mein Name ist Leandro, und wenn wir den Abend gemeinsam verbringen, muss ich darauf bestehen, dass Sie mich so nennen und nicht Señor Reyes … sí?“ Bevor er die Überraschung in ihren verführerischen dunklen Augen länger beobachten konnte, wurde er von Señor Varez an die Bar gerufen. Ein Anruf. Leandro zweifelte nicht daran, dass es Alphonso sein würde. Während er sich erhob, lächelte er Isabella zu und stellte fest, dass er nicht mehr voller Ungeduld auf die Ankunft seines Freundes wartete … er hatte jetzt eine viel interessantere Beschäftigung. Als er wieder an den Tisch zurückkehrte und es sich wieder auf seinem Stuhl bequem machte, machte er eine wegwerfende Handbewegung.
„Meine Verabredung ist abgesagt worden, das heißt, dass sie jetzt in aller Ruhe mit mir sprechen können, Isabella.“ Er beugte sich vor, und sein Gesichtsausdruck wurde ernst. „Um das noch einmal klarzustellen – mir wäre es lieber, wenn das, was wir besprechen, unter uns bleiben und nicht im Magazin Ihrer Schwester veröffentlicht würde. Sie können das, was ich Ihnen erzähle, gerne für Ihr Buch verwenden, aber das ist alles.“
„Natürlich … und vielen Dank, dass Sie bereit sind, mit mir zu reden.“
Zu seinem Erstaunen bemerkte Leandro, dass die Aussicht, den Abend mit dieser jungen Frau zu verbringen, ihn – seiner misstrauischen Natur zum Trotz – definitiv erfreute. Abgesehen von ihrem Aussehen, das ihn magnetisch anzog, machte etwas an ihrem Verhalten ihn zutiefst neugierig. Auch aus ihren Augen sprach eine große Vorsicht … Leandro erkannte sie und fragte sich, wer oder was sie verursachthatte. Er hoffte, dass er es nicht bereuen würde, seine übliche Zurückhaltung aufgegeben zu haben, um ihr einen kleinen Einblick in seine Auffassungen über den Jakobsweg zu gewähren.
Trotz der unleugbaren Faszination, die seine unerwartete Gefährtin auf ihn ausübte, war er gleichzeitig besorgt, weil Alphonso ihm mitgeteilt hatte, dass seine Frau Perdita ihn verlassen hatte. Das war auch der Grund, warum dieser zu ihrem Treffen nicht erschienen war. So viele seiner Freunde schienen dieser Tage Eheprobleme zu haben, und Leandro war froh darüber, dass das in seinem Leben kein Thema war. Er war glücklich mit seinem ungebundenen, von Verwicklungen freien Leben. Besonders nachdem das einzige Mal, als er sich verliebt hatte, ihm nur Verletzungen eingebracht hatte. Seine Geliebte hatte ihn mit einem anderen Mann betrogen und damit seine Meinung bestätigt, dass es so gut wie unmöglich war, Vertrauen wieder aufzubauen, das einmal gebrochen worden war. Eines Tages würde er heiraten – weil ein Mann Kinder haben sollte, wie sein Vater immer sagte –, aber momentan stand für Leandro die Arbeit an erster Stelle. Filme zu machen war seine Leidenschaft, und jeden Tag dankte er Gott dafür, dass er so viel Glück hatte und es ihm möglich gewesen war, daraus seinen Beruf zu machen. Aber trotz allem hatte er eine Schwäche für schöne, intelligente Frauen. Besonders wenn sie so außerordentlich attraktiv waren wie die reizende, dunkeläugige Señorita, die ihm jetzt gegenübersaß …
Isabella ermahnte sich selbst, dass sie sich eigentlich um die Niederschrift ihrer Notizen kümmern und sich dann für den morgigen Tag ausruhen sollte, anstatt mit diesem erstaunlichen und faszinierenden Filmregisseur zu reden. Andererseits würde sich ihr ein unschätzbarer Reichtum an nützlichen Informationen über den Pilgerpfad und die Region erschließen, wenn sie diesem Mann zuhörte.
„Also … möchten Sie etwas über Santiago de
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