Julia Extra Band 0328
überhaupt keine Wahl. Leo konnte immer noch die Polizei rufen und sie des Diebstahls bezichtigen. Kein Gericht der Welt würde ihr glauben, mit den Beweisen, die er gegen sie in der Hand hatte. Davon abgesehen konnte sie nicht Delphis und Stavros’ Glück gefährden und damit die gesicherte Zukunft des Babys.
Doch Delphi gab zu bedenken: „Du musst dich nicht für alles verantwortlich fühlen, Angel. Mir wird es hier gut gehen, ganz bestimmt. Es ist Zeit, dass du dein eigenes Leben führst.“
Angel hätte gelacht, wäre sie nicht kurz davor gewesen, in Tränen auszubrechen. Sie würde nicht frei sein, ihr eigenes Leben zu führen, bevor Leo genug von ihr hatte. Ihre einzige Hoffnung bestand darin, dass er sie in ihrer Unerfahrenheit bald leid sein würde.
Und trotzdem stieg bei diesem Gedanken Enttäuschung in ihr auf. Doch Angel wollte nichts davon wissen. Tief atmete sie durch und nahm ihren Koffer zur Hand. Es war Zeit zu gehen.
„Wird dein Vater nicht auch hier in der Villa sein?“
Leo hatte sie in ein prachtvolles Schlafgemach geführt, dessen zurückhaltender Luxus ihr den Atem raubte.
Er war gerade dabei gewesen, ihr die Verbindungstür zu seinem Zimmer zu zeigen, als sie mit der Frage herausplatzte. Jetzt drehte er sich um und lehnte sich lässig gegen den Türrahmen.
Es ärgerte sie, dass Leo vollkommen ruhig und ausgeglichen wirkte, während sie sich am ganzen Körper verschwitzt fühlte, müde Augen hatte und immer noch benommen war von all dem, was passiert war.
Seine tiefe Stimme riss sie aus ihren Gedanken. „Mein Vater hält sich für unbestimmte Zeit auf der Insel auf. Seine Ärzte haben ihm jeden Stress verboten, und Athen bedeutet für ihn Stress, weil er sich nicht von der Arbeit fernhalten kann. Selbst jetzt nicht.“
Bei seinem scharfen Unterton zuckte Angel zusammen und dachte daran, was er ihr über das Verhältnis zu seinem Vater verraten hatte. Ein irrationales Schuldgefühl plagte sie.
Leo zeigte ihr nun das Bad, das zu ihrem Zimmer gehörte und genauso groß war wie ihr Schlafzimmer zu Hause. Dann deutete er auf einen leeren begehbaren Schrank, ehe er sie von Kopf bis Fuß musterte. Angel wand sich verlegen, da sie immer noch die gleichen Kleider trug.
„Ich habe für morgen einen Designer bestellt, der mit dir eine neue Garderobe durchsprechen wird. Wir können dich doch jetzt nicht mehr in so billiger Konfektionsware herumlaufen lassen, nicht wahr?“
Angels Blick war an dem riesigen Bett hängengeblieben, das ihr einen Schrecken einjagte, sodass sie schnoddrig einwarf: „Mach nur! Dann kann ich mich in diesem Punkt richtig ausleben.“
Er stieß sich von der Tür ab und lächelte sie spöttisch an.
„Dein Gehässigkeit fasziniert mich. Ich hatte erwartet, dass du mehr Begeisterung zeigst, weil ich dich als meine Geliebte ausgewählt habe.“
Angel suchte nach Worten, doch sie war zu verärgert. Verwirrt sah sie, dass Leo auf seine Uhr schaute. Es war längst Morgen. „Ich muss ins Büro“, sagte er. „Ruh dich doch ein bisschen aus. Du wirkst müde.“
Dann war er verschwunden, und sie war allein. Angel ging ins Bad und betrachtete sich im Spiegel. Sie war nicht nur müde, sondern völlig verstört. Benommen zog sie sich aus und stellte sich lange unter die heiße Dusche.
Danach ging sie zu Bett und fiel in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Das Erste, was Angel mitbekam, war ein sanftes Rütteln. Dann eine Stimme. Eine tiefe, gefühlvolle Stimme, der sie sich instinktiv zuwandte. Sie lächelte. Das Rütteln wurde stärker, genau wie die Stimme.
„Angel.“
Sie träumte nicht. Sofort war sie wach. Mit großen Augen sah sie zu Leo Parnassus hoch, der ihr viel zu nahe war. Er saß auf dem Bett und schaute sie mit undurchdringlichem Blick an. Sie war nicht in ihrem Bett zu Hause, sondern in seinem Haus. Sie hatte zugestimmt, seine Geliebte zu werden.
Angel griff nach der Bettdecke und zog sie hoch, obwohl sie Pants und ein Hemdchen trug. Sie fühlte sich bloßgestellt, weil er sie beim Schlafen erwischt hatte. Wie lang er wohl schon da war?
Als Leo aufstand, fragte sie mit rauer Stimme: „Wie spät ist es?“
Er warf einen Blick auf die Uhr. „Acht Uhr abends.“
Entsetzt setzte Angel sich auf. „Habe ich den ganzen Tag geschlafen?“
Leo nickte und ging zur Tür. „Das Abendessen wird in zwanzig Minuten serviert. Ich warte unten auf dich.“
Während er auf Angel wartete, stand Leo an der Terrassentür des Esszimmers. An dem Abend der Party hatte
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