Julia Extra Band 0345
Einfluss nicht spielen zu lassen.“
„Sie haben wenig Mitgefühl, oder?“
„Ehrlich gesagt, für diesen Mann habe ich überhaupt keines, selbst wenn Sie mit der Nachricht von seinem Tod gekommen wären.“ Sie schaltete den Wasserkocher ein, bevor sie sich zu Anton umdrehte. „Aber wirkliche Nachrichten sollen Sie ja auch nicht überbringen, richtig? Sie sollen ihm nur Toby bringen, damit er den Jungen zu einem Klon von sich machen kann – zu jemandem, der es wert ist, den Namen Kanellis zu tragen, im Gegensatz zu meinem Vater.“
Anton öffnete den Mund, wollte etwas sagen, überlegte es sich dann anders. Wie alt mochte er sein, fragte sich Zoe. Ende zwanzig, Anfang dreißig?
„Sie sind sehr verbittert“, meinte er schließlich leise.
„Sehen Sie sich um. Sieht es hier aus wie im Haus einer griechischen Milliardärsfamilie?“
Er ließ den Blick durch die mit einfachen Möbeln und Babysachen vollgestopfte Küche wandern. Bei jeder leichten Drehung seines Körpers raschelte die teure Anzugseide.
Das abfällige Zucken um seinen Mund verletzte Zoe zutiefst. „Soll ich schnell einen Stuhl abwischen, damit Sie sich setzen können?“
Er drehte sich so ruckartig um, dass sie zusammenzuckte. Sie wünschte, sie könnte die bissige Bemerkung zurücknehmen, als sie seine Augen funkeln sah.
„Das war unnötig!“, sagte er gefährlich leise.
„Dann halten Sie Ihre Kommentare über meine Gefühle gegenüber einem Mann zurück, von dem ich in den zweiundzwanzig Jahren meines Lebens keinen Pieps gehört habe“, gab sie zurück. „Und denken Sie nicht einmal daran“, warnte sie, „mir Ammenmärchen auftischen zu wollen, wie sehr mein Vater seinen Vater angeblich enttäuscht hat. Sonst werfe ich Sie sofort hinaus, Mr Pallis.“
„Na schön, Ms Kanellis. Jetzt wissen wir also, dass wir nicht viel füreinander übrig haben“, murmelte er. Schließlich verblüffte er sie mit einem schiefen Lächeln. „Die angebotene Tasse Kaffee nehme ich jetzt gerne an.“
Mit hochrotem Gesicht verfolgte sie, wie er sich geschmeidig auf einem Stuhl niederließ. Mit zusammengepressten Lippen richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf den Wasserkocher. Sie goss kochendes Wasser auf den Instantkaffee in den bereitgestellten Bechern. „Milch? Zucker?“
„Weder noch, danke“, lautete seine Antwort.
„Kekse vielleicht?“ Man sollte ihrer Mutter nicht nachsagen können, sie hätte der Tochter keine Manieren beigebracht!
Er zögerte nur kurz. „Bitte, gern.“
Reine Höflichkeit von ihm, das war ihr klar, als sie eine Paket Kekse holte. Der Mann hatte nicht die geringste Lust darauf, aber scheinbar wollte er jeden Anschein von Überheblichkeit vermeiden.
Zoe stellte zwei dampfende Becher und den Teller mit Keksen auf den Küchentisch, dann setzte sie sich Anton gegenüber. Die Sonne schien durch das Fenster und fiel auf die gebräunte Haut seiner langen kräftigen Finger, als er nach dem Becher griff. Zoes Magen verkrampfte sich, und sie wusste auch, warum. Normalweise versuchte sie immer, Konflikte zu vermeiden, doch mit Anton Pallis suchte sie den Streit. Genau wie sie wusste, dass es eigentlich nicht fair war, denn im Grunde traf ihn keine Schuld.
Anton sah sie nachdenklich an. „Ich bin nur der Sündenbock“, führte er aus. „Dabei ist das eine Sache, die Sie mit Theo austragen müssen, nicht mit mir.“
War er wirklich überzeugt davon? Sie konterte provozierend: „Sagen Sie, wie fühlt es sich an, die Schuhe meines Vaters zu tragen?“
Das genau war der Knackpunkt. Anton zeigte bewusst keine Reaktion. Deshalb war sie an der Tür vor ihm zurückgewichen. Deshalb hasste sie ihn. Ihrer Meinung nach war nämlich sein Verhältnis zu ihrem Großvater der einzige Grund, weshalb ihr Vater im Regen stehen gelassen worden war.
Das laute Weinen eines Babys durchbrach die Spannung – wortlos stand Zoe auf und verließ den Raum.
Anton starrte in seinen Kaffee, ohne sich zu rühren. In der Beleidigung über die Schuhe ihres Vaters steckte vermutlich sogar ein Körnchen Wahrheit. Wer konnte sagen, wie es zwischen Theo und seinem Sohn weitergegangen wäre, wenn Anton nicht Leanders Platz nach dessen dramatischer Flucht eingenommen hätte?
Tobys Windel war nass, und er quengelte. Sobald er die Stimme seiner großen Schwester hörte, beruhigte er sich und sah sie mit großen Augen an.
„Niemand wird dich mir wegnehmen, mein Schatz.“
Sie ließ sich Zeit beim Windelwechseln und ging mit dem Baby auf dem Arm wieder
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