Julia Extra Band 0328
Jessa.“
Wieder einmal ließ sie die Art, wie er ihren Namen aussprach, frösteln. Doch aus einer plötzlichen Laune heraus ging sie um den Schreibtisch und steuerte auf die Eingangstür zu. Sie hatte es satt, dazustehen und all die klugen Sprüche über sich ergehen zu lassen. Er war derjenige, der vor Jahren seine Chancen nicht wahrgenommen hatte. Und nun wollte sie sich nicht länger für dumm verkaufen lassen. Diese Jessa war schon lange gestorben. Mit seiner Hilfe. Sie schuldete ihm nichts, schon gar nicht irgendwelche Erklärungen.
„Wo, zum Teufel, willst du hin?“ Er sprach leise, fast gleichgültig. „Folgen kann ich dir überallhin, wenn ich will.“
„Ich habe ziemlich genaue Vorstellungen davon, zu was du alles in der Lage bist.“ Jessa wandte ihm den Rücken zu, während sie zur Tür schritt. Leidenschaft versengte ihr Inneres.
Dann spürte sie ihn. Ohne Vorwarnung …
Er berührte sie, und sie drohte zu zerspringen.
Seine geschmeidigen Finger umfassten ihren Arm. Seine Hitze durchdrang den Stoff ihrer Jacke. Heiß, brutal und nicht zu löschen … wie ein Brand. Es war, als ob Geschichte sich wiederholte.
Er schloss die schmale Lücke zwischen ihnen und zog sie an seine männliche Brust. Sie seufzte tief, als er sie an der anderen Hüfte packte, herumwirbelte und ihren Rücken an seine Vorderseite presste, wie das fehlende Stück eines Puzzles.
Sie spürte ihn überall. Sein kräftiger Körper war dabei, sie dort zu verbrennen, wo er Kontakt mit ihr hatte. Selbst wenn er sie dort nicht berührte. Die Lungen schmerzten. Tief drinnen spürte sie ein berauschendes Pochen, während es zwischen ihren Beinen feucht und warm zu werden begann. Sie war bereit. Bereit für ihn. Für ihn, immer und überall.
Wie konnte ihr Körper sie so betrügen? Wie schnell konnte er vergessen?
„Nimm deine Hände von meinem Körper“, forderte sie mit belegter Stimme. Sogleich befolgte er den Befehl, trat von ihr weg, und all das Feuer war erloschen. Jessa redete sich ein, keine plötzliche Leere zu verspüren, sich nicht beraubt zu fühlen. Langsam wandte sie ihm das Gesicht zu, als ob sie nicht gerade von seiner Glut durchflutet gewesen wäre.
Sie musste an Jeremy denken. Jeremy, den sie vor Tariq verbergen musste.
Wie er sich wohl verhalten würde, wenn er das Geheimnis kannte?
„Was hältst du eigentlich von mir?“, fragte sie mit gedämpfter Stimme. Ihr Gefühl durchtobte sie mit Paukenschlägen. Sie hob das Kinn. „Du glaubst also, du könntest nach all der Zeit einfach mir nichts, dir nichts hier aufkreuzen, nachdem du dich vorher in Luft aufgelöst und mich mit nichts als deinen Unwahrheiten zurückgelassen hast. Und ich soll nun zurück in deine Arme fliegen?“
„Ich wiederhole. Du scheinst ein wenig verwirrt zu sein“, sagte Tariq mit fester Stimme. Doch etwas in seinem Ton ließ sie aufhorchen. „Nicht ich bin weggelaufen, im Gegenteil. Ich kam trotz all der Zeit, die verflossen ist, zu dir zurück.“
„Du hast deine Identität nur vorgetäuscht“, betonte sie noch einmal. „Nach moralischer Überlegenheit klingt das nicht gerade.“
„Welche Art von moralischer Überlegenheit meinst du genau?“
Natürlich konnte sie ihm nun schlecht beichten, dass sie damals herausgefunden hatte, schwanger zu sein. Auch nicht ihre damalige Befürchtung, er würde ablehnend auf die Nachricht reagieren. Und schon gar nicht wollte sie ihm jetzt gestehen, dass sie sich nach Tagen der Gewissensforschung entschlossen hatte, nach London zu fliegen, um die Neuigkeit mit ihm zu teilen. Um dann herauszufinden, dass er abgereist war, als sei er nie da gewesen. Als hätte sie ihn nur erfunden.
Unmöglich konnte sie ihm in dieser Minute mitteilen, dass er einen Sohn hatte. Sie fürchtete seine Reaktion. Jessa nahm einen tiefen Atemzug und zwang sich, gelassen zu wirken.
„In Wahrheit habe ich überhaupt kein Interesse daran, die Vergangenheit aufzuarbeiten“, sagte Jessa und hob die Schultern. „Ich habe dich schon vor langer Zeit abgeschrieben und vergessen.“
Seine Augen hatten die Farbe von Jade angenommen und glänzten gefährlich. „Ist das wahr?“, fragte er nur.
Sie musste sich beherrschen, ihn nicht einfach wegzuschieben. Doch berühren wollte sie ihn auf keinen Fall.
„Es tut mir leid, wenn du angenommen hast, ich säße irgendwo allein in einem Zimmer und weinte mir die Augen aus mit deinem Bild vor mir“, sagte Jessa mit einem verhaltenen Lachen in der Stimme.
Tariqs Augen wurden zu
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