Julia Extra Band 0328
tiefer Stimme.
Sein Ton duldete keinen Widerspruch. Offensichtlich war er es gewohnt, Befehle zu geben, die auch befolgt wurden. Schließlich war er Leonidas Parnassus.
Angel hörte kaum, dass die ältere Frau etwas erwiderte, ehe sie zurück in den Salon stöckelte und die Türen hinter sich schloss. Der Schock verlieh ihr langsam wieder Kraft.
Auch wenn sie wusste, dass Leonidas Parnassus sich wieder zu ihr umgedreht hatte, schaffte sie es nicht, ihn anzusehen. Er hob ihr Kinn und lächelte sie verführerisch an.
„Tut mir leid, dass wir unterbrochen wurden. Ich muss gleich gehen. Aber … wo waren wir stehen geblieben?“
Angel wusste, dass sie auf der Stelle gehen musste. Denn sie war eben im Begriff gewesen, Leonidas Parnassus zu küssen. Der Mann, der sich mit Sicherheit am öffentlichen Ruin ihrer Familie weiden würde. Zorn stieg in ihr auf. Sie befanden sich in einer ernsten Notlage, und alles nur wegen seiner Verwandten und deren Gier nach Rache. Aber sie und ihre Schwester verdienten es nicht, für etwas zahlen zu müssen, das schon Jahrzehnte zurücklag.
Angel schob seine Hand fort und zwang sich zu einem frostigen Ton. „Hören Sie, ich weiß nicht, was für ein Spiel Sie treiben. Ich jedenfalls muss jetzt zurück an meine Arbeit. Wenn mein Chef mich mit Ihnen hier draußen sieht, werde ich auf der Stelle gefeuert. Das ist Ihnen offensichtlich noch nicht in den Sinn gekommen.“
Leonidas Parnassus sah sie einen langen Augenblick an, ehe er sich zu seiner vollen Größe aufrichtete und einen Schritt zurücktrat. Der verführerische Mann, der sie eben noch geneckt hatte, war verschwunden. Stattdessen stand nun der Sohn und Erbe einer ungeheuer reichen Familie vor ihr. Der Mann, der es außerdem bereits aus eigenen Stücken zum Millionär gebracht hatte.
Er verströmte überhebliches Selbstvertrauen, und Angel musste einen Schauer unterdrücken, als sie die Kälte in seinem Blick bemerkte.
„Entschuldigen Sie.“ Er klang frostig. „Ich hätte nie den Versuch gemacht, Sie zu küssen, hätte ich gewusst, dass Ihnen der Gedanke so unangenehm ist.“
Sein Verhalten strafte seine Worte Lügen, denn er wirkte nicht im Geringsten reumütig. In diesem Moment streckte er seine Hand aus und umfasste erneut ihr Kinn. Ihr Herz hämmerte gegen die Rippen, und sie spürte, dass Röte sich über ihre Wangen ergoss.
Sein Charme war verflogen. „Wem wollen Sie eigentlich etwas vormachen, Schätzchen? Ich kenne die Anzeichen der Begierde. Sie waren eben scharf auf mich, genauso wie am Pool.“
Erneut riss Angel sich von ihm los, während wieder Panik in ihr aufstieg. Hätte er auch nur die geringste Ahnung, wer sie war … „Machen Sie sich nicht lächerlich. Das stimmt nicht. Ich möchte Sie bitten, mir jetzt aus dem Weg zu gehen, damit ich zurück an die Arbeit kann.“
„Das werde ich“, gab er barsch zurück. „Aber nicht bevor wir bewiesen haben, dass Ihre Beteuerung eine Lüge war.“
Ehe sie Luft holen konnte, hatte er ihren Mund erobert. Ihr Widerstand schmolz dahin, als er sie so leidenschaftlich küsste.
Die Wirklichkeit schien sich aufzulösen, während sie sich aneinanderpressten und sie seine harte Männlichkeit spürte.
Und dann war es plötzlich vorbei, als er einen Schritt zurücktrat. Benommen stand Angel da und fühlte sich zutiefst gedemütigt.
Leonidas Parnassus sah sie nur an, sein Gesicht gerötet. Vor Wut? Oder aus Befriedigung, weil er ihr bewiesen hatte, dass er recht gehabt hatte?
Ein diskretes Hüsteln erklang in ihrer Nähe, ehe jemand die Stimme erhob.
„Sir? Könnten Sie bitte zu Ihrem Vater hereinkommen?“
Mit ausdrucksloser Miene wandte sich Leonidas Angel zu. Jetzt konnte sie sich kaum noch vorstellen, dass dieser Mann sie eben erregt hatte.
„Ich bin sofort da“, rief Leonidas dem Butler zu, während er den Blickkontakt zu Angel hielt. Er schien sich vollständig unter Kontrolle zu haben, sah man von seinen geröteten Wangen ab.
„Ich …“, begann Angel aufgelöst.
Er schnitt ihr das Wort mit einem herrischen „Warten Sie hier auf mich“ ab. „Ich bin noch nicht fertig mit Ihnen.“
Damit drehte er sich auf dem Absatz um. Angel sah, wie er mit entschiedenen Schritten zurück in den überfüllten Salon ging, während er sich mit der Hand durch die Haare fuhr. Sein Rücken wirkte sehr breit und kräftig in der schwarzen Smokingjacke.
Sie konnte nicht glauben, was eben passiert war.
Schockiert legte sie einen Finger an ihre geschwollenen Lippen.
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