Julia Extra Band 0293
sicherlich verstehen, dass wir uns vorerst bedeckt halten wollen.“
„Verständlich.“Voller Bewunderung starrte Geoffrey Susan an, und sie wappnete sich innerlich gegen diesen eindringlichen Blick. „Dies ist meine Frau Lara.“ Er zeigte auf eine Frau neben sich – blond, elegant und irgendwie katzenhaft, mit einem professionell glamourösen Styling. Sie lächelte, aber ihren Augen fehlte es an jeglicher Wärme.
Und Susan entging nicht, wie vertraut und wissend diese Dame ihre Aufmerksamkeit auf Julian lenkte. In ihrem Blick lag etwas intim Vertrautes, und spätestens jetzt war klar, dass beide eine gemeinsame Vergangenheit teilten – eine Vergangenheit sexueller Natur.
So ein Weibsbild wird eine verlogene Jungfrau doch im Handumdrehen enttarnen, dachte Susan erschrocken und kämpfte gegen ein brennendes Gefühl von Eifersucht an.
Die folgende halbe Stunde ging in belanglosem Smalltalk unter, bis Susan sich letztendlich allein mit Lara wiederfand.
„Also, wie lange kennen Julian und Sie sich schon?“, wollte die zierliche Frau wissen.
„Ich habe zwei Jahre für ihn gearbeitet“, antwortete Susan ausweichend.
„Und dann haben Sie sich einfach ineinander verliebt?“, erkundigte sich Lara in schneidendem Tonfall.
„So in etwa.“ Susan stürzte ihren Orangensaft hinunter.
„Ach, wirklich?“ Lara nippte an ihrem eigenen Glas. „Julian schien mir nie der geborene Ehemann zu sein.“
„Dann kennen Sie ihn gut?“ Am liebsten hätte Susan die Antwort darauf nicht gehört.
„Aber ja“, erwiderte die andere Frau lachend. „Schon eine sehr lange Zeit. Lange vor Geoffrey“, fügte sie bedeutungsvoll hinzu.
„Dann hatten Sie beide wohl eine Affäre miteinander?“, mutmaßte Susan kühl, um Lara den Wind aus den Segeln zu nehmen. Genüsslich bemerkte sie, wie die andere Frau zusammenzuckte.
„Ich weiß praktisch alles über seine Damenbekanntschaften“, fuhr Lara vertraulich fort und warf ihre Haare zurück. „Natürlich nicht alle Namen, das ist ja selbstverständlich, aber er hatte wohl immer Schlag bei den Frauen.“ Damit warf sie einen gespielt verständnisvollen Blick in seine Richtung.
Julian unterhielt sich gerade mit Jan, und Susan beschlich das ungute Gefühl, dass er diesen netten Mann mit seinen Lügen einwickelte.
Sie wandte sich wieder an Lara und setzte ein betont überhebliches Gesicht auf. „Ich nehme an, er hat die ganze Zeit über einfach nach der richtigen Frau gesucht. Und jetzt hat er sie endlich gefunden.“
Lara war sichtlich blasser geworden. „Das hat er wohl“, presste sie hervor und ließ Susan stehen.
Obwohl es eigentlich nicht Susans Art war, eine andere Frau derart abzukanzeln, tat es gut, aus dieser Konfrontation als Siegerin hervorzugehen. Mit einem aufrichtigen Strahlen wandte sie sich Hilda zu.
Sie war ganz und gar nicht so, wie er erwartet hatte. Diese Erkenntnis überraschte und erschreckte ihn gleichermaßen, auch wenn er das nicht gern zugab. Er hatte eben etwas gegen unvorhersehbare Umstände. Deshalb ging er ihnen – so gut er nur konnte – aus dem Weg.
Und jetzt war Susan da. Im ersten Moment eingeschüchtert und devot, im nächsten aufbrausend, kampflustig oder sogar überheblich.
Mühsam konzentrierte Julian sich auf das, was Jan ihm erzählte. Die meisten Einzelheiten über die Insel kannte Julian ohnehin schon, schließlich bereitete er sich auf jedes seiner Projekte optimal vor.
Aber er hatte sich nicht darauf vorbereitet, welchen Effekt Susan auf ihn haben würde. Er hatte sie nicht gut genug gekannt, um zu wissen, wie stark ihr Einfluss war und wie sehr er sie begehrte …
Verführung war eine Waffe, derer Julian sich gern bediente. Er wollte sich diesbezüglich keinesfalls in einer Opferrolle wiederfinden, ganz gleich, wie reizvoll das Objekt seiner Begierde war.
Es ging einzig und allein um Lust, und die ließ sich kontrollieren, wenn man nur vorsichtig genug war.
Krampfhaft widmete sich Julian wieder seinen geschäftlichen Aufgaben. Stears und seine gelangweilte, ordinäre Ehefrau konnte er getrost außer Acht lassen, aber die Whites stellten eine echte Konkurrenz dar. Abfällig beobachtete Julian, wie Dan von Zeit zu Zeit liebevoll über den gerundeten Bauch seiner Frau strich, und das führte ihm gnadenlos vor Augen, wie hohl und unecht sein eigenes Verhältnis zu Susan wirken musste.
Hier liebten sich zwei Menschen aufrichtig und freuten sich auf ihr gemeinsames Kind. Er und Susan dagegen berührten sich kaum, und jede
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