Julia Extra Band 0345
und ignorierte Reillys abfällige Bemerkung, mit der er den Snack auf ihrem Schreibtisch kommentiert hatte.
„Ich habe keine Zeit, essen zu gehen. Außerdem, wenn du genau hinsiehst, erkennst du, dass ich fast alle wichtigen Nährstoffe zu mir nehme.
„Diätcola und eine Packung Cracker! Das ist doch kein Mittagessen!“ Reilly runzelte die Stirn. „Du musst dich vernünftig ernähren. Ich kann doch nicht dauernd …“
„… auf dich aufpassen!“, beendete Daphne lachend den Satz.
„Genau. Ich brauche diesen Job! Was soll denn aus mir werden, wenn du wegen falscher und mangelnder Ernährung zusammenklappst?“
Daphnes Finger schwebten über der Tastatur, während sie sich überlegte, was wohl Carter Matthews in seiner Mittagspause so zu sich nahm. Wahrscheinlich Hummer oder Austern. Unvermittelt tauchte ein anderes Bild vor ihrem geistigen Auge auf. Sie und Carter, auf Liegen gebettet wie die alten Römer, während sie sich gegenseitig mit reifen, saftigen Trauben fütterten.
Reilly hatte recht: Sie musste unbedingt mehr essen!
„Hat hier jemand von Essen geredet?“
Daphnes Kopf schoss hoch.
Carter Matthews – höchstpersönlich!
Offensichtlich besaßen die Schicksalsgötter einen gewissen Sinn für Humor.
Mit einem hungrigen Blick betrachte Daphne ihn. Er sah wirklich zum Anbeißen aus! Wie ein Sahnetörtchen … man konnte sich wirklich alle Finger nach ihm lecken.
Daphne strich sich über die Haare und rückte ihre Brille auf der Nase zurecht. „Was machen Sie denn hier?“
„Ich führe meinen Coach zum Essen aus!“
„Also, erstens bin ich nicht Ihr Coach, und was das Essen betrifft …“
„Da hat sie gerade Zeit“, mischte sich Reilly ein. „Akzeptieren Sie bloß kein Nein.“
„Du bist gefeuert!“, zischte Daphne ihm zu.
„Das wäre jetzt das zweite Mal in einer Woche. Letzte Woche waren es drei Mal, ich warte also noch ein bisschen.“
Seufzend stand Daphne auf. Es war sinnlos, sich gegen Reilly aufzulehnen. „Na gut. Auf einen Hotdog an der Ecke.“
Carter schüttelte den Kopf. „Sorry, aber Sie müssen sich mir schon ganz widmen.“
Ich habe ihm schon viel zu viel Zeit gewidmet! Wenn Carter Matthews wüsste, wie oft sie an ihn dachte. Dabei musste sie eigentlich ihrem Projekt ihre uneingeschränkte Aufmerksamkeit schenken! Wenn sie jetzt auch noch mit ihm essen ginge, würde sie ihn ja niemals aus ihren Gedanken verbannen können. Und von wegen Arbeitsessen, das Ganze wäre doch eher ein Rendezvous.
„Ich … ich muss arbeiten.“ Daphne deutete auf ihren Schreibtisch. Angelegentlich machte sie sich an einem Aktenordner zu schaffen – um nicht in Carters strahlendblaue Augen blicken zu müssen.
Als hätte er ihre Gedanken gelesen, kam dieser auf sie zu und sah sie direkt an. „Hören Sie, ich möchte mich für mein bisheriges Verhalten entschuldigen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie etwas Zeit für mich hätten, denn ich brauche dringend Ihren Rat. Ich gelobe auch, mich anständig zu benehmen! Einverstanden?“
„Na gut“, stimmte sie widerstrebend zu.
Erleichtert lächelte Carter. „Das sind meine zwei Lieblingswörter!“
„Eigentlich lagen mir zwei ganz andere Wörter auf der Zunge“, parierte Daphne.
Von seinem Schreibtisch aus beobachtete Reilly amüsiert den Schlagabtausch. Er gab nicht einmal vor, beschäftigt zu sein.
Daphne hielt es für ratsam, möglichst schnell das Büro zu verlassen, um ihm nicht noch mehr Material für spätere Kommentare zu liefern. „Können wir dann, Mr Matthews?“
„Aber erst vereinbaren wir einen Waffenstillstand.“ Carter streckte ihr eine Hand entgegen, die Daphne zögernd ergriff. Die Berührung löste einen wahren Tumult der Gefühle in ihrem Inneren aus.
„Übrigens, Sie haben ein tolles Büro.“ Mit Kennerblick sah Carter sich um. „Ich sollte Sie engagieren, um meines zu gestalten.“
„Vielen Dank.“
„Haben Sie das alles selbst gemacht?“
„Wissen Sie, wenn man eine Firma gründet, muss man erst einmal alles allein machen. Am Anfang habe ich hier viel Zeit verbracht – noch ganz ohne Angestellte. Nächtelang habe ich renoviert. Das Zentrum war früher einmal eine Fabrik, die nach der Schließung ein paar Jahre leer stand. Sie können mir glauben, es war eine Heidenarbeit!“
„Ich finde, es ist wirklich toll geworden – und es spiegelt Ihre Persönlichkeit.“
Plötzlich sah Daphne ihr Büro mit anderen Augen. Sie betrachtete die Wände, deren Farbpalette von intensivem Orange
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