Julia Extra Band 0327
drängender.
Erwartete sie ein Baby von ihrem Boss?
„Miss Grey? Der Koch ist krank.“ Eins der Dienstmädchen sprach sie in kaum verständlichem Englisch an. „Bitte, darf er nach Hause gehen?“
Louisa straffte sich und schob ihre schwarze Hornbrille zurecht, bevor sie sich der jungen Türkin zuwandte. Vor dem Personal, das zu ihr aufschaute, durfte sie keine Schwäche zeigen. „Warum kommt er nicht selbst zu mir?“
„Er fürchtet, Sie könnten Nein sagen, Miss. Es ist ja noch so viel vorzubereiten für Mr. Cruz Besuch.“
„Mr. Cruz wird erst am Morgen der Dinnerparty erwartet. Richten Sie dem Koch aus, er könne nach Hause gehen. Wir kommen schon zurecht. Aber nächstes Mal muss er mich selbst fragen, statt jemanden vorzuschicken, weil er Angst hat“, fügte sie streng hinzu.
„Ja, Miss Grey.“
„Sollte er bis zum Tag der Party nicht völlig wiederhergestellt sein, muss ich mich um Ersatz bemühen. Sagen Sie ihm das!“
Das Mädchen deutete einen Knicks an und machte sich auf den Weg in die Küche.
Sofort ließ Louisa die Schultern wieder hängen. Sie bückte sich, um zwei auf den Rasen gefallene Rosen aufzuheben und drapierte sie zu den anderen Blumen in den Korb. Dann legte sie die Schere dazu und richtete sich mühsam auf. In Gedanken ging sie die Liste der Aufgaben durch, die bis zur Ankunft des Hausherrn abgearbeitet werden mussten. Die Marmorböden und Kronleuchter erstrahlten bereits in sauberem Glanz. Die Zutaten für seine Lieblingsspeisen waren bestellt und wurden jeden Tag marktfrisch geliefert. Die Suite war fertig, es fehlten nur noch die Rosen, die sie gerade geschnitten hatte, damit sie ihren Duft in den düsteren, männlich eingerichteten Zimmern verströmten – zur Freude des wunderschönen Starlets, das er dieses Mal mitbringen würde.
Alles musste perfekt sein. Mr. Cruz sollte keinen Grund zur Beschwerde haben. Sie durfte ihm keine Veranlassung bieten, sie unter vier Augen sprechen zu wollen.
Hinter ihr quietschte das schmiedeeiserne Gartentor. Es muss unbedingt geölt werden, dachte Louisa und drehte sich nach dem Besucher um. Sie erwartete, den Gärtner oder den Weinhändler zu sehen, der den Champagner brachte, den sie für die Dinnerparty bestellt hatte.
Ihr stockte der Atem, als ein hochgewachsener Mann sich aus dem Schatten löste.
„Mr. Cruz!“ Vor Schreck war ihr Mund plötzlich ganz trocken.
Seine Augen glitzerten im Zwielicht, als er sie ansah. „Hallo, Miss Grey.“
Der Klang seiner tiefen, heiseren Stimme ließ Louisas Herz schneller klopfen. Nervös umklammerte sie den Korbgriff. Ihre Gedanken überschlugen sich. Eigentlich hatte sie ihren Boss erst in drei Tagen erwartet. Aber seit wann hielt Rafael Cruz sich an Abmachungen?
Blendend aussehend, skrupellos und reich – der argentinische Millionär strahlte den geheimnisvollen, verführerischen Charme eines Poeten aus. Doch er hatte ein Herz aus Stein.
Groß, breitschultrig, muskulös – er fiel nicht nur durch seinen schönen, durchtrainierten Körper auf, sondern auch durch Reichtum und Eleganz. Jetzt allerdings war sein schwarzes Haar wirr, der schwarze Anzug zerknittert und die Krawatte nachlässig gebunden. Rasiert hatte er sich auch nicht, wie der sprießende schwarze Bartwuchs unter den markanten Wangenknochen und der klassischen Nase verriet. Hellgraue Augen bildeten einen faszinierenden Gegensatz zum mediterranen Teint.
In diesem Aufzug wirkte er fast noch anziehender!
Vor einem Monat hatte Louisa in seinen Armen gelegen. Die leidenschaftliche Umarmung hatte sie zur Frau gemacht …
Daran wollte sie jetzt nicht denken und riss sich zusammen.
„Guten Abend, Sir.“ Niemand hätte ihr das Gefühlschaos angesehen. Höflich und würdevoll begrüßte sie ihn, wie es sich für die geschätzte Angestellte eines einflussreichen Mannes gehörte. Wieder einmal zahlte sich ihre gute Ausbildung aus. „Willkommen in Istanbul. Alles ist bereit für Ihren Besuch.“
„Wie sollte es sonst sein?“ Er lächelte sarkastisch und kam näher. Das dunkle Haar war nicht nur „vom Winde verweht“, sondern auch feucht. Vermutlich vom Nieselregen. „Ich habe es nicht anders von Ihnen erwartet, Miss Grey.“
Louisa sah auf, konnte seinen Blick aber nicht deuten. Der skrupellose Playboy wirkte erschöpft und bekümmert. Und das war mehr als ungewöhnlich.
Gegen ihren Willen machte sie sich Sorgen um ihn. Inzwischen hatte es heftig zu regnen begonnen. Große Tropfen fielen geräuschvoll auf das Blattwerk
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