Julia Extra Band 0328
von dem köstlichen Mahl zu essen, obwohl es in ihrem Mund wie Sägemehl schmeckte. Sie konnte an nichts anderes denken als an den Mann, der mit ihr am Tisch saß. Ihr Blick wurde von seinen Händen angezogen, die so stark wirkten. Ihre Anspannung wuchs, besonders wenn sie daran dachte, wie er sie mit diesen Händen berühren würde.
Leo hingegen schien froh, sich auf sein Essen konzentrieren zu können, während in Angels Kopf lauter Fragen herumschwirrten: Erwartete er, dass sie an diesem Abend mit ihm schlafen würde? Was würde er tun, wenn er merkte, wie unerfahren sie war? Würde er sie ablehnen, wie Achilles es damals getan hatte? Und warum tat dieser Gedanke so weh? Warum ließ er ihr Herz höherschlagen, wenn er sie doch durch harte Erpressung in sein Bett zwang?
Angel war noch nie so verwirrt gewesen, und so verletzlich. Mit seinem Schweigen wollte er sie bestimmt verunsichern und ihr zeigen, aus welchem Grund sie hier war. Er versuchte nicht einmal, eine harmlose Plauderei mit ihr zu führen. Als sie spürte, dass etwas unter dem Tisch über ihre nackten Beine strich, stieß sie einen entsetzten Schrei aus und ließ ihr Messer klirrend auf den Boden fallen.
In diesem Moment sprang eine Katze, Angels Katze, neben ihrem Stuhl hervor, gleichzeitig kam die Haushälterin wieder herein – Leo hatte sie als Calista vorgestellt. Nachdem sie sich überschwänglich entschuldigt und Angel ein neues Messer gebracht hatte, waren sie wieder allein.
Als Leo sein Besteck ablegte, zuckte Angel sofort zusammen.
„Warum so schreckhaft, Angel?“
Misstrauisch sah sie ihn an. Seine Augen wirkten sehr dunkel, wie geheimnisvolle Seen. Sein Gesicht bestand nur aus harten Linien und Schatten.
„Ich …“ Sie brachte kein Wort heraus. Plötzlich knisterte die Luft vor Spannung. War das vielleicht Verlangen?
„Kein Appetit?“, fragte er arglos und hob eine Braue.
Angel schüttelte nur den Kopf und merkte, dass sein Blick auf ihrem Mund haftete. Ihre Lippen prickelten. Oh Gott, warum war sie nicht immun gegen ihn? Vielmehr wollte sie, dass er sie berührte. Die Wahrheit schockierte sie. Sie hatte es gewollt, seit er aus dem Pool gestiegen war … und er sie auf der Terrasse geküsst hatte. Seit dieser Nacht wachte sie schweißgebadet aus ihren Träumen auf, voller Sehnsucht … und es war ihr entsetzlich schwergefallen, sich dies einzugestehen. Besonders da sie nach ihrer ersten Erfahrung den Sex abgeschrieben hatte.
Ihre Hormone waren zu Verrätern geworden und hatten sich mit diesem Mann verbündet.
Plötzlich schob Leo seinen Teller von sich und stand auf. In seinen Augen funkelte ein dunkles Versprechen. „Mein Appetit auf Essen ist auch verflogen.“
Etwas Raues in seiner Stimme fand tief in ihr seinen Widerhall. Als er die Hand ausstreckte, zögerte Angel, ehe sie sie ergriff. Sie redete sich ein, dass dies nur ein Teil ihrer Übereinkunft war. Sie sicherte damit Delphis Freiheit und deren Glück. Und er würde sie nicht der Polizei ausliefern. Sie musste nichts anderes tun als … Angel stolperte, als Leo sie aus dem Zimmer geleitete. Auf dem Flur begegneten sie Calista, und Leo erklärte schnell, dass sie beide müde seien und zu Bett gehen würden.
Angels Wangen brannten vor Verlegenheit, als Leo sie die Treppe hinaufführte. Sie versuchte, ihm die Hand zu entziehen, während Panik ihre Stimme schrill klingen ließ. „Sie wird genau wissen, was wir jetzt tun.“
Leos Ton war hart. „Du bist meine Geliebte. Und wenn der Klatsch sich hier genauso schnell verbreitet wie in New York, wird morgen früh ohnehin halb Athen wissen, dass ich Angel Kassianides in meinem Bett habe.“
5. KAPITEL
Seine rüden Worte verschlugen Angel die Sprache. Sie hatte das Gefühl, keine Wahl zu haben, als Leo sie in sein Schlafzimmer führte. Denn würde sie sich anders entscheiden, hätte der Mensch darunter zu leiden, der ihr im Leben am nächsten stand – ihre Schwester.
Als Leo mit dem Fuß die Tür zustieß und Angel zu dem massiven Bett führte, spürte sie, dass ihr Wunsch davonzulaufen, verwirrend trügerisch war. Benutzte sie Delphi nicht in gewisser Weise als Rechtfertigung?
Angel musste zugeben, dass an dieser Annahme etwas Wahres war, und sie verachtete sich dafür. Zudem wurde ihr jetzt wieder übermächtig bewusst, dass sie noch Jungfrau war.
Sie trat ein paar Schritte zurück und straffte sich. „Ich werde nicht einfach in dein Bett fallen wie eine Konkubine.“
Sein Mund wurde zu einer harten Linie.
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