Julia Extra Band 0345
sind. Dann können die Nachbarn wieder in Ruhe leben.“
Sie starrte auf den schlafenden Toby in seinem Sitz und nickte noch einmal.
„Erlauben Sie mir, Ihren Bruder zu tragen?“
Jetzt sah sie auf. In ihren Augen standen so viele Emotionen – von Unsicherheit und Zweifel, ob sie das Richtige tat, bis hin zu purer Angst. Dieser Blick ließ seine Zurückhaltung bröckeln. Er streckte die Hand aus und legte seine Finger unter ihr seidiges Kinn.
„Vertrauen Sie mir.“ Damit hatte er seine bisher größte Lüge in Worte gefasst.
„Das tue ich“, sagte sie mit bebenden Lippen.
Und das war kein gutes Gefühl. Seine Miene wurde so hart, dass er das Spannen seiner Haut spürte, als er sich vorbeugte und nach der Babyschale griff. Auf einen knappen Wink hin zog Kostas die Haustür auf.
Die Nachmittagssonne fiel in die Diele, und zugleich schlug der kleinen Gruppe im Haus ein Blitzlichtgewitter entgegen. Anton legte den Arm um Zoes Schultern und hielt sie fest an seiner Seite. Mit gesenktem Kopf tat sie genau das, was er ihr geraten hatte – sie konzentrierte sich einzig auf die wartende Limousine.
„Wie fühlt man sich als Theo Kanellis’ Enkelin, Zoe?“ – „He, Anton, tut es Ihnen nicht leid, dass Sie ein Vermögen verlieren?“ – „Stimmt es, dass Theo Kanellis den Jungen adoptieren will?“
Die Miene grimmig angespannt, drängte Anton zum Wagen hin. Sein Rücken verdeckte Zoe beim Einsteigen in die Limousine. Sofort reichte er ihr den Sitz mit dem Baby und glitt neben sie auf die Rückbank. Einer seiner Männer schlug die Wagentür zu. Zoe zuckte erschreckt zusammen, als Mikrofone gegen die Fenster stießen und Kamerablitze in das Wageninnere schossen. Der Wagen setzte sich in Bewegung, davor und dahinter drehten sich blaue Lichter.
„Großer Gott!“ Zoe brachte die Worte kaum hervor. „Wir haben eine Polizeieskorte!?“
„Das ist die einzige Möglichkeit, um überhaupt von hier wegzukommen.“
Sie hielt Tobys Schale auf dem Schoß mit beiden Armen fest. „So wichtig sind Sie?“
„Wir sind so wichtig!“
Ihr bisheriges Leben würde sie also vergessen können. Das wurde ihr jetzt zum ersten Mal klar. Drei Wochen lang hatte sie sich naiverweise eingeredet, sie bräuchte die Angelegenheit nur auszusitzen.
Sie drehte sich um. „Die Presse folgt uns“, flüsterte sie gehetzt. Sie konnte sehen, wie sich die Reporter überschlugen, um zu den eigenen Autos zu gelangen.
„Das legt sich hoffentlich, wenn wir in der Luft sind“, sagte er.
„In der Luft?“
Er nickte. „Nicht weit von hier steht ein Helikopter für uns bereit. Er wird uns an unseren Zielort bringen.“
Zoe stellte den Babysitz auf den freien Platz zwischen ihnen und sicherte ihn mit dem zusätzlichen Gurt. Anton schaute ihr dabei zu. Die einfache Handhabung verblüffte ihn, denn das Baby merkte von all dem nichts.
„Der Junge ist erstaunlich friedlich“, meinte er zerstreut.
„Er ist drei Wochen alt. In diesem Alter tun sie nichts außer essen und schlafen, solange sie es nur bequem haben.“ Sie drückte einen sanften Kuss auf die weiche Kinderwange.
Dabei fiel ihr das Haar über die Schulter – ein seidiger goldfarbener Vorhang.
„Wer ist der Mann in Ihrem Leben?“ Neugier ließ ihn die Frage stellen. Wenn er von seinem eigenen Interesse ausging, musste sie die Männer in Scharen anziehen.
Zoe setzte sich zurück und strich sich das Haar aus dem Gesicht. „Wie kommen Sie darauf, dass es einen Mann in meinem Leben gibt?“
„Sie haben das Gartentor verriegelt“, erinnerte er sie. „Als ich ankam, ist jemand schnell durch die Hintertür verschwunden. Ich frage mich nur, was für ein Mann das sein muss, der sich lieber aus dem Staub macht, anstatt Ihnen zur Seite zu stehen.“
Die Vorstellung, wie Susie sich mit Anton anlegte, zauberte ein kleines Lächeln auf Zoes Gesicht. Natürlich hatte es Männer in ihrem Leben gegeben, aber bisher war da niemand Besonderes gewesen, keiner, bei dem sie den Kopf verloren hätte.
„Ich denke, mein Privatleben geht Sie nichts an.“
„Das tut es dann, wenn Ihr Freund die Insiderstory an den Meistbietenden verkauft.“
Aha. Er befürchtete, sie könnte ihrem Lover von den Leichen in Theo Kanellis’ Keller erzählt haben. „Was ist denn mit der Frau in Ihrem Leben?“, stellte sie die Gegenfrage. „Wird sie für Geld Familiengeheimnisse ausplaudern?“
„Ich gebe grundsätzlich keine Geheimnisse preis. Außerdem habe ich zuerst gefragt.“
„Nun, ich auch
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